"Und manchmal, während wir so schmerzhaft reifen, dass wir beinahe daran sterben, erhebt sich aus allem, was wir nicht begreifen, ein Gesicht und sieht uns strahlend an" Rainer Maria Rilke
Samstag, 20. August 2011
Ireland is calling ...
„Zwischen den Gezeiten wirkt dieses zerklüftete Ufer verletzlich, als sei es in einer Pose erstarrt, aus der es sich nicht mehr zu lösen vermag. Dies erinnert an Uferlinien in unserem eigenen Leben, wo alles ins Stocken gerät. In solchen Zeiten emotionaler Verzweiflung ist das Innere verletzt und zerrissen, die Seele nackt und preisgegeben. Der natürliche Rhythmus vermag nicht mehr zu fließen. Man muss sich zu jeder Gebärde, zu jedem Gedanken, zu jeder Handlung zwingen. Alles wird furchtbar schwierig.
Dinge, die man zuvor ohne großes Nachdenken erledigt hätte, werden zu scheinbar unüberwindlichen Hindernissen.
Doch die Hoffnung flüstert einem zu, dass die Flut immer wiederkehrt. Ganz allmählich vollzieht sich die Verwandlung. Wir waren preisgegeben und abgezehrt, erstarrt in den Klauen des Schmerzes; selbst der Boden unter unseren Füßen war nackt und zerklüftet.
Und nun kommt alles wieder in Fluss. Wir gewinnen unsere Spontaneität und Lebenskraft zurück, und unser Herz ist froh und erleichtert, wenn das Meer wieder zum Ufer zurückströmt und sich alles im spielerischen Tanz der jungen Wellen vereint….“
John O’ Donohue
„Schönheit“
„Die Küste ist eine faszinierende Schwelle. Mit sublimer Eleganz nähert sich das Meer dem Land und umschlingt es, und jeder Welle wohnt eine eigene Anmut, ein eigener Rhythmus inne. Die erhabene Bewegung des Ozeans ist faszinierend, und gleichzeitig spendet uns die stetige, unveränderliche Treue des Meeres Trost.“
John O’ Donohue
„Schönheit“
Dies, liebe blog-LeserInnen, ist der letzte Eintrag für die nächsten zwei Wochen. Irland ruft und ich freue mich auf die Tage dort. Ich werde mich dem Rhythmus des Landes hingeben, in dem die Uhren anderes schlagen; ich werde der Musik des Windes und der Wellen lauschen und mich von ihnen trösten lassen. Ich werde die Unendlichkeit spüren und Kraft tanken. Ich werde Florian nah sein - näher als irgendwo sonst auf der Welt. Ich werde um ihn weinen - und in Erinnerung an ihn lachen! Dort ist alles möglich.
In einem dieser Häuser in Donegal werden wir wohnen... auf einer Landzunge, die in den Atlantik ragt..
Nie war ich ihm so nah!
Seid behütet und von allen Sternenstäubchen mit Licht umringt und durchdrungen!
Gabriele
http://www.youtube.com/watch?v=UxcinkMh4Qg&feature=related
Und dies mein heutiges Lied, das ich mitnehme...
Sterne in der Nacht
"Ein Sternenhimmel fasziniert seit Urzeiten die Menschen. Staunend stehen sie vor der Weite und Offenheit des Weltalls. Der Schein der zahllosen Sterne hellt die weite Finsternis auf und bietet Orientierung. - Sterne zeigen Himmelsrichtungen an, sie erleichtern dem Suchenden, den eigenen Standort herauszufinden; sonst wäre der Mensch hoffnungslos verloren in der grenzenlosen Dunkelheit der Nacht.
Wenn nun ein Mensch mit Sterben und Tod eines von ihm geliebten Kindes konfrontiert wird, kann es im Leben zeitweise finstere Nacht werden.
Fragen über Fragen türmen sich in solchen Fällen auf, die nach Antwort und Orientierung suchen. Der Blick in den Sternenhimmel gibt dem Betrachter Orientierung und Halt. Je stärker man diesen Himmel auf sich wirken lässt, desto intensiver erstrahlt das Licht für ihn - und Licht ist Hoffnung...."
