Freitag, 31. Oktober 2008

To a friend



To A Friend

There is a magic upon your lips
There is a chasm to your gaze
And the sound of your voice
Ethereal music of a dream portrays.
'There is a serenity on your brow
There is a darkness in your hair
A flurry of floral spirit all around,
Where'er you walk, floating in the air.
There is a treasure if eternal wisdom
In the dimple of your cheek
A fount of health flowing from your mind,
Which to all hearts doth speak.
Within you is a world of spring,
That soulful, chaotic season
Which I cannot possibly forget
But dote upon, without a need to reason.

Emil Aarestrup

Danke, liebe Anita für dies schöne Gedicht! Ein kleines Wunder, dass Du nach all den vielen Jahren immer wieder auftauchst. Du, einer der ersten, die mir vor 8 Jahren auf meine Gedenkseite geschrieben hast! Der Beginn einer langen, intensiven, "wunder"vollen Zeit!
Hab von Herzen Dank.
Bild: Edward Hopper

Im Nebel

Im Nebel

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den andern,
Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt
Als noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt,
Ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allen ihn trennt.

Seltsam, im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den andern,
Jeder ist allein.

Hermann Hesse

Requiem


Requiem

Totenklänge durchdringen leise den Raum,
der Tod ist fühlbar und Sehnsucht
sucht seinen Weg.
Seelentränen - Diamanten gleich -
fallen klirrend zu Boden
und fließen in den Bach.
Engel streifen durch den Saal
und verleihen ihre Flügel
um zu bleiben.
Hände halten sich zärtlich
um dem Tod zu widerstehn


- Klaus Gordziel -

Der Garten der Liebe


Der Garten der Liebe


Ich ging in den Garten der Liebe
Und sah, was ich niemals geschaut:
Eine Kapelle war, wo im Grünen
Als Kind ich einst spielte, gebaut.
Und die Pforten waren verschlossen,
und Du sollst nicht stand über der Tür;
So wandte ich mich zum Garten
Und suchte nach Blumen wie früh’r.
Statt Blumen fand ich dort Gräber
Und Grabsteine um sie herum
Gingen Priester in Scharen in schwarzen Talaren,
Die spießten mit Stangen mein Glück und Verlangen.

William Blake


The Garden of Love

I went to the Garden of Love,
And I saw what I never had seen:
A Chapel was built in the midst,
Where I used to play on the green.
And the gates of this Chapel were shut,
And Thou shalt not. Writ over the door;
So I turn'd to the Garden of Love,
That so many sweet flowers bore.
And I saw it was filled with graves,
And tomb-stones where flowers should be:
And Priests in black gowns, were walking their rounds,
And binding with briars, my joys & desires.

William Blake
Foto: Florians "little garden" im Sommer 08

Montag, 27. Oktober 2008

Business Class nach Dublin


Der Mensch – Grenzgänger
zwischen Geburt und Tod
zwischen Himmel und Erde
zwischen Gestrigem und Zukünftigem
zwischen Fremdem und Eigenem
zwischen ...


Ein Kongress über Grenzerlebnisse in Berlin und ich werde mir einige Vorträge anhören... und krame wieder in den Erinnerungen der letzten Jahre - finde mein "Buch der Wunder", in dem ich all die nicht erklärbaren Dinge festgehalten habe, die seit Florians Tod geschehen... und ein sehr berührendes Erlebnis war dieses:

Business Class nach Dublin

Zwei Monate nach Florian’s Tod entschlossen wir uns, zu einer Anhörung vor dem Coroner nach Dublin zu fliegen (hier wird über die Todesursache - natürlicher oder unnatürlicher Tod entschieden). Eine sehr schwere Mission für uns!

Wir flogen ab Tegel und obwohl wir rechtzeitig am Schalter waren, wurde uns mitgeteilt, dass es keine zwei zusammenhängenden Plätze auf dem Flug mehr gäbe. Wir waren natürlich enttäuscht, aber wir blieben gelassen, wir hätten gar nicht die Kraft zum Widerstand gehabt... wir fügten uns freundlich.

