Donnerstag, 31. Mai 2012

Was du liebst, ist sterblich


".....An so etwas erinnere dich auch. Was du liebst, ist sterblich; was du liebst, gehört dir nicht.Es wird dir nur befristet gewährt, weder unwiderruflich noch auf immer und ewig, sondern wie eine Feige oder Weintraube zur bestimmten Jahreszeit; sie im Winter zu begehren, wäre töricht...." 

 aus den Gesprächen des Epiktet

Ein letztes Wort


Ein letztes Wort...

Es war deinen Armen nicht anzusehen,
dass du sie gerne zum Umarmen gebrauchtest.
Es war deinem Kopf nicht anzusehen,
dass du ihn gerne anlehntest.
Es war deinen Händen nicht anzusehen,
dass sie gerne gaben.
Es war deinen Füßen nicht anzusehen,
dass sie gerne Schritte für andere taten.
Eine wunderbare Zeit mit dir hat uns gelehrt
Zu sehen, was dir nicht anzusehen war.


Mittwoch, 30. Mai 2012

I believe


I believe that if I should die,
and you were to walk near my grave,
from the very depths of the earth
I would hear your footsteps.


Benito Perez Galdos

Dienstag, 29. Mai 2012


Danke, liebe Birgit!

Es gibt dich


Dein Ort ist
Wo Augen dich ansehn.
Wo sich die Augen treffen
Entstehst du.

Von einem Ruf gehalten,
immer die gleiche Stimme.
Es scheint nur eine zu geben
mit der alle rufen.

Du fielest,
aber du fällst nicht.
Augen fangen dich auf.                                             Gestern bei Florian!

Es gibt dich
weil Augen dich wollen
dich ansehn und sagen,
dass es dich gibt.

Hilde Domin

Montag, 28. Mai 2012

Das letzte Mysterium


http://www.spiegel.tv/#/filme/mysterium-tod-teil-1/


Ein sehr lohnender Filmbeitrag über den Tod, das Sterben, die Zeit und das Leben!

 Was passiert, wenn das Herz aufhört zu schlagen, das Hirn seine Arbeit einstellt, der menschliche Körper erkaltet? Der Tod, das letzte Geheimnis des Lebens, bringt Wissenschaftler immer wieder in Erklärungsnot und die Antwort auf die Frage, ob es ein Leben nach dem Tod gibt, bleibt ungelöst. Sterbeforscher, Ärzte, Physiker und Prominente versuchen, Antworten zu geben, und gewähren uns Einblick in ihre Erfahrungen und Emotionen mit dem Tod. Antworten zu den Rätseln vom ewigen Leben, Wiedergeburt oder dem grossen Nichts. Tatsächlich berichten Menschen mit Nahtoderfahrungen von rätselhaften Phänomenen. Auch seriöse Forscher vertreten die Theorie, dass das unsterbliche Bewusstsein ebenso existiere wie Raum, Zeit, Materie und Energie. Das Thema Tod trifft den Kern des menschlichen Seins, überall auf der Welt, zu allen Zeiten. Als die Neandertaler vor etwa 60.000 Jahren begannen, ihre Toten zu bestatten, war das ein Wendepunkt in der Geschichte. Der Mensch beschäftigte sich mit spirituellen Fragen, die geistige Entwicklung nahm ihren Lauf. Bis heute ist der Tod ein irritierendes und inspirierendes Mysterium. In der vierstündigen Dokumentation über “Das letzte Mysterium” begleitet SPIEGEL TV Menschen, die dem Tod näher sind als andere, die in ihrem Alltag dem Tod täglich begegnen. Todesermittler, Bestatter, Rechtsmediziner, Trauernde und Sterbebegleiter. Wie sehr beeinflusst der Tod ihr Leben? Was wissen sie, was fühlen und glauben sie? Zu Wort kommen neben Bestattern, Ärzten und Geisteswissenschaftlern auch Rechtsmediziner, wie Prof. Dr. Matthias Graw, Leiter der Rechtsmedizinischen Abteilung der Ludwig-Maximilians-Universität München, Wissenschafts-Astronaut Prof. Ulrich Walter, Physiker und Sterbeforscher Prof. Dr. Markolf Niemz und der Theologe und Moderator Jürgen Fliege. Barbara Pachel-Eberhard verlor ihre beiden kleinen Kinder und ihren Ehemann bei einem Autounfall. Ihre Trauer und den Verlust ihrer Familie hat sie in einem Buch verarbeitet. Schauspieler Winfried Glatzeder testet den Liegekomfort eines Sarges und Bestatter Fritz Roth begleitet eine Schulklasse bei der ersten Begegnung mit Tod und Verstorbenen

