Donnerstag, 31. Juli 2008

Sterntaler

Peter Wewer "Die Umarmung"




Ich habe in den letzten Wochen so wundervolle Post bekommen... "fremde" Menschen schreiben mir Gedanken von ihren Herzen - und diese Worte, sie fallen wie "Sternschnuppen" in mein Leben.

Wir alle kennen dieses Märchen vom Sterntaler. Dort heißt es:

"Und wie es so stand und gar nichts mehr hatte, fielen auf einmal die Sterne vom Himmel, und waren lauter blanke Taler; und ob es gleich sein Hemdlein weggegeben, so hatte es ein neues an, und das war vom allerfeinsten Linnen. Da sammelte es sich die Taler hinein und war reich für sein Lebtag."

Und so fühle ich mich manchmal: ich habe unendlich viel verloren, einen Teil von mir, einen wundervollen Teil meines Lebens. Und zugleich öffnete mir dieses Schicksal neue Wege - bringt mir neue wundervolle Menschen und ihre Worte sind meine Sterntaler! Es ist ein anderer Reichtum, als das Leben mit Florian, aber es ist ein "Reichtum" und ich wäre undankbar, würde ich dies nicht auch zu schätzen wissen. Worte sind wertvoll - Worte können so vieles bewirken, sie können trösten, ermutigen. Trauernde sind Suchende - und bleiben es.. und es ist die Suche nach Sinn - nach Worten, die zu erklären vermögen, was geschah... was uns geschah...

Ich möchte allen danken, die sich an mich wenden, die mir Zeit schenken, denen, die ein Stück es Trauerweges mit mir gehen, denen die kamen und blieben und denen, die weitergehen. Ich habe wundervolle, mutige, kluge und mitfühlende Menschen kennen gelernt - als "Sternschnuppen", die ich aufgefangen habe. Ich habe jede mail, die ich in all den Jahren erhielt, ausgedruckt und aufbewahrt... Worte als "Sterntaler"- Worte wie eine tröstende Umarmung.
Von Herzen Dank!

Dienstag, 22. Juli 2008

Geduld





....."Und ich möchte Dich so gut ich kann bitten, Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in Deinem Herzen, und zu verstehen; die Fragen selbst lieb zu haben wie verschlossene Stuben, und die Bücher, die in fremden Sprachen geschrieben sind. Forsche jetzt nicht nach den Antworten, die dir nicht gegeben werden können, weil du sie nicht leben könntest, und es handelt sich darum, alles zu leben, vielleicht lebst du dann allmählich - ohne es zu merken in die Antworten hinein."

Reiner Maria Rilke

Montag, 21. Juli 2008

Seele - Anam


Der Körper wohnt in der Seele (John O’Donohue, „Landschaft der Seele“)

Wir müssen lernen, der indirekten Seite unserer selbst zu vertrauen. Unsere Seele ist die versteckte Seite unseres Geistes und unseres Körpers. Die abendländische Kultur hat seit Jahrhunderten immer wieder versucht, uns weiszumachen, die Seele wohne im Leib.
Man dachte früher, sie sitze in einem kleinen, besonders „verfeinerten“ Bereich des Körpers.
Vielfach stelle man sie sich als weiss vor. Wenn ein Mensch starb, flog die Seele, wie man glaubte, davon, und der leere Körper fiel in sich zusammen.
Diese Auffassung von der Seele scheint absolut falsch zu sein. Tatsächlich ist das Verhältnis von Körper und Seele gemäß der älteren und archaischen Anschauung genau umgekehrt:
Der Körper wohnt in der Seele. Unsere Seele reicht weiter in die Welt hinein als der Körper, und gleichzeitig durchdringt sie unseren Körper und unseren Geist. Unsere Seele besitzt weit empfindlichere Antennen als unser Verstand und unser Ich. Das Vertrauen in diese halbschattige Dimension bringt uns zu neuen Orten im menschlichen Abenteuer. Aber wir müssen loslassen, um zu sein., Wir müssen aufhören, uns zu zwingen, oder wir werden niemals unsere Bestimmung erreichen. Etwas Archaisches in uns arbeitet daran, Neues zu erschaffen. Tatsächlich bedarf es nur wenig, um ein wahres Gefühl für unsere spirituelle Individualität zu entwickeln. Eine der wenigen absolut unerlässlichen Bedingungen ist Stille; die andere ist Einsamkeit. Einsamkeit ist eines der kostbarsten Dinge, die sich im menschlichen Geist befinden. Einsamkeit bedeutet nicht, sich einsam zu fühlen. Wenn wir uns einsam fühlen, sind wir uns unserer Abgesondertheit, unseres Getrenntseins, sehr bewusst.Wahre Einsamkeit aber kann eine Heimkehr zu unseren eigentlichen Zugehörigkeit sein.

