"Und manchmal, während wir so schmerzhaft reifen, dass wir beinahe daran sterben, erhebt sich aus allem, was wir nicht begreifen, ein Gesicht und sieht uns strahlend an" Rainer Maria Rilke
Montag, 21. Oktober 2024
Empathy
Sonntag, 20. Oktober 2024
Im Gedenken an Lukas
Samstag, 19. Oktober 2024
Spirit of a Hippie
Feed your soul and nurture your mind. Slow down, take time to do the things you love. When our minds are constantly active, busy creating stories and analysing everything, we can often spiral into a deep and unnecessary state of anxiety, where we can no longer think clearly and our judgement can sometimes become clouded and unreliable.
Donnerstag, 17. Oktober 2024
Florian zum 48igsten Geburtstag im Licht
Niemand kennt das Schicksal eines Menschen. Warum ist er diesen Weg gegangen, zum Licht, durch Nacht wie schwarzer Samt.
Woher kommen wir, wo gehen wir hin?
Gib es denn etwas, was wir von uns nicht wissen? Spüren wir manchmal mehr, geheimnisvoll und schwer, mehr als unsere Augen sehen?
Woher kommen wir, wo gehen wir hin?
Warum erleben wir nur Träume, Stimmen, fremd im Wind und spüren zart den Schlag der Zeit, Mal Ebbe und dann wieder Flut?
Woher kommen wir, wo gehen wir hin?
Wir fühlen doch die andere Welt, die unser Blick nicht sehen kann. Das Fremde lacht vertraut, als kennen wir uns schon. Liegt an diesem Ende vielleicht der Beginn?
NN
💓💓💓💓💓
Ausschnitt aus dem Brief an Florian vom 16.10.2020
Ich schreibe nicht mehr an ihn. Aber ich lese in den zahllosen Briefen und alles, was ich heute denke, ist dort bereits gedacht. Es gibt nichts mehr hinzuzufügen.
Geliebter Florian,
ich schaue aus dem Fenster in einen verregneten späten Nachmittag. Der Kamin brennt und das Knistern des Feuers ist das einzige Geräusch im Haus. Die Wärme tut gut, denn es ist sehr herbstlich und kühl geworden, seit wir aus Irland zurück sind. Das Dach des Häuschens ist schon fast bis zum Kamin in rotes Weinlaub gehüllt, Dein Baum noch recht grün. Wie groß und schön er geworden ist, lieber Flori und so aufrecht.
Dein Grab wird unter dem Laub der riesigen Eiche verschwinden und unsere Sonnenblumen verblüht sein. Es macht mich immer traurig, wenn ich denke, dass es dort, wo Du ruhst, nicht schön und nicht feierlich ist... aber ich weiß zugleich, dass Du mich trösten würdest: „ Mom, Ich mag es, wenn die Eicheln auf mich herabfallen und kleine Wurzeln schlagen! Bald wird Hans sich über mich bücken und sie herausziehen! Ich mag den Regen und das Laub, das sich wie eine Decke über meinen kleinen Garten legen.. Ich bin gerne alleine und manchmal setzt sich bei Sonne jemand auf die blaue Bank und spricht mit sich selbst... Ich bin nie einsam!...."
„Es ist, was es ist, sagt die Liebe“ – weißt Du, wie oft ich diesen Satz in den letzten 20 Jahren wiederholt habe? Unzählige Male, denn er umfasst all die Gedanken, die immer und immer wieder fragend und zweifelnd und verzweifelnd an meine inneren Grenzen stoßen…. Ich habe gelernt, mein Leben um Deine Abwesenheit herum zu gestalten, denn Du warst mein kleines Universum und durch Deinen Tod hatte ich meinen Fixstern verloren und schwirrte lange verloren herum!