Als wir im Warteraum auf den Aufruf des Fluges warteten, wurden mit einem Mal unsere Namen aufgerufen: “Frau Gérard und Herr S., Passagiere nach Dublin, werden gebeten, sich noch einmal an ihrem Schalter zu melden.“

Schwer hob ich mich aus meinem Sessel und wir gingen zur Abfertigung zurück.
Wir wurden gebeten, unsere tickets noch einmal vorzulegen.

„Wissen Sie, ich habe ihnen zwei Plätze in der business class – nebeneinander – reservieren lassen. Ich wünsche ihnen einen guten Flug“....

Meine Augen waren voller Tränen und er sah es und lächelte mir zu.....
So kamen wir zu unserem ersten (und bisher letzten) Erste-Klasse-Flug in unserem Leben!

Samstag, 25. Oktober 2008

Krieger des Lichts

Ein Krieger des Lichts glaubt.
Weil er an Wunder glaubt, geschehen auch Wunder.
Weil er sich sicher ist, dass seine Gedanken
sein Leben verändern können, verändert sich sein Leben.
Weil er sicher ist, dass er der Liebe begegnen wird,
begegnet ihm diese Liebe auch.
Manchmal wird er enttäuscht, manchmal verletzt,
Aber der Krieger weiss, dass es sich lohnt.
Für jede Niederlage gibt es zwei Siege.
Alle die glauben, wissen das."

Paulo Coelho

Montag, 20. Oktober 2008

In memory of a loved one


In memory of a loved one

We thought of you with love today
But that is nothing new,
We thought about you yesterday´
And days before that too.
We think of you in silence
We often speak your name,
Now all we have are memories
And your picture in a frame.
Some may think you are forgotten
Though on earth you are no more,
But in our memory you are with us
As you always were before.
A million times we've thought of you
A million times we've cried,
If loving could have saved you
You would have never died.
You left us beautiful memories
Your love is still our guide,
And though we cannot see you
You are always at our side.
It broke our hearts to lose you
But you did not go alone,
Part of us went with you
On the day God called you home.
Forgive me Lord, I'll always weep
For the best friend I loved,
but could not keep.

~Author Unknown~

von Kerstin aus Irland zu Florians Geburtstag

Freitag, 17. Oktober 2008

Wunder


Es gibt keine Zufälle - nur Unkenntnis über die verdeckten Hintergründe...und so ist es wohl kein "Zufall", dass das Interview, das ich vor einigen Tagen mit der "Deutschen Welle" gemacht habe, ab heute ausgestrahlt wird.




Du bist über mir
wie ein weit offener Himmel;
ich atme deine Freiluft.

Du bist unter mir
wie ein frischer fester Boden
der mich trägt
und unter meinen Schritten lebt.

Du bist in mir.
Ich fühle deine Kraft
als meine.
Ich bin erweitert
um deine Lebendigkeit.

Dich zu beschreiben,
weiß ich keine Sprache
außer der des Schweigens.
Bilder zeigen deinen Weg nicht,
Worte suchen vergeblich deine Spur.


Hans Kruppa´

Danke Florian!
Deine Mom

Der Beginn einer großen Liebe


Das Tagebuch, das ich schon während meiner Schwangerschaft mit Florian führte, liegt nun wieder bei mir. Ich blättere darin, lese in meinen Briefen an mein ungeborenes Kind – und heute vor allem den ersten Brief an meinen kleinen Sohn:



20.10.1976

Mein geliebter kleiner Murkel,

Du bist seit Sonntag 11.27 Uhr auf der Welt – ein Sonntagskind – nur Dein Start war kein leichter.
Ich darf Dich nur zwei Mal täglich sehen und mache mir ständig Gedanken darüber wie es
Dir, mein geliebtes Kleines, geht. Ich wäre froh, man würde Dich bei mir lassen, ich könnte Dich vielleicht trösten, wenn es Dir nicht gut geht, ich würde hören, wie Du atmest, dass Du atmest.. Ich bin in Sorge um Dich.
Da ich Dir nicht erzählen kann, führe ich unser Tagebuch weiter, weiß nicht, wie weit ich heute komme, ich bin sehr schwach und muss erst Kraft schöpfen: Hier aber das Wichtigste:

Dein Name: Florian
Geboren: 17.10.1976 um 11.27 Uhr
Größe: 54 cm
Gewicht: 3600
Haare viele, dunkle Haare
Augen (soweit erkennbar) blau
Ohren: klein und anliegend
Mund: breit (wie der Deines Vaters)
Händchen: zarte, kleine Knospen
Stimme: piepsend, wie ein Vögelchen

Man würde Dich (objektiv betrachtet) im Moment wohl nicht als „hübsches“ Baby bezeichnen, aber als ich aus der Narkose erwachte, man Dich mir in den Arm legte und mir sagte, Du seiest mein Sohn, da warst Du für mich das schönste Kind dieser Erde - ein Wunder! Du hast – wie ich – sehr unter der Geburt gelitten. Dein Köpfchen ist stark geschwollen und vor allem hast Du dicke, blutunterlaufene Äuglein. Siehst aus wie ein kleiner Boxer nach etlichen harten Runden. Ich habe versucht, zu erfahren, wie schwer Deine Verletzungen sind, aber niemand kann mir bisher etwas Verbindliches sagen. „Ihr Sohn hat ein ziemlich schweres Geburtststrauma“ – das macht mir Angst, lieber kleiner Florian und gestern war ich sehr mutlos und deprimiert.
Aber wenn ich Dich dann in meinen Armen wiege und Dir mit schwacher Stimme vorsinge oder eine Geschichte erzähle vom dem Leben, das auf uns beide wartet, von dem großen Abenteuer, auf das wir uns zusammen einlassen, wenn Du ruhig atmend neben mir liegst, ein Fäustchen im Mund, dann werde ich zuversichtlich und mutig und verspreche Dir, dass alles gut werden wird!

Draußen sind schöne, sonnige Herbsttage. Ich schaue von meinem Bett aus in das bunte Laub der Bäume. Du bist ein Sonntagskind und ich wünsche mir so sehr, dass Du ein Sonnenkind wirst!


23.10.1976

Murkelchen,
(ich nenne Dich noch immer so, obwohl Du doch inzwischen einen Namen hast), aber ich nannte Dich neun Monate „Murkelchen“ – und muss es mir erst abgewöhnen).

Morgen bist Du schon eine Woche alt und es wird Zeit, Dir mal wieder zu erzählen, was in diesen Tagen geschieht.
Es geht Dir viel besser, Du wirst immer hübscher. Dein Köpfchen hat seine Form sehr verändert, die Hämatome sind fast völlig verschwunden. Dein Äuglein werden mit jedem Tag besser, die Schwellungen gehen zurück, nur um die Augen herum hast Du dunkle Ränder. Die Ärzte sind mit Deiner Entwicklung zufrieden.
Ich kann es immer nicht erwarten, Dich endlich zu sehen und wenn Du dann in meinen Armen liegst, mit Deinen kleinen Händen fest einen meiner Finger umschließt, dann bin ich so voller Rührung und voller Liebe, mein kleiner Sohn.
Dein Gesichtchen ist kugelrund. Du hast dicke Wangen und dein süßer Mund sieht aus wie eine Sonne – kreisrund und dann steckst Du Deine kleine rote Zunge heraus. Ich muss oft lachen, wenn ich Dich anschaue. Du siehst so lustig aus – Du bist ein richtig knuffiges Baby.
Du strahlst von Innen, wenn Dich vor dem Stillen oder Füttern (ich habe durch das hohe Fieber noch immer nicht genug Milch für Dich) richtig fest drücke – und wenn Du satt bist, liegst Du völlig entspannt – mit einem Lächeln um Dein Mündchen – und siehst so glücklich aus, dass mir die Tränen über das Gesicht laufen.

Ich habe aus einem Buch, das ich geschenkt bekam einen Spruch ausgewählt:

„Nichts ist schwierig in dieser Welt
Ist da der Wille,
die Höhen zu erklimmen“

Diesen Satz, mein kleiner Sohn möchte ich Dir als Leitfaden für Dein ganzes, zukünftiges Leben mitgeben!