„Sterne in der Nacht“ – Rainer Krockauer
Freitag, 19. August 2011
Wie wenn das Leben wär nichts anderes...
Wie wenn das Leben wär nichts anderes
als das Verbrennen eines Lichts!
Verloren geht kein einzig Teilchen,
jedoch wir selber gehen ins Nichts!
Denn was wir Leib und Seele nennen,
so fest in eins gestaltet kaum
es löst sich auf in tausend Teilchen
und wimmelt durch den öden Raum.
Es waltet stets dasselbe Leben.
Natur geht ihren ewigen Lauf;
in tausend neu erschaffnen Wesen
stehen diese tausend Teilchen auf.
Theodor Storm
Foto: Sonnenuntergang in Donegal
Irland
http://www.youtube.com/watch?v=HmwTYcDuyks&feature=related
Dort, an der rauhen, herrlichen Atlantikküste erlebe ich diese innere Transformation der Trauer in Liebe, in Hoffnung, in Gelassenheit mehr als irgendwo sonst! Nie fühle ich mich so frei, so eins mit mir und spüre, wie der Wind alles Schwere mit sich nimmt... wenigstens für Augenblicke, die magisch sind... Vor lauter Lauschen und Staunen still...
Vor lauter Lauschen und Staunen sei still
Du mein tieftiefes Leben;
Dass du weißt, was der Wind dir will,
eh noch die Birken beben.
Und wenn dir einmal das Schweigen sprach,
laß deine Sinne besiegen.
Jedem Hauche gib dich, gib nach,
er wird dich lieben und wiegen.
Und dann, meine Seele sei weit, sei weit,
dass dir das Leben gelinge,
breite dich wie ein Federkleid
über die sinnenden Dinge.
Rainer Maria Rilke
Dort, an der rauhen, herrlichen Atlantikküste erlebe ich diese innere Transformation der Trauer in Liebe, in Hoffnung, in Gelassenheit mehr als irgendwo sonst! Nie fühle ich mich so frei, so eins mit mir und spüre, wie der Wind alles Schwere mit sich nimmt... wenigstens für Augenblicke, die magisch sind... Vor lauter Lauschen und Staunen still...
Vor lauter Lauschen und Staunen sei still
Du mein tieftiefes Leben;
Dass du weißt, was der Wind dir will,
eh noch die Birken beben.
Und wenn dir einmal das Schweigen sprach,
laß deine Sinne besiegen.
Jedem Hauche gib dich, gib nach,
er wird dich lieben und wiegen.
Und dann, meine Seele sei weit, sei weit,
dass dir das Leben gelinge,
breite dich wie ein Federkleid
über die sinnenden Dinge.
Rainer Maria Rilke
Donnerstag, 18. August 2011
Gegen die Traurigkeit
Mein Herz weiß längst, wo es dich suchen soll.
Es weiß geborgen dich, im lichten Land.
Mein Aug nur, unbelehrbar, sehnsuchtsvoll,
Sieht immer noch dein irdisches Gewand,
Geliebtes Bild im leer gewordenen Raum.
Doch Nächte kommen, wo du nah mir bist,
Und manchmal hebst du mich zu dir im Traum
Und sagst mir, dass mein Schmerz der Schleier
ist, der dich verhüllt. Und ich gelobe dir,
Was mir am andern Tag so schwer erscheint:
In Glanz und Glück zu gehen, Du dort,
ich hier.
In Gottes Großem Licht sind wir vereint.
Hella Zahrada
In einigen Tagen fliegen wir nach Irland. Am 1. September werden wir in Dublin "bei Florian" sein; wir werden auf der Treppe sitzen - "Stairway to Heaven" - und nicht begreifen was dort geschah aber es zu erspüren versuchen.. Ich muß es immer wieder erspüren, so sehr es auch schmerzt!