„Zu lernen, „in sich selbst zu leben“, wie in einem Haus mit Garten, wo nicht alles entweder Licht oder Dunkelheit ist, sondern grüner Halbschatten zwischen Sonnenfeldern herrscht. Der Traum, heil und furchtlos zu leben mit all denen verbunden zu sein, die man um sich hat und in dem, was man im Wechselspiel der Tage vollbringt… „ Ein schöner Gedanke, den ich gerade las…
Wir leben im Hier und im Jetzt. Wir werden alt und die Zeit verstreicht, unerbittlich. Wir sind sterblich geworden und das ist nicht mehr ein abstrakter Begriff, sondern ein Wissen des Körpers, ein Erkennen. Zukunft ist die große Ungewisse im Leben, wie letztlich für alle Menschen. Aber wir haben die Vergangenheit und wir haben die Gegenwart. In der Vergangenheit bist Du, da sind die inneren Bilder, die Erinnerungen, da ist Deine Stimme, die ich noch immer hören kann, da ist Dein Lachen!
Die Gegenwart zwingt mich, Tage, wie Deinen Geburtstag, begehen zu müssen.. Auch, wenn wir dies schon so oft gestaltet und geschafft haben, so ist dieser Tag doch der schwerste Tag im Jahr, den es zu bestehen gilt:
Du warst das größte Wunder in meinem Leben, Florian.
Heute würdest Du Deinen 44igsten Geburtstag feiern.. Eine Schnapszahl, würdest Du lachend sagen. Wärst Du hier? Gibt es in Irland Schnapszahlen? Wärst Du glücklich geworden, mein Sohn? Ich habe – bei allen Selbstzweifeln – doch immer das Gefühl, als wäre Dein Leben gut verlaufen. Du hattest Dir selbst – gerade durch das unperfekte und unvollständige Leben, – das ich Dir als Kind aufzwingen musste, um mein eigenes Glück zu finden, ein solides Gerüst geschaffen, das Dich trug und Dir half, offenen Herzens auf Menschen zuzugehen und ihnen mit Empathie zu begegnen. Das hat Dich ausgezeichnet – und es hat Dich zugleich auch verletzbar gemacht. Aber wer Du wirklich wärst, das weiß ich nicht … und das ist so schmerzlich! Als Du diese Welt verliest, war Deine Welt grün und blühend, beruhigend in ihrer Überschaubarkeit. Vielleicht ist dies für immer der einzige Trost, den wir haben!
Wo immer Du heute bist, geliebter Flori, ich weiß, dass Dich meine Liebe findet und meine Gedanken Dich erreichen!
Ich liebe Dich aus tiefstem Herzen und tiefster Seele!
Deine Mom
Mittwoch, 16. Oktober 2024
Selig ins Moos
Selig ins Moos
streckte ich mich und wurde Erde.
Jetzt ranken Brombeeren
über mir,
auf einem sich wiegenden Schlehdornzweig
zwitschert ein Rotkehlchen.
Aus meiner Brust
springt fröhlich ein Quell,
aus meinem Schädel
wachsen Blumen.
Arno Holz
Aus "Über Menschen"...
》Auf einmal begreift Dora, was zwischen Eltern und Kindern ist. Da findet eine Liebe statt, so abgrundtief und grenzenlos,dass sie das Fassungsvermögen des Verstands übersteigt.
Auf der Rückseite dieser Liebe wohnt die Angst, einander zu verlieren. Ebenso grenzenlos, ebenso abgrundtief.《
Dienstag, 15. Oktober 2024
There is a crack in everything
"There is a crack in everything
That's where the light gets in..."
Der kanadische Sänger und Songschreiber Leonard Cohen hat eine Zeile gedichtet, die so etwas wie die Baseline meines Lebens ist: "There is a crack in everything / that’s how the light gets in", singt er in seiner Ballade Anthem – "In allem gibt es einen Riss, so kommt das Licht herein." Für mich haben diese Worte etwas Heiliges, weil sie eine Perspektive auf unser menschliches Dasein zeigen, die mir nahegeht: Es gibt nichts, das ganz und gar heil ist, es gibt Risse und Brüche. Sie sind erst die Voraussetzung dafür, dass wir Licht sehen können.
