"Und manchmal, während wir so schmerzhaft reifen, dass wir beinahe daran sterben, erhebt sich aus allem, was wir nicht begreifen, ein Gesicht und sieht uns strahlend an" Rainer Maria Rilke
Mittwoch, 21. Januar 2009
Klagen
Klagen um mein süßes, liebes Kind
Das Kindlein spielt draußen im Frühlingsschein
und freut sich und hatte soviel zu sehen
wie die Felder schimmern und die Ströme gehen -
da sah der Abend durch die Bäume herein,
der alle die schönen Bilder verwirrt.
Und wie es nun ringsum so stille wird,
beginnt aus den Tälern ein heimlich Singen,
als wollt's mit Wehmut die Welt umschlingen,
die Farben vergehn, und die Erde wird blass.
Voll Staunen fragt's Kindlein: Ach, was ist das ?
Und legt sich träumend ins säuselnde Gras;
da rühren die Blumen ihm kühle ans Herz,
Und lächelnd fühlt es so süssen Schmerz,
und die Erde, die Mutter, so schön und bleich,
küsst das Kindlein und läßt's nicht los,
zieht es herzinnig in ihren Schoß
und bettet es drunten gar warm und weich,
still unter Blumen und Moos. -
"Und was weint ihr, Vater und Mutter, um mich?
In einem viel schöneren Garten bin ich,
der ist so groß und weit und wunderbar...
und mitten zwischen den Blumen und Scheinen
steht die schönste von allen Frauen,
ein glänzend Kindlein an ihrer Brust. -
Ich kann nicht sprechen und auch nicht weinen,
nur singen immer und wieder dann schauen
still vor großer, seliger Lust."
Eichendorf
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