7. Juli 2000
„Tomorrow is going to be the worst day in your life.“ – „Morgen wird der schrecklichste Tag deines Lebens sein....“ – der erste Gedanke nach dem Aufwachen und in wenigen Stunden würde ich würde Florian sehen! Ich würde aber auch all den Menschen begegnen, die kommen würden um Florian’s letzten Weg zu begleiten....Würden es viele sein? Ich wünschte es mir auf der einen Seite – ich wünschte es mir für Florian – ich hatte aber auch große Angst vor diesen Begegnungen – Menschen aus einem anderen Leben.... ich spürte es wohl bereits an diesem Tag... vielleicht damals zum ersten Mal!
Eine unendliche Stille lag über unserem Haus, über dem Garten, den ich –wie jeden morgen barfuß durchschritt, die Natur, die Bäume um Kraft für das Kommende bittend:
Es kündigte sich ein Sommertag an, nachdem die letzten Tage eher herbstlich gewesen waren.
Mein Sohn war zurück , mein Sonnenkind – und ich verspürte eine tiefe Ungeduld, zu ihm zu kommen, bei ihm zu sein – einen letzten, einen allerletzten Moment in diesem Leben!
„It’s going to be the worst day in your life....“ War dies nicht der Tag der fürchterlichen Nachricht gewesen? Ich nahm diesen Satz mit mir... in diesen 7. Juli 2000.
Meine Kollegin hatte mir Garderobe gebracht, alles, was sie an Schwarzem finden konnte... und doch entschied ich mich, ein einfaches, langes schwarzes Sommerkleid zu tragen, das ich oft anhatte – auch als Florian hier war – mein Lieblingskleid, eine Hülle, die mir für die nächsten Stunden Sicherheit geben sollte. Ich mußte eine Identität suchen, die in mir nicht mehr vorhanden war....
Während wir am Vortag auf Florian’s Rückkehr gewartet hatten, schrieben Hans-Jürgen und ich jeweils einen Brief an ihn, den wir ihm mitgeben würden auf seine letzten Reise. Ich weiß noch genau, daß ich diesen Brief kaum schreiben konnte, ich konnte ja nicht begreifen, was geschehen war, ich hatte also auch keine Worte, die ich an Florian richten wollte... es fiel mir so schwer und der Brief wurde holperig... erst gegen Schluß ahnte ich, was ich schreiben müsse... ich dankte ihm für unser gemeinsames Leben!
Bevor wir losfuhren, um Eimear abzuholen, ging ich noch einmal umher und suchte Geschenke für Florian: Ich schnitt ihm einen kleinen Rosenstrauß im Garten und Salbei und dann dachte ich an Eimear und schnitt auch für sie einen Rosenstrauß... Ich nahm den Pullover, den ich wenige Tage nach Florian‘ Abreise für ihn gekauft
hatte.. ich hatte ihm am Telefon schon davon erzählt. Nun sollte er ihn mitnehmen, nun sollte er ihn warm halten. Ich steckte Florian‘ Lieblingsschokolade ein, die noch von seinem Besuch übrig geblieben war, und ich griff nach einen kleinen Duftbeutel „Seabreeze“ steht darauf und ein Boot und eine Möwe sind dort abgebildet... Meeresluft....
Als wir den Friedhof betraten, stand vor der Kapelle ein junger Mann, ich kannte ihn nicht, er mußte einer von Florian’s Freunden sein. Traurig und verloren sah er zu uns herüber. Ich spürte Mitleid. Wir gingen zur Treppe an der Seitenfront der Kapelle, die in den Kellerraum führt, in dem wir Florian aufgebahrt wußten. Die graue Flügeltür war noch verschlossen.
Mir fiel auf, wie steil dieses Treppe war.
Es betraten immer mehr Menschen den Friedhof, ihre Gesichter waren voller Entsetzen, voller Trauer, sei weinten, sie waren blaß. Es kamen unsere Familien, unsere Freunde, Florian’s Freunde, waren da. KollegInnen, Nachbarn, Lehrer der Schule, in der Florian Abitur gemacht hat, Klassenkameraden....Der Strom der Menschen riß nicht ab...
