Wenn ich tot bin, wird mein Name schweben
Eine kleine Weile ob der
Welt.
Wenn ich tot bin, mag es mich noch geben
Irgendwo an Zäunen hinterm
Feld.
Doch ich werde bald verlorengehn,
Wie das Wasser fließt aus narbigem
Krug,
Wie geheim verwirkte Gabe der Feen
Und ein Wölkchen Rauch am
rasenden Zug.
Wenn ich tot bin, sinken Herz und Lende,
Weicht, was mich gehalten und
bewegt,
Und allein die offnen, stillen Hände
Sind, ein Fremdes, neben mich
gelegt.
Und um meine Stirn wirds sein
Wie vor Tag, wenn ein Höhlenmund
Sterne fängt
Und aus Lichtgewölbs Schattenstein
Graues Tuch die riesigen
Falten hängt.
Wenn ich sterbe, will ich einmal rasten,
Mein Gesicht nach innen
drehn
Und es schließen wie den Bilderkasten,
Wenn das Kind zuviel
gesehn,
Und dann schlafen gut und dicht,
Da ich zittrig noch
hingestellt,
Was ich war: ein wächsernes Licht
Für das Wachen zur zweiten
Welt.
Gertrud Kolmar
(aus G.K.: Die Frau und die Tiere, 1938)
Bild: Mauritio Motariello
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