Sonntag, 24. Juli 2016

Der Klavierspieler von Jarmuk


Heute abend haben wir die große Ehre und Freude, Aeham Ahmad - den Klavierspieler von Jarmuk" hier bei uns (bei unseren Flüchtlingen in Köpenick) zu hören.  Wir werden unsere Schützlinge, Maya und Zaoabi, um die wir uns seit einem Jahr kümmern und die wir sehr ins Herz geschlossen haben, mitnehmen.
Der obige Bericht ist  tief ergreifend.
Gerade in diesen unruhigen und aufwühlenden Tagen ist es umso wichtiger,sich den Schutzssuchenden in unserem Land zu- und uns nicht abzuwenden. Hass und Ausgrenzung sind keine Antwort!   Es ist eine schwere Zeit!



Aeham Ahmad – geboren im Jahr 1988 in Damaskus – gehört der palästinensischen Minderheit in Syrien an und lebte mit seiner Familie bis 2015 im Flüchtlingscamp Jarmuk, wohin bereits sein Großvater 1948 aus Palästina floh. Sein musikalisches Talent wurde früh gefördert, ab dem fünften Lebensjahr erlernte er das Klavierspielen durch seinen Vater, um mit 23 Jahren ein Musikstudium in Damaskus und Homs zu absolvieren. Durch einen Granatensplitter in seiner linken Hand bleibt ihm eine Karriere als klassischer Konzertpianist wahrscheinlich verwehrt.

Mittlerweile hat sich das ehemalige Flüchtlingslager zu einem offenen Stadtteil von Damaskus entwickelt, doch herrschen dort seit Jahren katastrophale Zustände. Immer wieder geriet die Siedlung zwischen die Fronten verschiedener Seiten und ist inzwischen in weiten Teilen zerstört.

"Jarmuk ist immer noch belagert, und keine Hilfsorganisation kommt rein, um Lebensmittel zu verteilen. Das Lager ist aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit verschwunden. Und das ist meine Botschaft: dass man an diese Menschen denkt, und dass die Welt endlich wieder darüber spricht."
– Aeham Ahmad, ARD, Tagesschau, 2015

Der Pianist spielte unter Lebensgefahr mit seinem Klavier auf einem Rollwagen in den Straßen Jarmuks, um durch das gemeinsame Musizieren den Menschen in seiner Heimat ein wenig Hoffnung und Freude zu schenken. Im Frühjahr 2015 verbrannten die Islamisten aufgrund des dort verhängten Musikverbotes vor seinen Augen sein Instrument.

Seit diesem Vorfall war sein Leben massiv bedroht. Aeham Ahmad flüchtete flüchtete im August 2015 aus Syrien über die Türkei, Griechenland, Serbien, Kroatien und Österreich und erreichte München im September. Von dort wurde er schließlich, über Gießen, der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden zugeteilt. Er war gezwungen, seine Frau und seine beiden Söhne in Syrien zurückzulassen.

"Das Klavier war mein Freund, es war, als hätten sie meinen Freund getötet."
– Aeham Ahmad, CNN, 2015

Seit seiner Ankunft in Deutschland gab Aeham Ahmad unzählige Konzerte in verschiedenen deutschen Städten wie Berlin, Bonn, München, Leipzig, Köln und Stuttgart und begeisterte mit der Intensität und Virtuosität seiner Auftritte, bei denen er neben Beethoven und Mozart vor allem Eigenkompositionen und traditionelle Lieder spielte. In München trat er zusammen mit den Sportfreunden Stiller, Judith Holofernes und Herbert Grönemeyer beim „Stars-sagen-Danke-Konzert“ für Flüchtlingshelfer auf, in Köln bei einer Demonstration gegen sexuelle Gewalt. In naher Zukunft folgen zahlreiche weitere Auftritte. Im Dezember 2015 wurde ihm der erste Internationale Beethovenpreis für Menschenrechte in Anwesenheit der Pianistin Martha Argerich in der Bundeskunsthalle Bonn verliehen.

"Aeham Ahmads Geschichte zeigt, dass Beethovens Freiheitswille und sein Glaube an die Kraft der Musik bis in unsere Gegenwart nichts von ihrer Bedeutung verloren haben."
– Ashok Sridharan, Oberbürgermeister der Stadt Bonn, Preisverleihung 2016

Anlässlich der Ausstellung „Curriculum Vitae (C.V.) – Intellektuelle Freihandelszone“ gab Ahmad im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden mehrere Konzerte und trug mit Musik seine Botschaft der Hoffnung und des Friedens in seine neue Heimat, die hessische Landeshauptstadt – und weit darüber hinaus. Sein Anliegen ist es „der ganzen Welt zu beweisen, dass die Mehrheit der Syrer diesen Krieg nicht will“, so Aeham Ahmad in einem Interview mit der Deutschen Welle.

" Viele halten ihn für wahnsinnig, manche dachten das immer. Die Menschen hungern, und er macht Musik. Aber es ist ja mehr als das, es geht ums Prinzip, darum, dass er sich diesem Krieg, der Herrschaft des Todes und der Gewalt einfach verweigert, dass er festhält, an dem, was der Mensch in seinen besten Momenten ist: empfindsam für Schönheit. Und für seinen Nächsten. Er ist ein Künstler im besten Sinne."
– Sonja Zekri, Süddeutsche Zeitung, 2015

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