Ob sein Name noch auf der Fußleiste steht? Vor Jahren habe ich ihn mit kleinen goldenden Buchstaben angebracht... FLORIAN 1.7.2000
Heute ist mein song für Florian: Wonderchild von Mary Black
http://www.youtube.com/watch?v=KQOV-805rzQ&playnext=1&list=PL946362EEF26895D0
Es weiß geborgen dich, im lichten Land.
Mein Aug nur, unbelehrbar, sehnsuchtsvoll,
Sieht immer noch dein irdisches Gewand,
Geliebtes Bild im leer gewordenen Raum.
Doch Nächte kommen, wo du nah mir bist,
Und manchmal hebst du mich zu dir im Traum
Und sagst mir, dass mein Schmerz der Schleier
ist, der dich verhüllt. Und ich gelobe dir,
Was mir am andern Tag so schwer erscheint:
In Glanz und Glück zu gehen, Du dort,
ich hier.
In Gottes Großem Licht sind wir vereint.
Hella Zahrada
In einigen Tagen fliegen wir nach Irland. Am 1. September werden wir in Dublin "bei Florian" sein; wir werden auf der Treppe sitzen - "Stairway to Heaven" - und nicht begreifen was dort geschah aber es zu erspüren versuchen.. Ich muß es immer wieder erspüren, so sehr es auch schmerzt!
Ob sein Name noch auf der Fußleiste steht? Vor Jahren habe ich ihn mit kleinen goldenden Buchstaben angebracht... FLORIAN 1.7.2000
Heute ist mein song für Florian: Wonderchild von Mary Black
http://www.youtube.com/watch?v=KQOV-805rzQ&playnext=1&list=PL946362EEF26895D0
Mittwoch, 17. August 2011
You, Beloved
You, Beloved, who are all
the gardens I have ever gazed at,
longing. An open window
in a country house-- , and you almost
stepped out, pensive, to meet me. Streets that I chanced
...upon,--
you had just walked down them and vanished.
And sometimes, in a shop, the mirrors
were still dizzy with your presence and, startled, gave back
my too-sudden image. Who knows? Perhaps the same
bird echoed through both of us
yesterday, separate, in the evening...
Rainer Maria Rilke
Ich bin nicht tot!
Giovanni Strozzi - auf "Die Nacht" von Michelangelo:
„Die Nacht, die wir in tiefem Schlummer sehen,
Ein Engel schuf sie hier aus diesem Stein,
Und weil sie schläft, muß sie lebendig sein,
Geh, wecke sie, sie wird dir Rede stehen.“
Entgegnung Michelangelos:
„Schlaf ist mein Glück; so lange Schmach und Kummer
Auf Erden dauern, besser Stein zu bleiben,
Nicht sehn, nicht hören bei so schnödem Treiben.
Sprich leise drum und stör' nicht meinen Schlummer.“
oder in der Übersetzung von Rainer Maria Rilke:
Schlaf ist mir lieb, doch über alles preise
Ich, Stein zu sein. Währt Schande und Zerstören,
Nenn ich es Glück: nicht sehen und nicht hören.
Drum wage nicht zu wecken. Ach! Sprich leise.
...ICH BIN NICHT TOT...
Qui vuol mie sorte c'anzi tempo i' dorma:
Nè son già morto: e ben c' albergo cangi,
resto in te vivo, c' or mi vedi e piangi;
se l'un nell' altro amante si trasforma.
Qui son morto creduto; e per conforto
del mondo vissi, e con mille alme in seno
di veri amanti: adunche, a venir meno,
per tormen' una sola non son morto.
Michelangelo Buonarroti, 1475-1564 - Rime 194
Übersetzung:
Es sandte mir das Schicksal tiefen Schlaf.
Ich bin nicht tot, ich tauschte nur die Räume.
Ich leb in euch, ich geh in eure Träume,
da uns, die wir vereint, Verwandlung traf.
Ihr glaubt mich tot, doch dass die Welt ich tröste,
leb ich mit tausend Seelen dort, an diesem wunderbaren Ort,
im Herzen der Lieben. Nein, ich ging nicht fort,
Unsterblichkeit vom Tode mich erlöste.
