"Und manchmal, während wir so schmerzhaft reifen, dass wir beinahe daran sterben, erhebt sich aus allem, was wir nicht begreifen, ein Gesicht und sieht uns strahlend an" Rainer Maria Rilke
Freitag, 9. Januar 2009
Kleiner Prinz
»Diese Nacht wird es ein Jahr. Mein Stern wird sich gerade über
dem Ort befinden, wo ich letztes Jahr gelandet bin ...«
»Kleines Kerlchen, ist sie nicht ein böser Traum, diese Geschichte
mit der Schlange und der Vereinbarung und dem Stern ...«
Aber er antwortete nicht auf meine Frage.
Er sagte: »Was wichtig ist, sieht man nicht ...«
»Gewiß ...«
Das ist wie mit der Blume. Wenn du eine Blume liebst, die auf
einem Stern wohnt, so ist es süß, bei Nacht den Himmel zu
betrachten. Alle Sterne sind voll Blumen.«
»Gewiß ...«
»Das ist wie mit dem Wasser. Was du mir zu trinken gabst, war
wie Musik, die Winde und das Seil ...du erinnerst dich ...es war gut.«
»Gewiß ...«
»Du wirst in der Nacht die Sterne anschauen. Mein Zuhause ist zu
klein, um es dir zeigen zu können, wo es umgeht. Es ist besser so. Mein
Stern wird für dich einer der Sterne sein. Dann wirst du alle Sterne
gern anschauen ...Alle werden sie deine Freunde sein. Und dann
werde ich dir ein Geschenk machen ...«
Er lachte noch.
»Ach! Kleines Kerlchen, kleines Kerlchen! Ich höre dieses Lachen
so gern!«
»Gerade das wird mein Geschenk sein ...Es wird sein wie mit
dem Wasser ...«
»Was willst du sagen?«
»Die Leute haben Sterne, aber es sind nicht die gleichen. Für die
einen, die reisen, sind die Sterne Führer. Für andere sind sie nichts
als kleine Lichter. Für wieder andere, die Gelehrten, sind sie
Probleme. Für meinen Geschäftsmann waren sie Gold. Aber alle
diese Sterne schweigen. Du, du wirst Sterne haben, wie sie niemand
hat ...«
»Was willst du sagen?«
»Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es dir sein, als
lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf
einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne haben, die lachen
können!«
Und er lachte wieder.
»Und wenn du dich getröstet hast (man tröstet sich immer), wirst
du froh sein, mich gekannt zu haben. Du wirst immer mein Freund
sein. Du wirst Lust haben, mit mir zu lachen. Und du wirst manchmal
dein Fenster öffnen, gerade so, zum Vergnügen ...Und deine
Freunde werden sehr erstaunt sein, wenn sie sehen, daß du den
Himmel anblickst und lachst. Dann wirst du ihnen sagen: ,Ja, die
Sterne, die bringen mich immer zum Lachen!' und sie werden dich für
verrückt halten. Ich werde dir einen hübschen Streich gespielt haben...«
Und er lachte wieder.
»Es wird sein, als hätte ich dir statt der Sterne eine Menge kleiner
Schellen geschenkt, die lachen können ...«
Und er lachte noch immer. Dann wurde er wieder ernst:
»Diese Nacht ...weißt du ...komm nicht!«
»Ich werde dich nicht verlassen.«
Antoine de Saint-Exupéry
So häufig gelesen - und immer wieder so berührend!
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