...Es hat keinen Sinn, die bitteren Momente zu retuschieren, denn sie sind da. Und sie prägen uns – die Frage ist nur, auf welche Weise. Wir können unsere Sorgen und Nöte verdrängen, weil wir Angst vor ihnen und vor unserer Reaktion haben. Oder wir können auf sie schauen, wie Leonard Cohen es beschreibt, als einen natürlichen Teil des Lebens, durch den etwas Helles aufscheint.
...Wut, Enttäuschungen, Verletzungen, Trauer – sie brauchen Platz. Sie drängen danach, bearbeitet und verarbeitet zu werden. Wenn wir ihnen diesen Raum nicht geben, wenn wir denken, wir müssen weitermachen, dann kann es bitter enden.
....Man darf sich nicht umhauen lassen von den Emotionen, sondern muss lernen, auf ihnen zu surfen wie auf einer Welle. Das habe ich mir immer wieder gesagt, wenn die Welle über mich schwappte und ich Wasser schluckte. Ich versuchte, auf einem Tsunami zu surfen. Gar nicht so einfach." Manche Menschen zerbrechen daran, entgegneten wir. "Du zerbrichst, wenn du nicht mehr weißt, wo oben und unten ist", sagte sie. "Ich muss nach oben streben, zum Licht und zur Luft, um atmen zu können."
Da scheint es auf, das Licht, das Leonard Cohen besungen hat. Ein Licht, das in den Rissen und Brüchen schimmert – selbst in denen, die so heftig sind, dass sie nie zu kitten sein werden.
Kilian Trotier "ZEIT" 7.10.24
Montag, 14. Oktober 2024
LOVE
Freitag, 4. Oktober 2024
Im Nebel
Donnerstag, 3. Oktober 2024
Dienstag, 23. Juli 2024
Instead of saying ...
Samstag, 20. Juli 2024
Gebet - Else Lasker-Schüler
Die einen Engel vor der Pforte hat.
Ich trage seinen grossen Flügel
Gebrochen schwer am Schulterblatt
Und in der Stirne seinen Stern als Siegel.
Und Wandle immer in die Nacht ...
Ich habe Liebe in die Welt gebracht –
Dass blau zu blühen jedes Herz vermag,
Und hab ein Leben müde mich gewacht,
In Gott gehüllt den dunklen Atemschlag.
O Gott, schliess um mich deinen Mantel fest;
Ich weiss, ich bin im Kugelglas der Rest,
Und wenn der letzte Mensch die Welt vergiesst,
Du mich nicht wieder aus der allmacht lässt
Und sich ein neuer Erdball um mich schliesst.
Else Lasker-Schüler
Bild: Large wings wall sculpture gray white detailed by AnitaSperoDesign
Quelle: http://de.pinterest.com/pin/134615476338062346/
Freitag, 19. Juli 2024
...Geht das jemals weg?
Dienstag, 9. Juli 2024
Immer wieder
die dich lähmen
die großen die kleinen
die den Tag verdunkeln
immer neu ankommen
auf der Seite des Lichts
im Sprung über dich selbst
Montag, 1. Juli 2024
Für Florian zum Todestag 2024
die zusammenhängen und Sinn haben
und die man selbst noch verstehen könnte
und vielleicht irgendwer sonst versteht
oder verstehen könnte
- und weinen können –
das wäre schon fast wieder Glück
Erich Fried
Gedanken zum 1. Juli 2024
Du bist nirgends – weil du überall bist
Where you are is where you are not
T.C. Elliot
“Wenn noch etwas da ist, hält es sich im Schatten auf, an Stellen, wo das Licht (und das Auge) gerade nicht mehr hinreicht. Kein Himmel, sondern Erde. Kein Engelchen, sondern ein Schattenkind.“
P.F. Thomése
In Annäherung an den 24. Todestag von Florian greife ich nach langer Zeit wieder einmal zu Literatur, wie Jahren auf der Suche nach Trost und Erklärung des fürchterlichen Geschehenen. Ich stieß auf das Buch von P.F. Thomése – dessen Titel mich aus dem Regal der Trauerliteratur ansprang. SCHATTENKIND.
Wo in meinem jetzigen Leben ist Florians Platz?