Zwischen den Gezeiten O'Donohue



"...Zwischen den Gezeiten wirkt dieses zerklüftete Ufer verletzlich, als sei es in einer Pose erstarrt, aus der es sich nicht mehr zu lösen vermag.
Dies erinnert an Uferlinien in unserem Leben, wo alles ins Stocken gerät. In solchen Zeiten emotionaler Verzweiflung ist das Innere verletzt und zerrissen, die Seele nackt und preisgegeben. Der natürliche Rhythmus vermag nicht mehr zu fließen. Man muß sich zu jeder Gebärde, jedem Gedanken, zu jeder Handlung zwingen. Alles wird furchtbar schwierig. Dinge, die man zuvor ohne großes Nachdenken erledigt hätte, werden zu scheinbar unüberwindlichen Hindernissen.
Doch die Hoffnung flüstert einem zu dass die Flut immer wiederkehrt. Ganz allmählich vollzieht sich die Verwandlung. Wir waren preisgegeben und abgezehrt, erstarrt in den Klauen des Schmerzes; selbst der Boden unter unsern Füßen war nackt und zerklüftet.,
Und nun kommt alles wieder in Fluss. Wir gewinnen unsere Spontaneität zurück und unser Herz ist froh und erleichtert, wenn das Meer wieder zum Ufer zurückströmt und sich alles im spielerischen Tanz der jungen Wellen vereint....."

John O'Donohue
 Foto: Irland 2007

Sonntag, 27. Mai 2012

Auferstehung



Wenn einer starb, den du geliebt hienieden,
So trag hinaus zur Einsamkeit dein Wehe,
Dass ernst und still es sich mit dir ergehe
Im Wald, am Meer, auf Steigen längst gemieden.
Da fühlst du bald, dass jener, der geschieden,
Lebendig dir im Herzen auferstehe;
In Luft und Schatten spürst du seine Nähe,
Und aus den Tränen blüht ein tiefer Frieden.
Ja, schöner muss der Tote dich begleiten,
Ums Haupt der Schmerzverklärung lichten Schein,
Und treuer - denn du hast ihn alle Zeiten.
Das Herz auch hat sein Ostern, wo der Stein
Vom Grabe springt, dem wir den Staub nur weihten;
Und was du ewig liebst, ist ewig dein.

Emanuel Geibel


Foto: Alexa S.


Wir wissen nichts von diesem Hingehn


Wir wissen nichts von diesem Hingehn, das
nicht mit uns teilt. Wir haben keinen Grund,
Bewunderung und Liebe oder Haß
dem Tod zu zeigen, den ein Maskenmund

tragischer Klage wunderlich entstellt.
Noch ist die Welt voll Rollen, die wir spielen.
Solang wir sorgen, ob wir auch gefielen,
spielt auch der Tod, obwohl er nicht gefällt.

Doch als du gingst, da brach in diese Bühne
ein Streifen Wirklichkeit durch jenen Spalt
durch den du hingingst: Grün wirklicher Grüne,
wirklicher Sonnenschein, wirklicher Wald.