Ich sah immer wieder nach Eimear. Sie war unruhig, rannte umher und sagte, sie wolle Florian nicht noch einmal sehen. Ihre Eltern waren bei ihr, ihre Schwester.
Ich sah das Ausmaß der Tragödie, in deren Mittelpunkt ich stand, in all diesen Gesichtern.
Ich war völlig abgeschnitten von meinen Gefühlen. Ich ließ mich umarmen und ich tröstete.
Ich trocknete Tränen und hatte selbst keine einzige. Ich sah Gesichter, die ich lange nicht gesehen hatte, ich freute mich über ihr Kommen... sie alle waren für meinen Sohn gekommen, sie alle wollten Abschied nehmen – wie ich. Ich war gerührt und dankbar.
Dann öffnete sich die Tür – und ich zuckte zusammen vor Schreck und Angst. Zum ersten Mal hatte ich angst vor dem Moment, der mir nun bevorstand: mein Abschied von Florian.
Ich bat Breda, Eimears Mutter, mich zu begleiten. Sie hatte Florian nach seinem Gehen bereits gesehen, sie hatte ihn in Dublin im Krankenhaus identifiziert, lange bei ihm gesessen und die Totenwache gehalten. Sie hatte mir davon am Telefon erzählt. Sie hatte mir gesagt, wie friedvoll sein Gesicht war, daß er schlief, nur schlief! Sie war der Mensch, an dessen Hand ich diese steilen Treppen hinunterstieg....
Mit jeder Stufe dieser steil abfallenden Treppe näherte ich mich dem meerblauen Sarg, in dem Florian ruhte. Zunächst sah ich nur ein kleines Stück dieses Blau und eine weiße Decke und dann näherte ich mich meinem Sohn mit jedem Schritt. Jede Stufe dieser Treppe gab ein weiteres Stück Blick auf Florian frei.... ich erblickt seine Hände, die neben seinem Körper lagen, seine Arme, und dann gab der Blick sein Gesicht frei... sein blasses, ernstes Gesicht.
Ich dachte an Eimear’s Worte: „This is not Florian, this is just his body“...“Dies ist nicht Florian, dies ist lediglich sein Körper“... und ich lies Breda’s Hand los und näherte mich langsam meinem schlafenden Sohn. Mich ergriff eine tiefe, tiefe alles umhüllende Zärtlichkeit. Ich kniete neben ihm nieder, streichelte sein Haar, sein Gesicht... es war so schrecklich kalt, ich hatte den Impuls, ihn wärmen zu wollen, meinen Sohn, mein Kind und legt den Pullover über seine Brust. Sein Haar schien das einzig Lebendige zu sein sein Gesicht wirkte entspannt, einen leisen Zug von Trotz wollte ich um seinen Mund herum entdeckt haben. Seine Hände rührten mich so sehr... sie erschienen mir mit einem mal so klein, so zart. Ich berührte ihn, seinen Körper, ich legte meine Geschenke neben ihn.
Am Fuße des Sarges entdeckte ich den dunklen Teddy, den ich ihm damals mit nach Irland gegeben hatte, als er sein Land verließ. Er rührte mein Herz und für einen Moment drohte ich die Fassung zu verlieren... ein kleines Zeichen aus unserem Leben tauchte auf...Den Teddy hatte ich ihm mitgegeben, damit er ihn beschütze... Eimear hatte dafür gesorgt, daß er mit ihm auf diese letzte Reise ging, da er immer neben ihm in seinem Bett gelegen hatte... Und ich nahm diesen Teddy und legte ihn nah neben Florian’s Gesicht und bat ihn, ihm auf dieser Reise, die sie nun zusammen antreten würden, etwas Schönes zu erzählen....
Ich lief noch einmal durch die Menschen, die mir entgegenkamen hindurch, um Eimear zu suchen und fand sie war im Gespräch mit Florian’s Vater. Ich ging zu ihr und bat sie, mit mir zusammen noch einmal zu Florian zu gehen... Ich glaube, ich zog sie schließlich hinter mir her – erneut diese Treppen hinab und dann knieten wir beide neben ihm.