Freitag, 18. Juli 2008

Noch einmal sprechen...



Ich lese wieder einmal in Florians Briefen – dem größten Schatz, den ich besitze.. Es sind viele Briefe – Briefe aus Irland - Briefe aus einem anderen Leben.


17.09.1997

Liebe Mum,

ich sitze gerade am Schreibtisch in Dungarvan (endlich bin ich wieder einmal am Meer) und schaue in den wunderbaren Abendhimmel über Irland. Die fast untergegangene Sonne strahlt ein paar Wolken an, die sich vereinzelt am rot gefärbten Himmel befinden...


....Heute, als ich nach dem teabreak zu unserem Haus gelaufen bin, hätte ich mir so gewünscht, Ihr wäret hier. Ich würde Euch so gerne zeigen, was ich den ganzen Tag mache, wo und wie ich lebe und arbeite. Ich war auf einmal so stolz auf mich, so froh, daß ich den Schritt gemacht habe, auch wenn die Konsequenzen oft schmerzhaft sind.
Wie jetzt, wo ich Dich gerne in den Arm nehmen würde. Ich habe am Telefon an Deiner Stimme gehört, dass Dir Deine momentane Situation zu schaffen macht. Ich fühle mich so hilflos! Langsam fange ich wieder an, Kraft aufzubauen. Ich würde Dir so so gerne helfen, bin aber zu weit weg.....


....Manchmal sage ich mir, egal welche Entscheidung ich treffe, mit Dir als Mutter kann eh nichts schief gehen! …..Ihr seid der Anker meines Lebensschiffes. Ich bestimme zwar Weg und Richtung, aber Ihr gebt mir Festigkeit und den Kontakt zum Grund. Ohne Euch würde ich vielleicht in einer unachtsamen Stunde abgetrieben, vom Weg gelenkt werden.


Bitte glaube mir, dass ich diese Tatsache nie vergesse, auch wenn Du es nicht immer fühlst, aber unsere Zeit kommt noch! Versprochen! Nach 19 Jahren festgefahrener Position kann sich dies nicht von heute auf morgen ändern. Vor allem nicht ohne Kontakt und Zeit….“


*****

Noch einmal sprechen


Noch einmal sprechen

von der Wärme des Lebens

damit noch einige wissen:

Es ist nicht warm

aber es könnte warm werden.

Bevor ich sterbe

noch einmal sprechen

von Liebe

damit noch einige sagen:

Das gab es

das muss es geben.

Noch einmal sprechen

vom Glück der Hoffnung auf

Glück

damit noch einige fragen:

Was war das

wann kommt es wieder?


Erich Fried

Dienstag, 15. Juli 2008

Es ist was es ist


Diesseits und Jenseits

Florians "little garden" im Mai 2008







.....Setzt man für das Wort „Diesseits“ „die sichtbare Welt“ und für das „Jenseits“ die „unsichtbare Welt“, so wird sofort deutlich, dass beide Welten eine untrennbare Einheit bilden. Denn „sichtbar“ kann nur bedeuten: zugänglich für den menschlichen Augensinn. Schon die Welt der Töne, der Geräusche, der Musik ist unsichtbar. Nur grenzenlose Kurzsichtigkeit kann der Meinung sein, dass das Wesen de Welt allein im Sichtbaren erfassbar ist. Jede Pflanze, jedes Tier, jeder Mensch hat eine sichtbare Außenseite und eine unsichtbare Innenseite. Doch entscheidend ist, dass die sichtbare Außenseite bei allen Lebewesen wesentlich von der unsichtbaren Innenseite her geprägt wird. Die Wahrnehmung der Außenseite zwingt zur Anerkennung der wirksamen Innenkraft als Leben, Seele und Geist. Diese sind für den Augensinn nicht wahrnehmbar, aber wohl durch Empfindung und Denken erschließbar.
Tatsache ist, dass in dem Maße, wie das Diesseits durch die Naturwissenschaft aufgehellt wurde, sich das Jenseits der Einsicht der Menschen verschließt...“