Wir spielen weiter. Bang und schwer Erlerntes
hersagend und Gebärden dann und wann
aufhebend; aber dein von uns entferntes,
aus unserm Stück entrücktes Dasein kann

uns manchmal überkommen, wie ein Wissen
von jener Wirklichkeit sich niedersenkend,
so daß wir eine Weile hingerissen
das Leben spielen, nicht an Beifall denkend.

Rainer Maria Rilke 1907
Bild: Alexi Zaitsev

Samstag, 26. Mai 2012

Manchmal


Manchmal
...kommen alte Bilder, obwohl du sie nicht gerufen hast.
Dann kehrt wieder Traurigkeit in dein Herz zurück,
und in dieser Traurigkeit, obwohl sie dich belastet,
befindet sich Wärme, die dich mit dem Verstorbenen verbindet,
und du fühlst dich ihm ganz nahe.

Manchmal
...spürst du neben dieser Traurigkeit Sehnsucht nach diesem Menschen.
Und das beschwert das Herz.
Dann tauchen immer wieder die Fragen auf,
Warum? Wie? Wieso?,
und du holst die Bilder hervor,
gehst immer wieder die Vergangenheit in Gedanken durch,
warum gerade mir?

Manchmal
...kommen Tage, da bist du abgelenkt und denkst nicht mehr daran
was geschehen war,
fühlst dich ein wenig freier und erschreckst dich.

Manchmal
...kommt ein schlechtes Gewissen, das es kurze Zeiten der
beginnenden Freude gibt.
Darfst du das schon?

Manchmal
...brgreifst du, dass ein Wandel in dir ist.
Langsam spürst du, die Seele vergisst nicht,
die Gedanken haben alles genau aufgezeichnet.
Aber das beginnende Wohlfühlen geschieht mit dem
Einverständnis des Verlorenen,
langsam darfst du lernen, ohne das Verlorene zu leben.

NN

Danke, liebe Dorothea für diesen schönen Text!

Freitag, 25. Mai 2012

Ode an den glückhaften Tag


Diesmal laßt mich
glücklich sein,
keinem ist etwas geschehen,
und ich bin nirgendwo,
einziges Ereignis ist,
daß ich glücklich bin
beim Gehen, beim Schlafen,
beim Schreiben über das ganze
Rund meines Herzens.
Was soll weiter ich tun, ich bin
glücklich,
zahlloser bin ich
als das Gras
auf den Weiden,
ich fühle die eigene Haut wie den runzligen
Baum
und unten das Wasser,
hoch oben die Vögel,
um meiner Hüfte das Meer
wie einen Reif,
aus Brot und Stein die Erde geschaffen,
die Luft singt wie eine Gitarre.

Du mir zuseiten im Sande
bist Meeressand,
Du singst und bist Gesang,
die Welt
ist heut meine Seele,
Lied und Sand,
die Welt
ist heute Dein Mund,
laßt mich
an Deinem Munde und im Sande
glücklich sein,
ja, glücklich sein, weil ich atme
und weil auch Du atmest,
glücklich sein, weil ich
Dein Knie berühre
und es ist,
als berührte ich
die blaue Haut und Kühle
des Himmels.

Heute laßt mich
einzig nur
glücklich sein
mit allen oder ohne sie,
glücklich sein
mit dem Gras
und dem Sand,
glücklich sein
mit der Luft und der Erde,
glücklich sein
mit Dir, mit Deinem Munde
glücklich sein.
in, weil ich
Dein Knie berühre
und es ist,
als berührte ich
die blaue Haut und Kühle
des Himmels.

Heute laßt mich
einzig nur
glücklich sein
mit allen oder ohne sie,
glücklich sein
mit dem Gras
und dem Sand,
glücklich sein
mit der Luft und der Erde,
glücklich sein
mit Dir, mit Deinem Munde
glücklich sein.

Pablo Neruda

Für meinen geliebten Mann, Hans-Jürgen, der heute Geburtstag hat und dem ich für seine Liebe von ganzem Herzen danke!  
 ..... und Florian ist immer dabei!

Donnerstag, 24. Mai 2012

War der Windstoß ...