Eimear’s liebes junges Gesicht spiegelte in diesem Moment allen Schmerz, den sie durchlitt und es brach mir das Herz. Zugleich sah ich Freude in ihren Augen, als sie Florian’s Hände sah. In Irland waren sie zugedeckt gewesen und es hatte ihr so weh getan.. Florian’s Hände liebte sie ganz besonders. Sie schaute zu mir herüber uns sagte: „Gabi he has changed, he is home now!“ – „Gabi, er hat sich verändert: er ist jetzt zu Hause!“.... Ach Eimear, geliebtes Mädchen, was waren Worte wie diese für Geschenke... Ja, Florian war zu Hause, dies waren meine Gedanken und eine tiefe Dankbarkeit ging über zu Eimear, die mir Florian zurückgebracht hatte.
Ich nahm die Menschen nicht mehr wahr, die diese Treppe hinauf und hinabkamen...Ich hüllte mich ein in dieses letzte Bild....
Wir betraten die Kapelle, die ich von einem Begräbnis eines Mädchens aus Florian`s Schule bereits kannte... Sheila. Sie hatte sich nur eine Woche nach ihrem 16. Geburtstag das Leben genommen. Am 6. November 1992 hatte ich Florian zum Begräbnis begleitet. Eine Sekunde kamen die Bilder zurück, als ich diesen schönen, schlichten Raum betrat....doch vorn zwischen den vielen Blumen stand ein meerblauer Sarg, auf den ein silbernes Boot gezeichnet war und auf dem ein weiteres Boot stand, das noch heute auf seinem Grab steht. Es ist eines der vielen Boote, die unser Haus schon damals schmückten ... in Gedanken an Florian`s Metapher.
Ich hatte Hans-Jürgen wieder gefunden, wir setzten uns zusammen mit Eimear, die wir in unsere Mitte nahmen und Stephan, seinem Sohn in die erste Reihe. Ich hatte den Ablauf dieses Requiems an andere delegiert und ich war so dankbar und froh, denn zum ersten Mal an diesem Tag drohten meine Kräfte mich zu verlassen... ich spürte einen tiefen Wunsch, mich fallen zu lassen... ich spürte, daß nach diesem Abschied von Florian eine große Leere, ein riesiges Vacuum auf mich warteten und ich wollte mich dieser Leere hingeben.... und dann spürte ich Eimear’s Hand auf meiner und ich sah in ihr Gesicht und ich wußte, daß ich sie nicht im Stich lassen durfte... und ich sah auf diesen Sarg und ich wollte nicht mehr daran denken, daß dort Florian lag... nun konnte ich den Gedanken nicht mehr ertragen...
Die Kapelle füllte sich, ich warf einen Blick zurück und sah, daß die Menschen nach Stühlen suchten, daß sie sich in den Eingängen drängten.... Sie alle kamen für Florian .....und dann erklang Musik – die Musik, die ich für ihn ausgewählt hatte – Musik aus Irland und es wurde still und in Eimear`s Hand sah ich einen kleinen Bilderrahmen mit einem Foto von Florian und ihr – aufgenommen an ihrem 18ten Geburtstag. Sie und Florian stecken lachend ihre Köpfe zusammen... und meine Kehle war voller stummer Schreie, die Luft wurde eng und flimmerte vor meinen Augen... und wieder drang Eimear’s Stimme zu mir....“Gabi, he is looking down on us“.... „Gabi er schaut auf uns herunter...“
Everybody hurts sometime“ „Wenn du denkst, von diesem Leben genug zu haben, dann bleibe dran, laß dich nicht gehen, Jeder erleidet einmal Schmerz“.... The Corrs. Die CD ist ein Geschenk von Florian, das Lied wie ein Gruß von ihm aus einer anderen Welt.
http://www.youtube.com/watch?v=8r_ubcUd-gE
Ich sah Stephan bitterlich weinen neben Hans-Jürgen, ich sah seine Hand in der seines Vaters. Ja, wir mußten stark sein, stark für uns – und stark für die, die uns nun brauchten.
W. Mankiewicz, unser geistlicher Begleiter liest aus dem Ersten Brief von Paulus an die Korinther:
„Die Liebe höret nimmer auf, so doch die Weissagungen aufhören werden und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser Weissagung ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und war klug wie ein Kind und hatte kindliche Anschläge; da ich aber ein Mann ward, tat ich ab, was kindlich war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Wort; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin. Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.....“
Dann tritt Jutta vor die versammelten Menschen und hält die Totenrede für Florian.
