Samstag, 2. Juli 2016

Ich möchte einen Mantel weben aus dem Leid


Die Trauer Freund, macht meine Hände dumm, 
Wie soll ich aus dem schwarzen Blut der Grachten Kränze 
winden? 
Das Leid mein Freund, macht meine Kehle stumm, 
Wo bist du Freund, ich muss dich wieder finden. 

Die Tränen sterben mir, denn du bist tot, 
Zerbrochne Gräber, scheinen mir die Sterne. 
Es fließt, es fließt der Strom der großen Not 
Aus jedem Grab der unerreichten Ferne. 

Ich möchte einen Mantel weben aus dem Leid 
Einsamer Stunden, kann man Tote noch beschenken? 
Man kann nur dankbar sein für jede Stunde Zeit 
die Gott noch gibt, um liebend zu gedenken. 

Irmgard Keun 
(Für Joseph Roth Ein Gedächnisbuch 1949)

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