Dienstag, 16. August 2011
Sonnett Nr. 31 Shakespeare
In deiner Brust ist aller Herzen Schrein,
auch nie gestand'ner, tot erklärter Lieben.
Lieb herrscht mit allem Lieben im Verein,
mit Lieben, die ich längst schon abgeschrieben.
Wie manche Träne hab ich schon geweint,
verehrungsvoll, in Demut und verschwiegen,
als Zins für Tote, die nun, wie es scheint,
bloß gut versteckt in deinem Herzen liegen.
In dir ist jede früh're Lieb begraben,
bist der Verflossenen Trophäenschrein.
Da alle dir schon meinen Anteil gaben,
gehört, was vielen war, nun dir allein.
All ihre Schönheit sehe ich in dir,
du bist mein All, hast alles All von mir
Shakespears Sonnett Nr. 31
Montag, 15. August 2011
Sterne und Träume
Weißt Du noch,
wie ich Dir die Sterne vom Himmel
holen wollte,
um uns einen Traum zu erfüllen?
Aber
Du meintest,
sie hingen viel zu hoch ...!
Gestern
streckte ich mich zufällig
dem Himmel entgegen,
und ein Stern fiel
in meine Hand hinein.
Er war noch warm
und zeigte mir,
daß Träume vielleicht nicht sofort
in Erfüllung gehen;
aber irgendwann ...?!
- Markus Bomhard -
Bild: Marc Chagall
Sonntag, 14. August 2011
Das Ende ist mein Anfang..
„…. Vielleicht geschieht mit dem Tod ja etwas ähnliches wie im Schlaf. Oder vielleicht gar nichts…..
Warum macht das Sterben uns bloß solche Angst? Wo das doch alle getan haben! Milliarden und Abermilliarden von Menschen…. Wenn du es dir genau überlegst – und das ist ein schöner Gedanke, den natürlich schon viele angestellt haben - ,ist die Erde, auf der wir leben, im Grunde ein riesiger Friedhof. Ein immens großer Friedhof all dessen, was gewesen ist. Wenn wir anfangen würden zu graben, fänden wir überall zu Staub verfallene Knochen, die Überreste des Lebens. Kannst du dir vorstellen, wie viele Abermillarden von Lebewesen auf dieser Erde gestorben sind? Sie sind alle da!
Wir laufen ständig über einen unendlich großen Friedhof. Das ist seltsam, denn wir stellen uns Friedhöfe immer wie Orte der Trauer vor, Orte des Leidens, der Tränen. Dieser immens große Friedhof aber, die Erde, ist wunderschön! Mit all den Blumen, die darauf wachsen, mit all den Ameisen und Elefanten, die darüber laufen. Er ist die Natur!
Aus: Das Ende ist mein Anfang
Titiano Terzani
Ein kluges, schönes Buch, das ich Euch sehr empfehle!
Gestern sah ich den Film und auch er hat mich berührt: http://www.dasendeistmeinanfang.de/
Samstag, 13. August 2011
Was es ist
Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe
Erich Fried
Freitag, 12. August 2011
Man sagt...Emily Dickinson
Man sagt, "die Zeit bringt Linderung -
Die Zeit hat nie gelindert -
Denn Sehnen gleich wächst wahres Leid
im Alter unvermindert -
Die Zeit ist Prüfstein unserer Not -
Jedoch kein Heilungstrank -
Beweist sie das, beweist sie auch,
Der Kranke war nie krank -
Emily Dickinson
Bild: Edward Hopper
Die Zeit hat nie gelindert -
Denn Sehnen gleich wächst wahres Leid
im Alter unvermindert -
Die Zeit ist Prüfstein unserer Not -
Jedoch kein Heilungstrank -
Beweist sie das, beweist sie auch,
Der Kranke war nie krank -
Emily Dickinson
Bild: Edward Hopper
Who has not found the Heaven - below -
Who has not found the Heaven - below -
Will fail it above -
For Angels rent the House next our's
Wherever we remove -
Emily Dickinson
Wer nicht den Himmel unten fand,
Verfehlt auch oben ihn -
Denn Engel wohnen nebenan,
Wohin wir immer ziehn -
Foto: Michael S. Zypern 2011
Donnerstag, 11. August 2011
Weil du nicht da bist
Weil du nicht da bist, sitze ich und schreibe
All meine Einsamkeit auf dies Papier.