....."Wir nehmen Abschied von Florian in dem tröstlichen Wissen, daß sein lichter Geist bei und in den Menschen bleiben wird, die er berührte.
Florian hat inzwischen eine Erfahrung gemacht, die uns allen noch bevorsteht und die sich nicht vermitteln läßt - es geschehe denn durch die Offenbarung im Glauben, sagt Max Frisch in einer Totenrede.
Florian’s sterblicher Leib ist vor uns in einem meerblauen Sarg mit einem Schiff gebettet. Schiffe, Wasser - über Jahre eine Metapher für Lebensfluß, Bewegung in der Zeit, - für Florian und Gabi, seine Mum, in ihren Gesprächen, in ihren Briefen. Ihr schreibt Florian aus Camphill: „ Du hast mir den Kompaß mit auf meinen Weg gegeben und ich lernte hier, ihn zu nutzen: In den Schiffen begleiten ihn auch immer wieder wichtige Menschen seines Lebens.
Zwischen Hans-Jürgen und Florian wird der Leuchtturm zu ihrem Symbol: der gab Orientierung. Und Zeichen, von denen Florian so manche aufnahm in sein Handeln oder sie in seinen persönlichen Ausdruck integrierte. Sichtbares Zeichen der Verbundenheit von beiden.
Ein weiteres Bild von Wasser und Lebensfluß, welches Florian, Gabi und Hans-Jürgen verband: das Florian immer den sicheren Hafen Köpenick anlaufen könne, wenn es zu stürmisch auf der See seines jungen Lebens werden sollte.
Florian Hafen der Kindheit war Egg, im Schwarzwald, bei seinem Großvater. Köpenick wurde zum verlässlichen Hafen für den jungen Mann.
Gabi und Eimear, Ihr habt in Verbundenheit Übereinstimmung gefunden, was Florian sich gewünscht hätte: hier zur letzten Ruhe gebettet zu werden, mitten in Berlin auf einem üppig-grünen alten Friedhof, wo auch seine jungen Freunde sein Grab gut erreichen können, wenn sie Zwiesprache mit Florian halten möchten.
Nicht gewünscht hätte sich Florian, daß hier, heute, ein Abriß über sein Leben erfolgt –
So wie es Florian ohnehin fremd war, im Mittelpunkt stehen zu wollen.
Deshalb werden seine drei engsten Berliner Freunde, Mirco, Boris und Mirjam aus Briefen, die er an Gabi schrieb, und in die Hans-Jürgen immer einbezogen war, vorlesen. Die Briefe kamen aus Irland, wo Florian seit September 1996 in der anthroposophischen Einrichtung Camphill mit „Menschen mit besonderen Bedürfnissen“ arbeitete - und – mit ihnen lebte. Diese dreijährige Erfahrung hat Florian noch einmal entscheidend geprägt: durch die Annahme dieser Herausforderung entwickelte er eine Ausstrahlung wie wenige seines Alters. Er erfuhr, wieviel Verantwortung man ihm zutraute, er sich auch zutrauen konnte und wollte.
Die Spuren, die Florian dort hinterlassen hat, werden bleiben. Florian wurde sich seines Anteils daran mehr und mehr bewußt, und er zeigt ebenso Stolz wie auch Dankbarkeit .
Für diese Erfahrung. An Gabi schrieb er: „Du hast mich nicht nur Ideale gelehrt oder sie mir anerzogen, Du hast sie auch gelebt“.
Seine Briefe erzählen auch von seiner Liebe zu Irland, von seiner Lebenslust, von Freundschaft und von Spaß. – Und wenn es im Pub mal 4 Uhr früh wurde, gemolken wurde trotzdem um 7 Uhr.
Florian hat diese Zeit zu begrenzen vermocht, obwohl man ihn sehr gerne lange in Camphill gesehen hätte.
Er entschied sich, diese Erfahrung in ein Psychologiestudium zu integrieren. Und dies in Dublin. Und in Verbundenheit mit Dir, Eimear. Mit Dir plante Florian sein Leben dort.