Aus "Diesseits" von Johannes Hemleben

Montag, 14. Juli 2008

Nacht ohne Schlaf


In Nächten wie dieser ist mein Kopf ein buntes Kaleidoskop von sich ständig bewegenden, immer neuen Bildern.. Erinnerungen, Fetzen von Erlebtem, das weit zurück liegt und mich doch immer begleitet. Bilder, die Geschichten erzählen, Bilder die Stimmen in mir aufleben, Gerüche in meiner Nase aufsteigen lassen... tiefe Gefühle, verschüttet, die sich freilegen in meiner Seele..Nächte, in denen die Stunden nur diesen Gedanken, Bildern, Gefühlen gehören - nur Florian!

An der Wand auf die ich von meinem Bett aus schaue, hängt ein Schwarz-Weiss-Foto von Florian, das ihn im Alter von zwei Jahren auf einer Treppe in Dubrovnik sitzend zeigt. Sein kleines Gesicht ist umrahmt von blonden Locken, im Mund ein Schnuller, seine Händchen liegen ruhend in seinem Schoß, sein Blick ist auf einen Punkt in der Ferne gerichtet.

Dies Foto ist unglaublich berührend und es erinnert mich an diesen Urlaub - 1978 im damaligen Jugoslawien.





sommer 1978

der sommer ist heiß und die menschen halten sich im schatten ihrer häuser auf; nur eine gruppe von touristen, die sich in einem häuschen direkt am meer eingerichtet hat, ist auf den ausgestorbenen gassen zu sehen... mit einem schlauchboot unter dem arm – zwei kleine kinder an der hand – schlendern zwei paare am vormittag zum entlegenen strand. am späten nachmittag sieht man sie – erschöpft von der Hitze - zurückkehren.

der weg zum strand führt über einen steilen, sandigen weg, der sich aus dem dorf herausschlängelnd über einen hügel führt. man kann auch direkt am strand über die felsen gehen. manchmal setzen sie das schlauchboot mit den beiden kindern in das wasser und ziehen es hinter sich her – von stein zu stein hüpfend und das helle lachen der kleinen ist zu hören....

es sind ein kleiner blonder junge und ein dunkelhaariges mädchen. der blonde junge hat lockiges haar, das ihm auf seine zarten schultern fällt. meist sieht man diesen kleinen jungen ganz nackt herumlaufen, nur seinen kopf schützt ein kleiner roter hut mit weißen punkten oder blümchen. vor sich her schiebt er seinen leichten buggy, blau-weiß gestreift. jeder im ort kennt ihn und jeder liebt ihn. er kann sich kaum bewegen, ohne dass menschen in verzückung geraten und ihm etwas zustecken - eine saftige orange, eine süßigkeit und manchmal ist er verschwunden. man sieht dann seine blonde mutter durch das dorf gehen, seinen namen rufen und ihn schließlich irgendwo in empfang nehmen – glücklich, strahlend, den mund voller reste dessen, womit man ihn dort gefüttert hat.
seine ganz besondere freundin ist maria, die nachbarin und eigentümerin des kleinen strandhauses. sie kann sich nicht statt sehen an diesem engelsgleichen wesen und immer wieder streichelt sie über sein feines engelshaar. die sprache in der sie sich verständigen ist international, zumal der kleine junge erst ein paar brocken seiner eigenen muttersprache spricht... mama, papa, auto..

das mit dem auto klingt für aussenstehende befremdlich, kommt aber daher, dass der kleine junge in der großen stadt berlin direkt an einer sehr belebten straße wohnt. dort steht er oft am fenster, das gerade so hoch ist, dass er mit dem kopf über den sims schauen kann ... und er bewundert die vielen autos. er liebt autos und er hat inzwischen eine menge davon, mit denen er hingebungsvoll spielt. er ist ein lieber junge, ein bescheidenes kind, das sich den jeweiligen orten, an denen es gerade ist, ganz leicht anzupassen scheint.