Ein Fliederzweig schlägt an die Fensterscheibe.
Die Maiennacht ruft laut. Doch nicht nach mir.
Weil du nicht bist, ist der Bäume Blühen,
Der Rosen Duft vergebliches Bemühen,
Der Nachtigallen Liebesmelodie
Nur in Musik gesetzte Ironie.
Weil du nicht da bist, flücht ich mich ins Dunkel.
Aus fremden Augen starrt die Stadt mich an
Mit grellem Licht und lärmendem Gefunkel,
Dem ich nicht folgen, nicht entgehen kann.
Hier unterm Dach sitz ich beim Lampenschirm;
Den Herbst im Herzen, Winter im Gemüt.
November singt in mir sein graues Lied.
»Weil du nicht da bist« flüstert es im Zimmer.
»Weil du nicht da bist« rufen Wand und Schränke,
Verstaubte Noten über dem Klavier.
Und wenn ich endlich nicht mehr an dich denke,
Die Dinge um mich reden nur von dir.
Weil du nicht da bist, blättre ich in Briefen
Und weck vergilbte Träume, die schon schliefen.
Mein Lachen, Liebster, ist dir nachgereist.
Weil du nicht da bist, ist mein Herz verwaist.
Mascha Kaléko
All meine Einsamkeit auf dies Papier.
Ein Fliederzweig schlägt an die Fensterscheibe.
Die Maiennacht ruft laut. Doch nicht nach mir.
Weil du nicht bist, ist der Bäume Blühen,
Der Rosen Duft vergebliches Bemühen,
Der Nachtigallen Liebesmelodie
Nur in Musik gesetzte Ironie.
Weil du nicht da bist, flücht ich mich ins Dunkel.
Aus fremden Augen starrt die Stadt mich an
Mit grellem Licht und lärmendem Gefunkel,
Dem ich nicht folgen, nicht entgehen kann.
Hier unterm Dach sitz ich beim Lampenschirm;
Den Herbst im Herzen, Winter im Gemüt.
November singt in mir sein graues Lied.
»Weil du nicht da bist« flüstert es im Zimmer.
»Weil du nicht da bist« rufen Wand und Schränke,
Verstaubte Noten über dem Klavier.
Und wenn ich endlich nicht mehr an dich denke,
Die Dinge um mich reden nur von dir.
Weil du nicht da bist, blättre ich in Briefen
Und weck vergilbte Träume, die schon schliefen.
Mein Lachen, Liebster, ist dir nachgereist.
Weil du nicht da bist, ist mein Herz verwaist.
Mascha Kaléko
Mittwoch, 10. August 2011
Do you remember...
Do you remember still the falling stars
that like swift horses through the heavens raced
and suddenly leaped across the hurdles
of our wishes--do you recall? And we
did make so many! For there were countless numbers
...of stars: each time we looked above we were
astounded by the swiftness of their daring play,
while in our hearts we felt safe and secure
watching these brilliant bodies disintegrate,
knowing somehow we had survived their fall.
Rainer Maria Rilke
Bild: Marc Chagall
Weinende Seele
Es ist still, ich hör nur den Wind,
seh am Himmel ein Wolkenmeer,
und am Weg ein weinendes Kind,
das rennt einem Ball hinterher.
Erinnerung stürzt auf mich ein,
und erweckt die Vergangenheit,
in der ich so hilflos allein,
erlebte viel Kummer und Leid.
Was geschah ist lange schon her,
hat meinen Kindheitstraum zerstört,
doch das Geschehene wiegt schwer,
weil mein Flehen niemand gehört.
Nichts von dem hab ich je erzählt,
es blutet noch heute mein Herz,
weil diese Erinnerung quält,
und mir Tränen rinnen vor Schmerz.