War der Windstoß, der mir eben
ungefähr ins Fenster fuhr,
nur ein blindes Sich-erheben
und Sich-legen der Natur?

Oder nutzte die Gebärde
ein Verwesner heimlich aus?
Langte aus der dumpfen Erde
in das fühlentliche Haus?

Meistens ist es nur die Wendung
eines Schlafenden bei Nacht -,
plötzlich füllt es sich mit Sendung
und bestürzt mich mit Verdacht.

Ach, was bin ich kaum geübter
zu begreifen, was es meint, -
hat mich ein im Tod getrübter
Knabe nahe angeweint?

Will er mir (und ich versage!)
zeigen, was er hier verließ -?
Mit dem Winde stieß die Klage,
doch er stand vielleicht und schrie's!

Rainer Maria Rilke


Mittwoch, 23. Mai 2012

Dialog


Male mir
einen lebendigen
Schatten von dir
in den Sand
bat das Leben
den Tod.
Um dem Sinnlosen
einen Sinn zu geben
muss ich dich
leibhaftig sehen.
Leibhaftig
entgegnete der Tod?
Ich wandle doch
neben dir.
Und war
schon immer
Teil deines Seins.
Um dich geborgen
zu fühlen
musst du nur eins
mit mir werden
und deine Hand
in meine legen.

© Ute Leser

Dienstag, 22. Mai 2012

Wünsch dir was

 Wünsch dir was
 sagte die gute Fee

Alt und weise
möchte ich werden
und unerschrocken

Eine eigensinnige Alte
mit silbernen Haaren
ohne Strümpfe
in lila Sandalen
Und Lachfalten
möchte ich haben
Ganz viele

Anne Steinwart

Foto: Zypern, 2010
Dieser Wunsch kommt mir heute fast vermessen vor.... aber es wäre schön!

Montag, 21. Mai 2012

Aber vielleicht



Meine großen Worte
werden mich nicht vor dem Tode schützen
und meine kleinen Worte
werden mich nicht vor dem Tode schützen
überhaupt kein Wort
und auch nicht das Schweigen zwischen
den großen und kleinen Worten
wird mich vor dem Tod schützen

Aber vielleicht
werden einige
von diesen Worten
und vielleicht
besonders die kleineren
oder auch nur das Schweigen
zwischen den Worten
einige vor dem Tod schützen
wenn ich tot bin

Erich Fried

Bild: Käthe Kollwitz

Freitag, 18. Mai 2012

Morning Mood


Wer nicht den Himmel unten fand




Wer nicht den Himmel unten fand,
Verfehlt auch oben ihn -
Denn Engel wohnen nebenan,
Wohin wir immer ziehn -

Emily Dickinson

Who has not found the Heaven - below
Will fail of it above -
For Angels rent the House next our's,
Wherever we remove -

Emily Dickinson

Bild: Emil Nolde

Donnerstag, 17. Mai 2012

Neu bist du, wenn du staunst...



Neu bist du,
wenn du staunst,
weil jeden Morgen Licht da ist;
wenn du glücklich bist,
weil deine Augen sehen,
deine Hände fühlen,
deine Füße laufen;
wenn du singst,
weil dein Herz schlägt.

Neu bist du,
wenn du weisst,
dass du lebst;
wenn du denkst,
dass heute der erste Tag
vom Rest deines Lebens beginnt.

Neu bist du,
wenn du mit reinem Blick
auf Menschen und Dinge schaust,
wenn du noch lachen kannst,
wenn du dich freuen kannst
über die einfach, kleinen Blumen
am Weg deines Lebens!

Phil Bosmans

Bild: Gerard ter Borch

Mittwoch, 16. Mai 2012

Trennung



Du wirst Dich trennen
von den Magnolienbäumen
und den jubilierenden Vögeln

von deinem Haus
und den Händen
die es bewohnbar machten

von der hartnäckigen Gewohnheit
die Augen aufzuschlagen
und zu schließen
wenn der Traum dich ruft

vom Wort
das dich erschaffen hat

Du wirst dich trennen
von deinem Schatten
der dich lebenslang
verfolgte im Licht

Die Erde wird sich trennen
von dir
und deiner Liebe zu ihr


Rose Ausländer: Aus dem Gesamtwerk

Foto: Stefanie Rabenschlag

Dienstag, 15. Mai 2012

Schaust du genau...