vor dem strandhaus, in dem er mit seiner kleinen freundin, deren eltern sehr ängstlich über sie wachen, und seinen eltern lebt, steht ein etwas wackeliger tisch, an dem gegessen wird und – was der kleine junge über alles liebt – eine dusche... eine dusche im freien, aus der frisches, kühles wasser läuft. es ist die einzige dusche im haus und auch die eltern des kleinen jungen sieht man mehrmals täglich dort eine erfrischung nehmen. immer wieder bittet er darum, den wasserhahn aufzu drehen , was er alleine noch nicht schafft, wofür sich aber stets jemand findet - um dann seinen kopf unter den sanften wasserstrahl zu halten---- es ist ein rührendes bild, wenn er quietschend das wassser, das ihm über sein glückliches gesichtchen läuft mit dem mund aufzufangen versucht.. die strähnen seiner blonden haare hängen ihm über die blau-grünen augen und er streicht sie mit der kleinen hand zurück – um von vorn zu beginnen... es ist sein spiel dieses sommers...

in einem weiteren haus sind freunde der eltern einquartiert und dort ist ein anderer junge, der um einiges älter als der kleine junge ist. dieser wird von ihm bewundert und sein erscheinen läßt ihn in jubel ausbrechen. der große junge liegt am liebsten in der alten, morschen hängematte, die zwischen zwei knorrigen bäumen hängt und schaukelt und schaukelt.
manchmal darf der kleine junge einsteigen und dann sitzen sie dort, im schatten dieser knorrigen bäume und sie sprechen leise – und die sprache wäre für die anderen nicht verständlich. der große hat viel geduld mit dem kleinen jungen und manchmal ziehen sie los, hand in hand und gehen am strand entlang und kommen mit schätzen zurück, deren Wert sich den erwachsenen verschließt. der kleine junge ist glücklich.

am strand, der von einmaliger schönheit ist und in einer weiten bucht liegt, die vom ort nicht einsehbar ist , liegen die erwachsenen vormittags faul in der sonne oder schwimmen und der kleine junge spielt im wasser – geschützt durch ein hemdchen, das seinen kleinen po und seine kleinen beinchen frei läßt. seine haut hat sich schon leicht gefärbt und seine haare werden immer blonder. seine mutter führt stets ein besonderes essen für ihm mit, kleine gläser, mit wohlschmeckendem inhalt, der in der sonne schnell warm wird. wenn der kleine Junge hungerig wird , setzen sich beide in den schatten der felsen, er läßt sich füttern und genießt die nähe und die aufmerksamkeit. nach dieser mahlzeit ist er schläfrig und seine mutter legt sich bequem auf ein großes handtuch und der junge legt sich auf ihren bauch und ihre brust. er liebt diesen moment und genießt diese große nähe und seine Mutter wiegt ihn auf sich in den schlaf. meist fällt auch sie in einen leichten schlaf und gibt sich im rauschen des meeres hin und der liebe zu diesem kind, das, so geht ihr in diesen momenten durch den kopf, ein geschenk des himmels sein muß. eine große zärtlichkeit, eine tiefe verbundenheit, eine große wohligkeit umfängt sie beide.
nichts und niemand wird ihr dieses kleine wesen nehmen können und eines tages wird aus dem kleinen jungen ein schöner, kluger junger mann werden.... aber das sind da noch träume und die liegen in weiter, weiter ferne.


*****


Der kleine junge auf dem Foto an der Wand wurde nur 23 Jahre alt. Er ging am 1.7.2000 dorthin zurück, von wo er einst zu seiner Mutter in diese Welt gekommen war.

******


Es ist spät geworden und mein Herz ist etwas ruhiger. Ich höre in die Nacht hinaus und bin immer wieder erstaunt, wie unglaublich still sie ist.. Nicht einmal die Nachtigall ist heute zu hören. Friede liegt über diesem Ort, an dem ich lebe und von dem Florian einmal schrieb, er wolle sich hier "verstecken", sollte das Leben ihn zu überfordern drohen.
Und ich denke an Eimears Worte, als wir an seinem Sarg knieend sein schlafendes Gesicht ein letztes Mal berühren: "He is home now" - "Er ist zu Hause"!