Die Unterstützung und den Segen von Hans-Jürgen und Gabi war Euch so sicher wie auch die Liebe zu Euch als jungem Paar von Eimear`s Eltern....."
......
Ich sehe Florian’s Freunde dort stehen, hinter seinem Sarg, an einem erhöht liegenden Pult und ich höre Florian’s Worte, Florian’s Gedanken aus ihrem Mund.. ich kann zum ersten Mal in diesen Tagen weinen und die Tränen haben etwas Erlösendes... Erneut ertönt Musik: Song for Ireland – ein Liebeslied an dieses Land, das wir immer wieder auch zusammen gehört haben. Ich spürte eine tiefe Liebe zu Irland. Ich zürnte nicht mit dem Land, in das Florian zum Sterben zurückgegangen war. Nein, ich würde diesem Land immer meine Achtung und meine Liebe zollen – ich würde es für Florian weiter lieben und besuchen!
Eimear hatte ich am Abend vorher gebeten, wenn sie die Kraft dazu hätte, etwas für Florian zu sagen. Sie hatte bei der Trauerfeier in Dublin Florian’s Gedicht, das Sonett XVIII von Shakespeare, mit dem er einst ihr Herz erobert hatte, vorgetragen und sie bat, es auch hier für ihn rezitieren zu dürfen. Ich erinnere diesen Moment als den ergreifendsten dieser Gedenkfeier: Eimear schritt an Florian’s Sarg vorbei nach vorn auf das Podium - begleitet von ihrer Schwester Helena – und sie sprach in ruhigen, festen Worten dieses wunderschöne Gedicht:
„Shall I compare Thee to a summer`s day
Thou art more lovely and more temperate“...
„Soll ich dich einem Sommertag vergleichen,
dich, der du milder bist und lieblicher“......
und
„ So long as men can breathe and eyes can see
so long lives this and this gives life to Thee“...
„Solange Menschen atmen, Augen sehn
so lang wird dies, und du, der darin lebt, bestehn“.....
Eimear’s Liebe zu Florian füllte den Raum, jeder konnte es spüren und ich sah in Gedanken Florian’s strahlendes Gesicht und seinen Stolz in den Augen... seine „kleine Prinzessin“ war weit über sich hinaus gewachsen! Und dann sprach sie in irisch das Vaterunser für ihn Florian und endete in Irisch mit den Worten: Ich liebe dich!
Es erklang das Stück Musik, das Eimear sich gewünscht hatte: My love is your love:
http://www.youtube.com/watch?v=WL9Q7oDL_f4&feature=related
"..Wenn morgen das Jüngste Gericht wäre und ich stünde ganz vorn und Gott würde mich fragen, was ich aus meinem Leben gemacht habe, würde ich sagen, ich habe es mir dir verbracht...“ „Meine Liebe ist deine Liebe – Sogar wenn die Ewigkeit anbräche, sogar dann könnten die Sterne uns nicht halten“....“Wenn ich genau an diesem Tage sterben würde Weine nicht –weil ich nicht auf Erden bleibe... Und es ist egal, was die Menschen sagen. Ich werde oben im Himmel waren, auf den Tag des Jüngsten Gerichts....“
Es folgten eine Meditation und ein Gebet.
Gott, wir klagen dir unser Unglück
Wir haben Florian sehr geliebt
Wir können es nicht fassen,
das du ihn uns genommen hast
Wir bitten dich:
bleibe nicht stumm über unsere Klage,
gib uns den Mut zum Sein zurück,
der uns entgleiten will;
gib uns die Kraft, nicht zu rechten und zu fragen
sondern still zu sein.
Wir danken dir für die kurzen Jahre,
die erfüllt waren mit Leben
mit herrlichem, starkem, lebensfrohem Leben.
Wir danken dir für die Freude,
die wir daran gehabt haben,
für alle Spuren, die sein Leben gezogen hat
in der Seele derer, die ihm nah waren.