Schaust du genau

ist alles schräg
verwirrend verbohrt
schaust du genau
suchst du den Sinn
suchst Erklärung
suchst Antwort
bleibst für eine Weile
stehn auf der Strecke
um weiter zu kommen
im Schweigen

Annemarie Schnitt


Foto: Christiane Gérard

Wir würden alle den Tod schöner finden ....



....Wir würden alle den Tod schöner finden, wenn er unser Hülle nur entseelte, nicht zerlegte - ferner wenn wir die Trauer, die uns geliebte fremde Gräber geben, nicht vewirrend in das Bild des unsrigen übertrügen - ferner wenn wir uns nicht im Leben so recht wie in einem warmen häuslichen eingewohnten Neste festgessen hätten, aus dem wir nicht gern aufwollen, in den hohen kalten Himmel - und endlich würden wir den Tod verschönern, wär'er uns versagt....

Jean Paul
aus: Konjektural-Biographie

Foto: Christiane Gérard: Boot auf der Nordsee (Föhr 2011)

Montag, 14. Mai 2012

Lebensspirale


Da ist kein Anfang
und kein Ende
da liegt im Keim
schon das Ziel.
Da kreist eine Ahnung
um eine Ahnung
da entfaltet sich ein Weg
der gegangen sein will.

Da verspricht das scheinbar
Endliche Unendlichkeit
da spinnt der Augenblick
zeitlose Träume.
Da hört etwas
nimmer auf zu sein
und erschließt
ungeahnte Räume.

© Ute Leser

Sonntag, 13. Mai 2012

Die anderen Brücken

...."Du hast einen schönen Beruf, sagte das Kind zum alten Brückenbauer, es muss sehr schwer sein, Brücken zu bauen.Wenn man es gelernt hat, ist es leicht, sagte der alte Brückenbauer, es ist leicht, Brücken aus Beton und Stahl zu bauen. Die anderen Brücken sind viel schwieriger, sagte er, die baue ich in meinen Träumen.
Welche anderen Brücken? fragte das Kind.
Der alte Brückenbauer sah das Kind nachdenklich an. Er wusste nicht, ob es verstehen würde. Dann sagte er: Ich möchte eine Brücke bauen von der Gegenwart in die Zukunft. Ich möchte eine Brücke bauen von einem zum anderen Menschen, von der Dunkelheit in das Licht, von der Traurigkeit zur Freude. Ich möchte eine Brücke bauen von der Zeit in die Ewigkeit, über alles Vergängliche hinweg.
Das Kind hatte aufmerksam zugehört. Es hatte nicht alles verstanden, spürte aber, dass der alte Brückenbauer traurig war. Weil das Kind ihn wieder froh machen wollte, sagte es: Ich schenke dir meine Brücke. Und das Kind malte für den Brückenbauer einen bunten Regenbogen...."

Anne Steinwart


Bild:  Lion, 2011

Samstag, 12. Mai 2012

Letzter Frühling

 Nimm die Forsythien tief in dich hinein
und wenn der Flieder kommt, vermisch auch diesen
mit deinem Blut und Glück und Elendsein,
dem dunklen Grund, auf den du angewiesen.
Langsame Tage. Alles überwunden.
Und fragst du nicht, ob Ende, ob Beginn,
dann tragen dich vielleicht die Stunden
noch bis zum Juni mit den Rosen hin. 

 Gottfried Benn 

Freitag, 11. Mai 2012

Lebenszeiten

In der Jugend zur Zeit der Abenddämmerung
Leuchtkäfer an meinen Fingern,
in meiner Hand
ein glühender orangeroter Mond.