*******


Diese damals festgehaltenen Gedanken wollte ich eines Tages an Florian weitergeben. Er würde selbst Vater werden und sicherlich gerne in den Tagebüchern seiner eigenen Kindheit lesen.

Das Leben lies uns nicht genügend Zeit für diese Dinge.

Ich hatte meinem Kind eine Geschichte zu erzählen. Ich hatte unsere Geschichte vorbereitet. Und dann musste ich erleben, dass sie sich wie eine endlose Ödnis um mich herum ausbreitete, die zu nicht weiter dient, als mich daran zu erinnern, dass es meinen Sohn nicht mehr gibt.

Happy Birthday in Heaven, my son, my sun, my beautiful son!
Deine Mom

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Licht


Licht

Seit du diesen Ort verlassen hast,
erscheint er in meinem Augenblick
nicht mehr ganz so hell wie zuvor.
Das Strahlen deiner Augen war
das hellste mir in diesen Tagen.

Seit du diesen Ort verlassen hast,
vermisse ich dein Lachen
beim Elfentanz der suchenden Seelen.
Das Lächeln deiner Seele war
das liebste mir in diesen Tagen.


Seit du diesen Ort verlassen hast,
bist du da, denn wenn ich ganz leise,
auf Zehenspitzen, mein Herz besuche,
dann finde ich, welch Zauber,
mein Licht in mir,
und nebendran auch deines.


Pablo Neruda
Bild: Edward Hopper

Brief an meinen Sohn (Astrid Lindgren)


Mein Sohn liegt in meinem Arm. Er ist eine so zarte kleine Last, man spürt sie fast gar nicht. Und doch wiegt sie schwerer als Erde und Himmel und Sterne und das ganze Sonnensystem. Wenn ich heute sterben müsste, so könnte ich die Erinnerung an diese holde kleine Last mit mir ins Paradies nehmen. Ich habe nicht vergebens gelebt. Mein Sohn liegt in meinem Arm. Er hat so kleine, kleine Hände. Die eine hat sich um meinen Zeigefinger geschlossen, und ich wage nicht, mich zu rühren. Er könnte dann vielleicht loslassen, und das wäre unerträglich. So ein Himmelswunder diese kleine Hand mit fünf kleinen Fingern und fünf kleinen Nägeln. Ich wusste ja, dass Kinder kleine Hände haben, aber ich habe wohl nicht recht begriffen, dass mein Kind auch solche haben würde. Denn ich liege hier und blicke auf das kleine Rosenblatt, das die Hand meines Sohnes ist, und kann nicht aufhören zu staunen.Er liegt mit geschlossenen Augen da und bohrt seine Nase in meine Brust, er hat schwarzes, flaumiges Haar, und ich kann ihn atmen hören. Er ist ein Wunderwerk.Sein Vater war hier und fand auch, dass er ein Wunderwerk sei. Er muss also ein Wunderwerk sein, da wir beide es finden.Meine Liebe zu ihm tut fast weh.

Vorhin hat mein Sohn ein bisschen geweint. Wie ein kläglich blökendes Zicklein gebärdet er sich, wenn er weint, und ich ertrage es fast nicht. Wie schutzlos du bist, kleines Zicklein. Mein kleines Vögelchen, wie soll ich dich schützen? Meine Arme schließen sich fester um dich. Sie haben auf dich gewartet, meine Arme, sie waren von Anfang an für dich bestimmt, ein Nest für dich zu sein, du mein Vögelchen.Du bist mein, du gehörst mir jetzt. In diesem Augenblick bist du ganz mein. Aber bald wirst du anfangen zu wachsen. Jeder Tag, der vergeht, wird dich ein kleines Stück weiter von mir wegführen. Nie mehr wirst du mir so nahe sein wie jetzt.Vielleicht werde ich eines Tages mit Schmerz an diese Stunde denken: "Wie die klagende Saite einer Geige, wie ein Kiebitzruf auf der Heide geht die Sehnsucht der Menschen nach Menschen durch die von Menschen bewohnte Welt. Am demütigsten und tiefsten aber sehnen sich die Eltern nach den Kindern, die von den Gesetzen des Lebens in andere Zusammenhänge gerufen wurden". Das steht in einem Buch, das ich habe.In diesem Augenblick hast du mich, aber gewiss werden die Gesetze des Lebens auch dich in andere Zusammenhänge rufen. Und dann werde ich vielleicht so ein rufender Kiebitz auf der Heide sein und vergeblich nach meinem Vögelchen rufen. Das Vogeljunge wird wachsen und groß werden. Ich weiß, dass es so sein muss.