„Wieder und wieder muß unser Herz daran erinnert werden, daß alles, woran es hängt, von uns gehe wird, ja, daß es schon im Begriff ist, von uns zu gehen. Was das Geschick gegeben hat, besitze man mit dem Gedanken, man könne es jeden Augenblick verlieren. Schöpft in vollen Zügen Freude aus dem Leben mit euren Kindern, solange ihr könnt und lasset andererseits eure Kinder sich eurer Liebe erfreuen; ergreifet jede Freude ohne Aufschub, ihr wisset nicht, ob die kommende Nacht – doch ich habe zuviel gesagt – ob die nächste Stunde eurer ist. Eilen muß man, im Rücken droht der Tod. Plötzlich zerstreut sich das Gefolge, plötzlich wird zum Aufbruch geblasen, und das bisherige Zusammenleben hört auf. Das ganze Leben ist ein allgemeinen Raub du eine beständige Flucht. Und ihr Unglücklichen versteht nicht, auf der Flucht zu leben! Du trauerst darüber, daß dein Sohn starb: die Stunde, da er geboren wurde, ist schuld daran; bei seiner Geburt ward ihm der Tod bestimmt. Unter dieser Bedingung ward er dir gegeben; diesem Los ging er von Geburt an entgegen.
Wir stehen unter der harten, unbeugsamen Herrschaft des Schicksals und müssen nach dessen Willkür geduldig Verschuldetes und Unverschuldetes hinnehmen..... Das Schicksal ist eine launische, zügellose Herrin, die sich um ihre Sklaven nicht kümmert und die Strafen und Belohnungen am unrechten Orte austeilt“....

(Seneca)




Samstag, 12. Juli 2008

Segen



Am Tag,

an dem die Last auf deinen Schultern

unerträglich wird

und du strauchelst,

möge die Erde tanzen,

dir das Gleichgewicht wiederzugeben.

Und wenn deine Augen

hinterm grauen Fenster

zu Eis erstarren

und das Gespenst des Verlusts

sich in dich einschleicht,

möge ein Schwarm von Farben,

Tiefblau, Rot, Grün

und Azur herbeikommen,

dich auf einer Au der Freude

aufzuwecken.

Wenn die Leinwand der curach

des Denkens spröde wird

und ein Fleck Ozean

schwarz unter dir wächst,

möge ein Pfad gelben Mondlichts

sich über die Wellen legen,

dich sicher ans Ufer zu führen.

Möge die Nahrung der Erde dein sein,

möge die Klarheit des Lichts dein sein,

möge die Flüssigkeit des Ozeans dein sein,

möge der Schutz der Ahnen dein sein.

Und möge ein sanfterWind diese Worte

der Liebe um dich schmiegen,

wie einen unsichtbaren Mantel,

der dein Leben behüten soll.


Aus "Anam Cara" von John O'Donohue

Freitag, 11. Juli 2008

Blessing




On the day

whenthe weight deadens

on your shoulders

and you stumble,

may the clay dance

to balance you.


And when your eyes

freeze behind

the grey window

and the ghost of loss

gets in to you,

may a flock of colours,

indigo, red, green,and azure blue

come to awaken in you

a meadow of delight.



When the canvas frays

in the currach of thought

and a stain of ocean

blackens beneath you,

may there come across the waters

a path of yellow moonlight

to bring you safely home.


May the nourishment of the earth be yours,

may the clarity of light be yours,

may the fluency of the ocean be yours,

may the protection of the ancestors be yours.

And so may a slow

wind work these words

of love around you,

an invisible cloak

to mind your life.


(Echoes of Memory)
~ John O'Donohue ~ who passed away Jan. 3.2008



+++++


Die Gedanken von John O'Donohue haben mich durch meine Trauer begleitet und immer wieder inspiriert und Wege gewiesen.

Sein Tod hat mich sehr berührt. Er starb wie Florian... Er wachte nicht mehr auf.


May he rest in peace!

Montag, 7. Juli 2008

Der achte Todestag



Steine aus Irland, an irgendeiner Küste, einem Strand gefunden und im Rucksack mitgenommen... Steine umgeben mich. Nie sah ich früher, wie schön sie sind, wie abwechslungsreich; sie tragen Buchstaben, sie haben so vielfältige Farben und Formen, ich sammle "Herz"Steine.. Herzsteine aus Irland.