Wir bitten dich für ihn:
Laß ihn umfangen sein, jetzt im Tod
Von der Allmacht deiner Liebe, des ewigen Lebens
Amen
Enya und das wunderschöne Stück – „On your shore“, mein Abschiedslied für meinen Sohn:
http://www.youtube.com/watch?v=umN18Fu7y2s„Wie seltsam mein Herz mir schlägt, mich selbst hier zu finden, an deinem Strand, wie seltsam ich mich fühle, längst habe ich meine Ruhe verloren....“ und „Kühle Wellen prallen zurück und driften hinfort mit Träumen von dir. Irgend etwas ist stärker .. Ich konnte dich nicht lange genug halten....“
beendeten das Requiem und die Sargträger nahmen den meerblauen Sarg hoch und wir schritten hinter ihnen aus der Kapelle und traten den letzten gemeinsamen Weg mit Florian an. Wir durchschritten hinter einem Wagen, der den Sarg trug, den von hohen wunderschönen alten Bäumen überschatteten breiten Mittelweg des Friedhofes. Er steigt immer mehr an und so wurde dieser letzte Weg sinnbildlich ein steiler,
beschwerlicher Weg hin zu dem Ort, den wir als Florian’s Ruhestätte gewählt hatten ein kühler Platz zwischen einer riesigen alten Eiche und einem Ahorn. Ihre hohen Äste wirkten wie die Kuppel einer grünen Kathedrale.
Unterwegs, als wir vom Hauptweg abbogen, sah ich zurück und ich war unendlich berührt von dieser nicht endendem Prozession von Menschen, die Florian’s Sarg folgten, es waren weit über einhundert!
Ich hatte darum gebeten, am Grab von Beileidsbezeugungen abzusehen, ich wollte diese letzten Minuten mit meinen eigenen Gedanken alleine sein unter den mir ganz nahen Menschen. Wir standen im großen Kreis um das Grab, noch einmal ergriff der Geistliche das Wort und segnete Florian.
Wir wollen lieben, weil kein Tod uns die Liebe nehmen kann,
die wir empfangen haben und neu geben können.
Denn nun blieben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei,
aber die Liebe ist die größte unter ihnen....“
Florian wurde in die Erde gelassen und somit versank das Leben, das ich ihm einst geschenkt hatte, für immer und ewig aus meinen Augen, aus meinem Blick... ein unvorstellbarer Gedanke und viel zu laut hallte der Aufprall der Erde, die ich in diese Grube warf, auf seinem Sarg wieder.. ich erschrak, es schmerzte so sehr .... nie wieder, nie wieder, mein Sohn.....
„Nichts wird jemals wieder so sein wie es war“.... stand auf der Schleife der Blumen, die Hans-Jürgen und ich ihm als letzten Gruß hinterlassen würden.....
Eimear hatte Erde aus Irland mitgebracht, die sie auf den Sarg fallen ließ und dann traten wir beiseite und der lange Strom der Menschen löste sich auf und jeder trat vor das offene Grab und warf Sand und Blumen hinab und mit ihnen sein Adieu an einen Freund, einen Sohn, einen jungen Menschen. Wir sahen in die Gesichter, auf die gebeugten Rücken derer, die den Schmerz zuließen. Wir standen und ich erklärte Eimear neben mir, in welcher Beziehung Florian oder Hans-Jürgen und ich zu all diesen Menschen standen.
Die Sonne schien auf uns herab, als wäre dies ein einfacher Sommertag... mich fröstelte, ich wünschte mich weg von hier, weg in die Stille; ich wünschte mich zurück in mein Leben; ich wünschte mir Florian zurück. Ich wünschte mir, aus diesem Film, in dem ich in diesen Stunden neben Florian mit Eimear und Hans-Jürgen die Hauptrolle spielte, heraustreten zu dürfen, den Regisseur zu bitten, die Rolle neu zu besetzen, meinen Sohn aufzuwecken und mit nach Hause zu nehmen...und ich befürchtete mehr und mehr, daß all dies kein Film sei und das Stück Leben, das nun vor mir lag, gerade erst begonnen hatte....
Heute bin ich 11 Jahre "weiter" - und an diesem Tag schmelzen die Jahre auf den Moment zusammen, den wir damals erlebte... als wäre er gerade geschehen.... Heute vor 11 Jahren und mein Jahr Zwölf hat begonnen! Ein neues Jahr in einer neuen Zeitrechnung!
Rest in Peace my son, my sun my beautiful son..
Mom
1 Kommentar:
danke
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