Aber jetzt, in diesem Augenblick, habe ich dich. Du bist mein, mein - mit deinem flaumigen Kopf und deinen zarten, kleinen Fingern und deinem kläglichen Weinen und deinem Munde, der nach mir sucht. Du brauchst mich, denn du bist nur ein armes, kleines Kind, das auf die Erde gekommen ist und gar nicht ohne Mutter sein kann. Du weißt nicht einmal, was das für ein Ort ist, an den du gekommen bist, und vielleicht klingt dein Weinen deshalb so verirrt. Hast du Angst, das Leben zu beginnen? Du weißt nicht, was dich erwartet? Soll ich es dir erzählen?


Hier gibt es so viel Merkwürdiges. Warte nur, dann wirst du es sehen. Es gibt blühende Apfelbäume und kleine, stille Seen und große, weite Meere und Sterne in der Nacht und blaue Frühlingsabende und Wälder - ist es nicht schön, dass es Wälder gibt? Manchmal liegt Raureif auf den Bäumen, manchmal scheint der Mond, und im Sommer liegt Tau im Grase, wenn man erwacht. Dann kannst du auf deinen kleinen, nackten Füßen dort gehen. Du kannst auf schmalen, einsamen Skispuren in den Wald hinein gleiten - wenn es Winter ist natürlich. Die Sonne wirst du lieben, sie wärmt und leuchtet, und das Wasser im Meer ist kühl und lieblich, wenn du badest. Es gibt Märchen in der Welt und Lieder. Es gibt Bücher und Menschen, und einige von ihnen werden deine Freunde. Es gibt Blumen, sie sind gar nicht nützlich, sondern nur schön. Ist das nicht wunderbar und herrlich? Und auf der ganzen Erde gibt es Wälder und Seen und Berge und Flüsse und Städte, die du nie gesehen hast, aber vielleicht eines Tages sehen wirst. Deshalb sage ich dir, mein Sohn, dass die Erde ein guter Ort ist, um dort zu leben, und dass das Leben ein Geschenk ist. Glaub nie denen, die etwas anderes zu sagen versuchen. Gewiss, das Leben kann auch schwer sein, dass will ich dir nicht verhehlen. Du wirst Kummer haben, du wirst weinen. Es kommen vielleicht Stunden, da du den Wunsch hast, nicht mehr zu leben. Oh du kannst nie verstehen, was für ein Gefühl es für mich ist, dies zu wissen. Ich könnte mein Herzblut für dich geben, aber ich kann nicht eine einzige von den Sorgen wegnehmen, die dich erwarten. Und doch sage ich dir, mein liebes Kind:Die Erde ist die Heimat der Menschen, und sie ist eine wunderbare Heimat. Möge das Leben nie so hart gegen dich sein, dass du es nicht verstehst.

Gott schütze dich, mein Sohn!


Astrid Lindgren

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Briefe - nie abgeschickt!

Auf meinen Knien liegt ein kleines Tagebuch. Ich fand es beim Aufräumen, zufällig, hatte seine Existenz völlig vergessen: „Abschiedsbuch“ habe ich es genannt. Es sind - nie abgeschickte Briefe an Florian, die ich nach seiner Abreise nach Irland schrieb.
Ich wollte ihn mit meiner Traurigkeit und meiner Sehnsucht nicht belasten.

Heute denke ich, sie sind der erste Schritt meines langen und später so schmerzlichen Abschieds von Florian gewesen.


15. September 1996

Liebster Florian,

Heute ist Montag, der erste Werktag seit Deiner Abreise nach Irland; der erste Abend, den ich hier alleine bin.
Die Wohnung kommt mir plötzlich so groß vor. Es fehlt jemand und ich habe das Gefühl, als würde ich jeden Moment den Schlüssel in der Eingangstür hören und das Plumpsen Deiner Schuhe im Flur... Du begrüßt mich kurz mit einem Kuss, hast es eilig die Zeitung zu bekommen – den „Wirtschaftsteil“ sagst Du, möchtest Du lesen - und ich weiß, dass auf der Rückseite der Sport ist....