Mein Leben, nach außen ein Traum,
das jeder so sieht wie er will,
doch in mir, im innersten Raum,
da weint meine Seele - ganz still.
Horst Rehmann
Danke, liebe Anna Maria für diesen traurigen Text - an dieser Stelle Dir und Stefan gewidmet!
Dienstag, 9. August 2011
Kennst du das auch?
Kennst du das auch, daß manchesmal
Inmitten einer lauten Lust,
Bei einem Fest, in einem frohen Saal,
Du plötzlich schweigen und hinweggehn mußt?
Dann legst du dich aufs Lager ohne Schlaf
Wie Einer, den ein plötzlich Herzweh traf;
Lust und Gelächter ist verstiebt wie Rauch,
Du weinst, weinst ohne Halt - Kennst du das auch?
Hermann Hesse
Montag, 8. August 2011
Abendlied
Warum, ach sag, warum
geht nun die Sonne fort?
Schlaf ein, mein Kind, und träume sacht,
das kommt wohl von der dunklen Nacht,
da geht die Sonne fort.
Warum, ach sag, warum
wird unsere Stadt so still?
Schlaf ein, mein Kind, und träume sacht,
das kommt wohl von der dunklen Nacht,
weil sie dann schlafen will.
Warum, ach sag, warum
brennt die Laterne so?
Schlaf ein, mein Kind, und träume sacht,
das kommt wohl von der dunklen Nacht,
da brennt sie lichterloh!
Warum, ach sag, warum
gehn manche Hand in Hand?
Schlaf ein, mein Kind, und träume sacht,
das kommt wohl von der dunklen Nacht,
da geht man Hand in Hand.
Warum, ach sag, warum
ist unser Herz so klein?
Schlaf ein, mein Kind, und träume sacht,
das kommt wohl von der dunklen Nacht,
da sind wir ganz allein.
Wolfgang Borchert
Klage
Ich ging durch die Menge
und stieß an unselige Dinge,
durch meine Finger rieselte Staub.
Ich kam in den Schatten des Waldes,
ein Vogel flatterte einsam,
und aus dem lautlosen Moos
blühte das rötliche Kraut.
Ich bleibe die fremde Gestalt
in meines Zimmers befremdlichem Raum,
ich bin eine Zwergin unter den Aufrechten.
Wer reicht ihn mir nieder,
des Himmels lieblichen Saum?
Paula Ludwig
aus: P.L.: Der himmlische Spiegel, 1927
Das Leben ist ewig...
Das Leben ist ewig,
und die Liebe unsterblich,
und der Tod nur ein Horizont -
und ein Horizont nichts
als die Grenze unseres Blicks
Sonntag, 7. August 2011
Tears, Idle Tears
Tears, idle tears, I know not what they mean,
Tears from the depth of some divine despair
Rise in the heart, and gather to the eyes,
In looking on the happy Autumn-fields,
And thinking of the days that are no more.
Fresh as the first beam glittering on a sail,
That brings our friends up from the underworld,
Sad as the last which reddens over one
That sinks with all we love below the verge;
So sad, so fresh, the days that are no more.
Ah, sad and strange as in dark summer dawns
The earliest pipe of half-awakened birds
To dying ears, when unto dying eyes
The casement slowly grows a glimmering square;
So sad, so strange, the days that are no more.
Dear as remembered kisses after death,
And sweet as those by hopeless fancy feigned
On lips that are for others; deep as love,
Deep as first love, and wild with all regret;
O Death in Life, the days that are no more.
Alfred Lord Tennyson, 1809-1892
Samstag, 6. August 2011
Das Leben
Von den Alten zu den Jungen
Muß das Leben wandern.
Was du gestern noch bezwungen,
Bezwingen morgen schon die andern.
Das Lied, das du gestern gepfiffen im Weitertraben,
Will schon morgen der andern Lippen haben.
Und dir entschwundene Augenblicke kannst du sehen,
Wie sie im Blut der Jungen auferstehen.
Darüber, seit ich`s erfahre, muß ich die Hände falten,
Muß leiden, daß ich mich wandle, und laß es walten.