Ich schreibe kaum noch über Trauer, ich habe viele Rituale, die mir jahrelange Gewohnheit geworden waren, abgelegt. Die Kerze an seinem Platz hier im Haus – aber auch in Connemara – brennt nur noch ab und an. Florians Grab, das wir um 10 Jahre verlängert haben, ist – trotz seiner Bedeutung – ein Ort, den ich immer seltener aufsuche.
Ich bin alt geworden in 24 Jahren und seit einiger Zeit gebrechlich, verletzlich in meinem Körper. Ich bitte Florian gedanklich öfter um Verständnis für meine Unzulänglichkeiten und danke zugleich, dass ich mich frei fühle. Aber liebe ich Florian weniger? Beginne ich, meinen Sohn zu vergessen?
Florians Tod warf für viele Jahre einen unüberwindbaren Schatten auf mein Leben. Alles maß sich an seiner Abwesenheit, an der Trauer, die mich zu verschlucken schien. Es war ein Schattendasein, in das ich mich geworfen fühlte und in dem ich mich einrichtete.
Irgendwann begriff ich, dass es an der Zeit war, aus Florians Schatten zu treten, um mich als eigener Mensch neu definieren.
Die Trauer war auch zu einem ein Schutz geworden. Sie hatte mir eine neue Würde verliehen - Sicherheit und Distanz zu allen Lebenden um mich herum, denn niemand konnte mir folgen dorthin, wohin mich mein Schicksal geworfen hatte. Es war beinahe, als würde er leben und ich sei gestorben.
Alles drehte sich um Florian - alles, was ich dachte, tat, was ich erlebte, alles hatte ich
der Trauer untergeordnet.
Aus seinem Schatten zu treten empfand ich zunächst wie einen Verrat, bis mir bewusst wurde, dass - solange ich Florian liebe - ich auch mit der Trauer leben werde. Sie ist so unverlierbar wie die Liebe!
„Die verlierbaren Lebenden und die unverlierbaren Toten“…. Hilde Domin
Das Leben aufzunehmen, sichtbar zu werden, mich ihm mit allen Aufgaben, die da warteten, zu stellen, Neues zu kreieren, war unglaublich schwer. Ich musste den Cocon der Trauer sprengen, den Sprung ins Ungewisse wagen. Das kostete Mut, viel Mut und viel Kraft. Es hat sich gelohnt und ich bin stolz, es gewagt und geschafft zu haben: Ich bin Überlebende.
Wir alle, die wir ein Kind verloren haben, sind Überlebende. Und wir sind und bleiben MÜTTER unserer verstorbenen Kinder.
Gabriele
29. Juni 2024
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Die schwersten Wege
Die schwersten Wege
werden alleine gegangen,
die Enttäuschung, der Verlust,
das Opfer,
sind einsam.
Selbst der Tote der jedem Ruf antwortet
und sich keiner Bitte versagt
steht uns nicht bei
und sieht zu
ob wir es vermögen.
Die Hände der Lebenden die sich ausstrecken
ohne uns zu erreichen
sind wie die Äste der Bäume im Winter.
Alle Vögel schweigen.
Man hört nur den eigenen Schritt
und den Schritt den der Fuß
noch nicht gegangen ist aber gehen wird.
Stehenbleiben und sich Umdrehn
hilft nicht. Es muss
gegangen sein.
Nimm eine Kerze in die Hand
wie in den Katakomben,
das kleine Licht atmet kaum.
Und doch, wenn du lange gegangen bist,
bleibt das Wunder nicht aus,
weil das Wunder immer geschieht,
und weil wir ohne die Gnade
nicht leben können:
die Kerze wird hell vom freien Atem des Tags,
du bläst sie lächelnd aus
wenn du in die Sonne trittst
und unter den blühenden Gärten
die Stadt vor dir liegt,
und in deinem Hause
dir der Tisch weiß gedeckt ist.
Und die verlierbaren Lebenden
und die unverlierbaren Toten
dir das Brot brechen und den Wein reichen –
und du ihre Stimmen wieder hörst
ganz nahe
bei deinem Herzen.
Von Hilde Domin