Dass all dies für lange Zeit nicht mehr so sein wird, das ich muss ich erst realisieren und es tut so weh. Ich habe große Sehnsucht danach, mit Dir zu sprechen, Deine Stimme zu hören; ich habe den Impuls, in Irland anzurufen und weiß doch, dass ich dann all abendlich anrufen müsste.. Ich muss lernen, ohne Dich zu leben und kenne dies Gefühl doch schon ein wenig aus den letzten Tagen und Wochen. Der Abschied hatte längst begonnen, bevor Du Berlin verlassen hast....

Gestern hast Du zum ersten Mal angerufen und Du klangst gut. Kein Grund zur Sorge. Vielleicht fällt Dir dieser Abschied auch leichter als mir. Ich fühle mich eher in der Rolle derjenigen, die „verlassen“ wird, wogegen Du agierst, Du derjenige bist, der gegangen ist. Dich erwartet ein neues Leben, Unbekanntes, Ungewohntes und sicherlich auf Aufregendes. Ich bleibe in der gewohnten Umgebung, schaue auf die Dinge, die Du zurückgelassen hast. Ich werde Deine Klamottenberge noch eine Weile im Schrank liegen lassen. Sie vermitteln mir das Gefühl, als würdest Du wiederkommen, etwas abzuholen, etwas zu wechseln.

Ich weiß, dass Millionen Mütter diese Gefühle erleben und durchleben. Ich fühle mich ihnen allen heute innig verbunden!

I miss you Florian!


23. September 1996


Ich spüre an vielen Dingen, wie sehr ich mit meinem Abschied von Dir beschäftigt bin:

Ich ziehe mich sehr zurück, genieße das Alleinsein, ich hänge Tagträumen nach, meinen Gedanken an Dich.
Ich habe mir heute Fotos angeschaut – Babyfotos von Dir. Ich war auf der Suche nach Gesichtsausdrücken, die mir sagen, dass Du damals zufrieden warst mit Deinem kleinen Leben.

Ich liebe Deine Kinderfotos, weil sie so vielfältige Gesichter von Dir zeigen, mir Erinnerungen zurückbringen. Wenn ich das Foto sehe, wir beide in München auf unserem Mini-Balkon vor Deinem Kinderzimmer, dann höre ich Dich Quietschen vor Begeisterung in Deiner kleinen Plastikwanne – unter uns ein großer Sportplatz. Du konntest den Kindern beim Fußball zuschauen.

Ich sehe die Fotos von F. und mir an und in diesem Moment bin ich versöhnt mit ihm. Er ist Dein Vater und damals war er ein liebevoller Vater für Dich. Ich versuche, die Dinge aus Deiner Warte zu sehen. Das wirft ein anderes Licht auf sie.

Auf einem anderen Foto trägst Du mit T. einen viel zu großen Einkaufskorb – jeder einen Henkel – Du über Deiner kleinen Schulter, T. an der Hand. Ich mag dieses Foto so, weil Du so stolz, so fröhlich schaust und ich weiß, dass es Dir damals gut ging.
Ich kann die Bilder mit einem Mal unabhängig von meinen Gefühlen für diese beiden Männer betrachten. Von beiden trägst Du etwas in Dir und vielleicht versuche ich auch, die Anteile zu finden, die dazu beigetragen haben, dass Du heute bist, wer Du bist.

Ich brauche in diesen Tagen wenig Außenkontakt, ohne dass ich das Gefühl habe, mich zu isolieren. Ich brauche Ruhe, ich suche Stille. Ich möchte auf meine Art bei Dir sein und mir die Zeit nehmen, mich daran zu gewöhnen, dass es nie mehr so sein wird wie damals.