Das Leben - ach, einst da kam es umhalsend gesprungen,
Jetzt grüßt es noch im Vorüberschweben und geht zu den Jungen.
Max Dauthendey, 1867-1918
Ein Text, der den Verlust der Gesetzmäßigkeit sehr spürbar werden läßt!
Bild: Peter Wewer
Muß das Leben wandern.
Was du gestern noch bezwungen,
Bezwingen morgen schon die andern.
Das Lied, das du gestern gepfiffen im Weitertraben,
Will schon morgen der andern Lippen haben.
Und dir entschwundene Augenblicke kannst du sehen,
Wie sie im Blut der Jungen auferstehen.
Darüber, seit ich`s erfahre, muß ich die Hände falten,
Muß leiden, daß ich mich wandle, und laß es walten.
Das Leben - ach, einst da kam es umhalsend gesprungen,
Jetzt grüßt es noch im Vorüberschweben und geht zu den Jungen.
Max Dauthendey, 1867-1918
Ein Text, der den Verlust der Gesetzmäßigkeit sehr spürbar werden läßt!
Bild: Peter Wewer
Freitag, 5. August 2011
Balsam der Enttäuschung
Ich stieß beim Lesen wieder einmal auf eine Buchstelle, die ich Euch nicht vorenthalten will - zum Thema "Enttäuschung". Eine mögliche Sicht - und ein schönes Buch!
...."Enttäuschung gilt als Übel. Ein unbedachtes Vorurteil. Wodurch, wenn nicht durch Enttäuschung, sollten wir entdecken, was wir erwartet und erhofft haben? Und worin, wenn nicht in dieser Entdeckung. sollte Selbsterkenntnis liegen?
Wie also sollte einer ohne Enttäuschung Klarheit über sich selbst gewinnen?
Wir sollten Enttäuschungen nicht seufzend erleiden als etwas, ohne das unser Leben besser wäre. Wir sollten sie aufsuchen, ihnen nachspüren, sie sammeln. Warum bin ich enttäuscht, dass…….. Was haben wir denn von den anderen erwartet?
Menschen, die ihr Leben unter der unbarmherzigen Herrschaft von Schmerzen leben müssen, sind oft darüber enttäuscht, wie sich die anderen verhalten, auch diejenigen, die bei ihnen ausharren. Es ist zu wenig, was sie tun und sagen und auch zu wenig, was sie fühlen „Was erwarten Sie denn“? frage ich. Sie können es nicht sagen und sind bestürzt darüber, dass sie jahrelang eine Erwartung mit sicher herumgetragen haben, die enttäuscht werden konnte, ohne dass sie Näheres über sie wussten.
Einer der wirklich wissen möchte, wer er ist, müsste ein ruheloser, fanatischer Sammler von Enttäuschungen sein, und das Aufsuchen enttäuschender Erfahrungen müsste ihm wie eine Sucht sein, die alles bestimmende Sucht seines Lebens, denn ihm stünde mit großer Klarheit vor Augen, dass sie nicht ein heißes, zerstörerisches Gift ist, die Enttäuschung, sondern ein kühler, beruhigender Balsam, der uns die Augen öffnet über die wahren Konturen unserer selbst……“
Aus: Nachtzug nach Lissabon (Pascal Mercier)
Foto: Tür auf Hydra
Ich will!
Ich will! - Das Wort ist mächtig,
Spricht's einer ernst und still;
Die Sterne reißt's vom Himmel,
Das eine Wort: Ich will! -
Friedrich Halm, 1806-1871
Donnerstag, 4. August 2011
Meine Grabschrift
Viel genossen, viel gelitten,
Und das Glück lag in der Mitten;
Viel empfunden, nichts erworben,
Froh gelebt und leicht gestorben.
Fragt nicht nach der Zahl der Jahre —
Kein Kalender ist die Bahre,
Und der Mensch im Leichentuch
Bleibt ein zugeklapptes Buch.
Deshalb, Wand`rer, zieh`doch weiter,
Denn Verwesung stimmt nicht heiter.
