Mittwoch, 28. Februar 2018

Es gibt die Würde der Untröstlichkeit

Dieser Text bedeutet mir viel.  Ich denke im Moment oft über diesen Begriff der "Untröstlichkeit" nach und spüre ihm nach und fand diesen Ausschnitt aus einer Predigt, die mich tief berührt und bewegt.
Lest und sagt mir gerne, was Ihr dazu denkt!




Es gibt die Würde der Untröstlichkeit. 

 Die Würde der Untröstlichkeit ist die des ernsthaften Atheisten. Er kommt nicht darüber hinweg, was
dem Leben angetan wurde. Er ist fähig, das Augenlicht der Blinden zu vermissen, den aufrechten Gang des Lahmen und die Sprache des Verstummten. Er lässt sich nicht trösten über allem, was dem Leben angetan wurde, und erweigert sich ein Ganzes zu nennen. In Psalm 91 heißt es: "Fallen auch tausend zu deiner Linken und zehntausend zu deiner Rechten, so wird es dich doch nicht treffen. Dieser Vers ist nicht nur ein Trost, er ist eine tiefe Irritation, mit der derGlaube leben muss und für die er keine Lösung hat. Wir Theologen sagen manchmal mit leichter Zunge:
Gott hört und hilft auf eine andere Weise, als wir es erwarten und als wir es uns vorstellen. Aber die Menschen inden Lagern wollten nicht auf eine höhere Weise erhört werden. Sie wollten befreit werdenvon den Demütigungen, vom Hunger, von den Vergewaltigungen und vom barbarischen Tod.
Wir sagen: Gott erfüllt unsere Bitten, indem er sie zurechtrückt; indem er sie transformiert und sie nach seinem eigenen größeren Willen formt. Aber die Gedemütigten haben einen Anspruch auf die Freiheit von ihrer Qual, weil sie Menschen sind und weil sie gedemütigt sind. Wir sollten es aufgeben, Gott zu verteidigen. Es genügt, wenn wir ihn loben durch allen Schmerz und durch alles Nichtverstehen hindurch. Das Leben geht nicht auf, auch für den Glaubenden nicht. Gott hat uns gelehrt, groß vom Menschen zu denken, Söhne und Töchter nennt er uns. Je größer wir vom Menschen zudenken gelernt haben, um so weniger ist zu erklären, wiedergutzumachen, darüber hinweg zu trösten, was ihm angetan wird. Das ist die Würde der Untröstlichkeit.

Aus;
Dorothee Sölle und Fulbert Steffensky

Sonntag Judika, 6. April 2003, 18 Uhr
Predigt über Hiob 38,1-36+40,8-14 im Rahmen der Fastenpredigtreihe „Wie kann Gott das zulassen?“
“Ich bin Gott - und was bist Du?” - Ein ungleicher Vergleich

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