Ich denke, dass meine Bedeutung für Dein Leben mehr und mehr abnehmen wird.
Ich kann Dich noch begleiten, vielleicht beraten, wenn Du es möchtest. Deine Liebe und Deine Gedanken wirst Du mehr und mehr mit anderen Menschen – Freunden, vielleicht einer Freundin – teilen.

Ich spüre, wie viel Raum Du in meinem Leben eingenommen hast, wie sehr Du seinen Rhythmus über all die Jahre bestimmt hast.

Du hast längst hier begonnen, Dich freizuschwimmen – mehr und mehr und mir hin und wieder das Gefühl vermittelt, zu stören, überflüssig zu sein. Wenn Du Kummer hattest, dann kamst Du zurück. Vielleicht wird dies so bleiben?

In Deinen ersten Briefen schreibst Du nicht viel über Deine Gefühle dort in Irland.
Du scheinst Dich ein wenig gepanzert zu haben, vielleicht brauchst Du dies auch.
Ich bedauere es dennoch, weil Du mir so auch keine Möglichkeit gibst, Dir über die ersten Hürden dort hinwegzuhelfen. Deine Stimme am Telefon klingt nicht traurig.
Vielleicht bin ja wirklich nur ich es... Ich fühlte mich bei unserem Telefon so hilflos: ich saß hier mit schweren, hängenden Armen. Ich kann sie nicht mehr um Dich legen, Dich nicht einmal trösten, weil Du mir Deine Gefühle nicht zeigst.
Auch dies, Florian, ist sicherlich ein „Blick in die Zukunft“, auch an dieses Gefühl muss ich mich gewöhnen.



17.10.1996

Happy Birthday, mein großer Junge!

Ich sitze am Fenster und schaue in einen trüben Herbsttag. Noch blühen die kleinen roten Rosen aber zwischen ihren Blüten liegen bereits bunte Blätter... Herbst!

Wärst Du heute hier, saßen wir jetzt zusammen, Familie, Deine Freunde und unsere Nachbarn. Wir würden feiern, lachen, Du wärst Mittelpunkt und ich stolz auf Dich.
Du hättest Dir den Apfelkuchen und die Schokotorte gewünscht, später gäbe es den obligatorischen Badischen Wurstsalat... Wenn Hans-Jürgen aus dem Büro käme, würde der Sekt geöffnet....

Ich bin traurig, liebster Florian, Du fehlt mir heute besonders. Ich möchte Dich feiern, ich möchte Dir so gerne das kleine Fest ausrichten. Du warst bescheiden an diesem Tag, wolltest keine Parties, hattest keine unerfüllbaren Wünsche.
Weißt Du noch, wie schön Du es gefunden hast, wenn wir ganz früher zum Abschluss Deines Geburtstages zusammen mit Deinen Freunden die Lampions anzündeten und durch unsere Straße zogen und sangen... Wie klein Du damals noch warst, wie lange dies alles zurück liegt!

Jetzt feierst Du in Irland, wirst das dortige Ritual erleben mit den Menschen um Dich herum, die Dich jetzt begleiten. Ich wünsche Dir so sehr, dass Du dort Freunde und mit Camphill auch ein wenig Familie erleben wirst.

Gleich rufe ich Dich an und freue mich auf Deine Stimme: Happy Birthday, Florian!

Deine Mom

******

Ich lese in meinem alten Leben – ich finde diese Briefe, die mir fast das Herz brechen – ich stehe - 13 Jahre später - vor der Aufgabe, den Geburtstag meines „Sohnes im Licht“ vorzubereiten.
Was für eine Aufgabe, die mir das Leben stellt!
Unbegreiflich der Verlust in diesen Tagen.. unaussprechlich, wie sehr das Herz nach Florian ruft. „Dich nur einen Augenblick berühren, Florian, Deine Stimme hören, Dein Lachen“....
Ich gäbe mein Leben für diesen Moment!
Ich werde nicht gefragt – ich bin nicht gefragt worden!
Rest in Peace, Florian.
Mom


Foto: Florians Geburtstag 1995

My son, my chosen and beloved


"My son, my chosen and beloved,
share your wounds with your mother
and because, dear son, I have always carried you
in my heart,
and always served you faithfully
speak to your mother, to make her happy.
Althogh you are alredy leaving me,
my cherished hope.