Ferdinand Sauter, 1804-1854
Mittwoch, 3. August 2011
Ich bin nicht ich
Yo no soy yo.
Soy este
que va a mi lado sin yo verlo;
que, a veces, voy a ver,
y que, a veces, olvido.
El que calla, sereno, cuando hablo,
el que perdona, dulce, cuando odio,
el que pasea por donde no estoy,
el que quedará en pié cuando yo muera.
Juan Ramón Jiménez
Ich bin nicht ich.
Ich bin jener,
der an meiner Seite geht, ohne dass ich ihn sehe;
den ich manchmal besuche,
und den ich manchmal vergesse.
Er, der schweigt, gelassen, wenn ich spreche,
er, der verzeiht, sanft, wenn ich hasse,
er, der wandelt, wo ich nicht bin,
er, der aufrecht bleiben wird, wenn ich sterbe.
Soy este
que va a mi lado sin yo verlo;
que, a veces, voy a ver,
y que, a veces, olvido.
El que calla, sereno, cuando hablo,
el que perdona, dulce, cuando odio,
el que pasea por donde no estoy,
el que quedará en pié cuando yo muera.
Juan Ramón Jiménez
Ich bin nicht ich.
Ich bin jener,
der an meiner Seite geht, ohne dass ich ihn sehe;
den ich manchmal besuche,
und den ich manchmal vergesse.
Er, der schweigt, gelassen, wenn ich spreche,
er, der verzeiht, sanft, wenn ich hasse,
er, der wandelt, wo ich nicht bin,
er, der aufrecht bleiben wird, wenn ich sterbe.
Im Verständnis des irischen Malers Francis Bacon ist der Tod ein Ereignis, das dem Leben eingeschrieben und daher koexistent und immanent ist:
„Ich selbst habe das Gefühl von Sterblichkeit die ganze Zeit. Weil einen das Leben erregt, muss das Gegenteil, der Tod, wie ein Schatten von ihm, einen auch erregen, aber man ist sich seiner in der gleichen Weise bewusst, wie man das Leben spürt, ähnlich dem Drehen einer Münze, das Leben bedeutet oder Tod. Ich spüre das sehr genau bei anderen und bei mir natürlich auch. Ich bin jedes Mal überrascht, wenn ich morgens wieder aufwache.“
(Bacon, Gespräche mit David Sylvester)
Dienstag, 2. August 2011
Gemeinsam
Vergesset nicht
Freunde
wir reisen gemeinsam
besteigen Berge
pflücken Himbeeren
lassen uns tragen
von den vier Winden
Vergesset nicht
es ist unsre
gemeinsame Welt
die ungeteilte
ach die geteilte
die uns aufblühen läßt
die uns vernichtet
diese zerrissene
ungeteilte Erde
auf der wir
gemeinsam reisen
Rose Ausländer
Montag, 1. August 2011
Versöhnung
Wieder ein Morgen
ohne Gespenster
im Tau funkelt der Regenbogen
als Zeichen der Versöhnung
Du darfst dich freuen
über den vollkommenen Bau der Rose
darfst dich im grünen Labyrinth
verlieren und wiederfinden
in klarerer Gestalt
Du darfst ein Mensch sein
arglos
Der Morgentraum erzählt dir
Märchen
du darfst
die Dinge neu ordnen
Farben verteilen
und wieder
schön sagen
an diesem Morgen
du Schöpfer und Geschöpf
Rose Ausländer
Foto: Irland 2010
ohne Gespenster
im Tau funkelt der Regenbogen
als Zeichen der Versöhnung
Du darfst dich freuen
über den vollkommenen Bau der Rose
darfst dich im grünen Labyrinth
verlieren und wiederfinden
in klarerer Gestalt
Du darfst ein Mensch sein
arglos
Der Morgentraum erzählt dir
Märchen
du darfst
die Dinge neu ordnen
Farben verteilen
und wieder
schön sagen
an diesem Morgen
du Schöpfer und Geschöpf
Rose Ausländer
Foto: Irland 2010
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