Im Jugendalter
zur Zeit der Morgendämmerung
Tau in meinen Augen,
an meinen Zehen feuchte Grasringel.

Als erwachsene Frau zur Zeit des Mittags
Sonnenstrahlen auf meiner nackten Unschuld
und Sehnsucht nach den Flügeln
des roten Vogels.

Im Alter zur Zeit des Zwielichts
überwirkliche Schatten auf meinem Gesicht.
In meinem Herzen spüre ich
eine untergehende Sonne.

Rudolf Kaiser. Indianischer Sonnengesang

Für Dich, liebe Christiane. All unsere Gedanken begleiten Dich!

Foto: Christiane, Kuba 2012 

Wenn Ihr mehr von Christianes Bildern und Gedanken sehen/lesen wollt: 
http://christiane-gerard.de/index.php?option=com_content&view=article&id=50&Itemid=66 

Donnerstag, 10. Mai 2012

Bevor ich sterbe



Noch einmal sprechen
von der Wärme des Lebens
damit doch einige wissen:
Es ist nicht warm
aber es könnte warm sein

Bevor ich sterbe
noch einmal sprechen
von Liebe
damit doch einige sagen:
Das gab es
das muß es geben

Noch einmal sprechen
vom Glück der Hoffnung auf Glück
damit doch einige fragen:
Was war das
wann kommt es wieder?

Erich Fried

Foto: Christiane, Irland 2010

Mittwoch, 9. Mai 2012

Geduld

Geduld,
der gerissene Faden
in meinen
zwei linken Händen
wieder mal:
Manchmal
bleibt einfach
nur noch
ein Lachen
übrig
als Strohhalm,
um nach dem Licht                                           
zu angeln.


Isabell Schneider 

Foto: Mallorca 2009

Dienstag, 8. Mai 2012

Das Leichtere



Es ist leichter zu denken
als zu fühlen -
leichter, Fehler zu machen,
als das Richtige zu tun.

Es ist leichter zu kritisieren
als zu verstehen -
leichter, Angst zu haben
als Mut.

Es ist leichter zu schlafen
als zu leben -
leichter zu feilschen,
als einfach zu geben.

Es ist leichter zu bleiben,
was man geworden ist,
als zu werden,
was man im Grunde ist.

Hans Kruppa

http://www.hans-kruppa.de/willkommen/ind…

Montag, 7. Mai 2012

Für Max




Wirf den Stein von heute weg. Vergiß ihn und schlafe.
Wenn er Licht ist, wirst Du ihn morgen wieder finden
zur Dämmerzeit, in Sonne verwandelt.

Juan Ramon Jimenez

Für Dich, liebe Andrea, im Gedenken und in Erinnerung an Deinen geliebten Max, der heute 35 Jahre alt würde... Nein, Andrea, das Leben ist nicht fair!
 


Ich seh viel mehr, mach ich die Augen zu..
Doch wenn ich schlaf, erscheinst im Traum mir du
Traums Dunkelhell erhellt die Dunkelheit....
....

Shakespeare, Sonette

Sonntag, 6. Mai 2012

Regenbogenlieder


Wenn ich dich denke,
sehe ich das Meer.
Fühle den weichen Sand.
Erinnerung heißt der Strand,
zu dem ich meine Schritte lenke.
Und Wellen tragen mir
dein Bildnis her.

Ich trinke die Luft,
als wäre sie Wein.
So leicht könnte mir Leben sein!
Und doch fällt Schwere in meine Leere,
die du hinterlässt,
denn niemand füllt sie auf.
Du warst das große DU
in meines Lebens Lauf.

Wie Sonne und auch Regen
zur gleichen Zeit sich bewegen
und eine Brücke leuchten,
so wird mein Lachen und Weinen
uns wieder und wieder
in schillernden Farben vereinen:
als Regenbogenlieder
erkennen wir uns wieder.

Renate Tank

Foto: Regenbogen in Conemara, 2009