NO, MOTHER, DO NOT WEEP,
MOST CHASTE QUEEN OF HEAVEN
SUPPORT ME ALWAYS.

Where has he gone my dearest son?
Never again
will I have his support.
Even if I cry
my old eyes out.
Were my bitter tears
to create another River
they would not restore to life
My son.

Oh, sing for him
God`s little song-birds
since his mother
cannot find him
And you, God`s little flowers
may you blossom all around
So that my son
may sleep happily.

NO, MOTHER, DO NOT WEEP,
MOST CHASTE QUEEN OF HEAVEN
SUPPORT ME ALWAYS
Für Florian zu seinem 9. Memorial Birthday 2008

Die Toten starben nicht


Die Toten starben nicht.
Es starb ihr Kleid.
Ihr Leib zerfiel,
es lebt ihr Geist und Wille.
Vereinigt sind sie dir zu jeder Zeit
In deiner Seele tiefer Tempelstille.

Manfred Kyber (1918)
Foto: Florians Memorial Birthday 2007

Dienstag, 14. Oktober 2008

Traurigkeit

Traurigkeit

Die mir noch gestern glühten,
Sind heut dem Tod geweiht,
Blüten fallen um Blüten
Vom Baum der Traurigkeit.


Ich seh sie fallen, fallen
Wie Schnee auf meinen Pfad,
Die Schritte nicht mehr hallen,
Das lange Schweigen naht.


Der Himmel hat nicht Sterne,
Das Herz nicht Liebe mehr,
Es schweigt die graue Ferne,
Die Welt ward alt und leer.


Wer kann sein Herz behüten
In dieser bösen Zeit?
Es fallen Blüten um Blüten
Vom Baum der Traurigkeit.

Hermann Hesse
Foto: 17.10.2007

Sonntag, 12. Oktober 2008

Im Herbste


Im Herbste


Auf des Gartens Mauerzinne
bebt noch eine einz’ge Ranke:
Also bebt in meinem Sinne
schmerzlich nur noch ein Gedanke.

Kaum vermag ich ihn zu fassen,
aber dennoch von mir lassen
will er, ach, zu keiner Frist;
und so denk ich ihn und trage
alle Nächte, alle Tage
mit mir fort die dumpfe Klage,
daß du mir verloren bist.

Emanuel Geibel (1815 bis 1884)

Herbst


Rings ein Verstummen, ein Entfärben:
Wie sanft den Wald die Lüfte streicheln,
Sein welkes Laub ihm abzuschmeicheln;
Ich liebe dieses milde Sterben.

Von hinnen geht die stille Reise,
Die Zeit der Liebe ist verklungen,
Die Vögel haben ausgesungen,
Und dürre Blätter sinken leise.

Die Vögel zogen nach dem Süden,
Aus dem Verfall des Laubes tauchen
Die Nester, die nicht Schutz mehr brauchen,
Die Blätter fallen stets, die müden.

In dieses Waldes leisem Rauschen
Ist mir als hör' ich Kunde wehen,
dass alles Sterben und Vergehen
Nur heimlich still vergnügtes Tauschen.
(Nikolaus Lenau)

Freitag, 10. Oktober 2008

Kübler-Ross






Würdest du die Canyons
vor den Stürmen schützen,
würdest du nie die Schönheit
ihrer Zerklüftung sehen.



Elisabeth Kübler-Ross

Montag, 6. Oktober 2008

Herbst by Florian


Es ist Herbst geworden; die Jahreszeit von Florians Geburt.
Ich lese in seinen Briefen und ich finde Texte, die mein Herz tief berühren... wie der zum "Herbst":

„Mittlerweile hat der Herbst Einzug gehalten. Er kam schnell und ohne Vorwarnung, aber man kann seine Spuren nicht übersehen – die Bäume verlieren langsam ihr saftiges Grün, welches braun den Boden bedeckt. Das schönste an dieser Jahreszeit ist das außergewöhnliche inzigartige Licht, dieses extrem helle, grelle Gelb, was die Natur so anstrahlt, als wäre sie die Quelle des Strahlens.“

Aus einem Brief 1999