Sonntag, 18. März 2012


Ich lese - wieder einmal - in Florians Briefen ... Ein neuer Frühling ohne ihn und auch nach "so vielen" Jahren vermisse ich seine Nähe schmerzlich.


03.01.’98

Liebe Gabi!

Vor meinem Fenster tobt wieder einmal der Wind. Wie so häufig in den letzten zwei Wochen! Die kahlen Baumkronen tanzen in seinem Rhythmus. An den Bäumen und der Mauer vor dem Haus vorbei werden große, weiße Schneeflocken getrieben. Sie tanzen im selben Takt wie die Baumwipfel, nur daß sie wild durcheinander schweben. Einige dieser Flocken erinnern mich sehr an die Feder vom Anfang des „Forest Gump“-Films. Sie fallen runter, werden aber kurz vor dem Boden wieder vom Wind erfaßt und in die Höhe getrieben, wo sie wieder ein Teil des Ganzen werden und vom Wind weiter getrieben werden: zum nächsten Baum, der nächsten Mauer, dem nächsten Hof.... bis der Wind seine Krallen von ihr läßt und sie seicht auf den Boden schwebt.

Unbeeindruckt von diesem Schneeflockenschauspiel wanken die Bäume gleichmäßig von rechts nach links, wieder nach links und rechts usw.

Es ist schon interessant, wie zwei Machenschaften der Natur den selben Konditionen ausgesetzt sind, aber so unterschiedlich darauf reagieren! Die einen treiben ohne Halt und Ziel durch die Lüfte, bis sie ihr Ende auf der Erde finden; während gerade diese Erde für die anderen die Sicherheit und der Halt bedeutet. Verliert der Baum diesen Halt, stirbt er, da er seine Nahrung aus dem Boden bekommt.

Soviel zu diesem Schauspiel, das sich vor meinem Fenster abspielt! Eigentlich wollte ich anfangen, an F. zu schreiben, als ich bei diesem Wetter mehr das Bedürfnis hatte, Dir zu schreiben!

Dein Florian

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