Freitag, 6. Juli 2012

Vom Sinn der Trauer

..... Wir können nichts ungeschehen machen, doch der nächste Augenblick kann anders werden. So haben wir auch die Möglichkeit uns zu freuen, dass wir ein Kind hatten, das wir geliebt haben. Wir können dankbar sein, dass wir einender für eine Zeit gekannt haben, ganz gleich, wie kurz diese Zeit war. Natürlich trauern wir um die Möglichkeiten, die vor uns lagen und die wir vielleicht hätten verwirklichen können, und wünschen, wir hätten mehr Zeit miteinander verbringen dürfen, aber wir besitzen auch die solide Realität der Vergangenheit, der gemeinsamen Zeit, der geteilten Liebe, des tapfer getragenen Leids.
Dafür können wir dankbar sein. Die Trauer hört nicht auf, doch sie hat einen Sinn. Ruhe im Ungewissen.

aus: "Vom Sinn der Trauer" Betty Jane Wylie


Heute vor 12 Jahren kam Florian zurück nach Hause. Eimear und ihre Eltern begleiteten seinen Sarg.
Und nichts wurde jemals wieder wie es war....


Heute vor 12 Jahren: ich weiß noch genau, wie ich wach wurde und mein erster Gedanke war: "Heute kommt Florian nach Hause!" und es war fast ein Gefühl des Glücks.. ein Trauerglück, ein völlig verzweifeltes Glück, denn wie sehr hatte ich eine Woche lang auf diesen Augenblick gewartet: Florian kommt nach Hause, zurück in seinen "sicheren Hafen", wie er es in einem Brief einmal geschrieben hatte.  Vielleicht würde ich endlich begreifen und verstehen können, was wie ein tiefer, grauer Schleier über mir und meinem Leben hing... vielleicht würde er es mir erklären ...
Was eine Seele in solchen Tagen durchlebt und erträgt und erleidet - das vermag keiner auszudrücken, es gibt keine Sprache, denn dies Unglück ist einfach nicht für unser Leben vorgesehen!..

 Es war ein Sonnentag - ein Sommertag und nur dieser eine Gedanke beherrschte meine Sinne und Gedanken.
Ich ging durch das Haus und überlegte, was ich meinem Sohn mit auf die letzte Reise mitgeben wollte, die er am nächsten morgen antreten würde. Und so sammelte ich kleine Dinge: ein Herz aus Rosen, ein Tüte mit Duft "Seabreeze", - Meeresluft - , seine Lieblingsschokolade, von der noch etwas hier lag,  einen Pulli, den ich nach seiner Abreise gekauft hatte; Blumen würde ich am nächsten Tag im Garten pflücken: kleine Sträuße für Eimear und mich.
Als Hans-Jürgen nach Hause kam, setzten wir uns hier an den Tisch und schrieben unsere Briefe.
Ich saß vor dem leeren Papier und wußte einfach nicht, was ich schreiben sollte... mein Kopf war leer - ich hatte nicht begriffen, was geschehen war... und wie sollte ich diese tiefe Leere in mir mit Worten füllen.. und so dankte ich ihm für alles, was wir beide hier auf unserer Erdenreise zusammen erlebt hatten.. es war kein langer Brief.. ich hatte keine Worte!
Dies alles war um diese Zeit, um die ich heute - 12 Jahre später - hier im Haus sitze, vor Fotos, vor Blumen, die die Tische schmücken... in einem so ganz anderen Leben!


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