Gerade war Florians 8. Todestag. Über ihn schreiben kann ich heute (noch) nicht. Aber über dies Gefühl heute: das Gefühl der Leere, der Schwere, der Sehnsucht und der Resignation. Ich vermeide heute die Blicke zu den Fotos... fühle mich, als habe ich eine schwere Krankheit gerade überstanden.. versuche nach vorn zu blicken - und will doch das, was dort in der Vergangenheit liegt, nicht "hinter" mir lassen.. Es ist wohl unsere Natur als Mutter, dass wir die Beschützerinnen unserer Kinder bleiben, ob sie leben oder ob sie gestorben sind. Diesen Verlust genau zu erspüren - es ist das einzige was uns bleibt - und wir haben es nie gewollt.


Einer von zweien

In meinem Gedächtnis wohnst du

Mein Leib ist dein Haus

Mir aus den Augen siehst du den Frühling

Noch immer die rote Kastanie.
Auf dem Fluss jedes Tages

Kommst du geschwommen

Steigst mit jeder Sonne

Mir über den Hügel.

Hände hab ich
Zehn Finger und flinke Füße

Näher kommst du
Ich fasse dich nicht.

Ihr sollt in mir sehen

Einen von zweien

Und hinter meinen Worten

Unruhig horchen

Auf die andere Stimme.

Ihr sollt sehen wie meine Wunde

Zu glühen beginnt

Wenn die Welle kommt

Der Muschelgeruch der Häfen

Wenn im Buchenwald unsichtbar

Maisingen die Vögel.


Marie Luise Kaschnitz (1901-1974)

Heute helfen Gedichte, Worte, die andere fanden für das, wofür ich heute selbst keine Worte habe. Der erste Schritt zurück ins Leben - er ist immer der schwerste.

Bitte




Bitte

Wir werden eingetaucht
und mit dem Wasser der Sintflut gewaschen,
wir werden durchnässt
bis auf die Herzhaut.
Der Wunsch nach der Landschaft
diesseits der Tränengrenze
taugt nicht,
der Wunsch, den Blütenfrühling zu halten,
der Wunsch, verschont zu bleiben,
taugt nicht.
Es taugt die Bitte,
dass bei Sonnenaufgang die Taube
den Zweig vom Ölbaum bringe,
dass die Frucht so bunt wie die Blüte sei,
dass noch die Blätter der Rose am Boden
eine leuchtende Krone bilden,
und dass wir aus der Flut,
dass wir aus der Löwengrube
und dem feurigem Ofen
immer versehrter und immer heiler
stets von neuem
zu uns selbst
entlassen werden.

Hilde Domin

Stairway to Heaven



Coroners Act 1962
Zeugenaussage

Aussage Seamus R., einer der Helfer aus dem Krankentransport

Am 1. Juli 2000 etwa um 17.40 Uhr erhielt ich in der Tara Street Fire Station einen Notruf zum Grosvenor Square 50, Dublin 6. Eine Feuerwehr wurde ebenfalls geschickt .Ich war Begleitung des Krankenwagens. Bei unserer Ankunft sahen wir den Patienten auf dem ersten Treppenabsatz liegen. Er atmete nicht und er hatte keinen Puls. Wir führten die Maßnahmen aus, die bei Wirbelsäulenverletzungen und bei Herzstillstand indiziert sind. Wir gaben dem Patienten zwei Elektroschocks und trugen ihn in den Krankenwagen. Wir fuhren dann sofort zur Ersten Hilfe Station des James’s Hospitals und führten auf dem Weg weiterhin lebensrettende Maßnahmen durch.
Wir hielten nicht an und hatten unterwegs keinen Unfall.

*********
Florian starb auf der Treppe in Dublin, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben am SADS (Sudden Adult Death Syndrom) - dem wohl schicksalhaftesten Tod den es gibt.

Mich erreichte die Nachricht nachts... und nichts wurde jemals wieder wie es war.
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Ich begann zu schreiben und erstellte eine Gedenkseite http://www.trauer-um-florian.de/
Dieser Blog ist die Fortsetzung der Seite, die zwischenzeitlich zu umfangreich geworden ist.


Vielleicht drückt dieses Gedicht meine Motivation des Schreibes aus:

Leb ich um einst dir was aufs Grab zu schreiben
Lebst du, bis ich im Grab lieg wurmzerfressen?
Tod kann dein Bild nicht aus der Welt vertreiben
Bin ich auch längst und Stück für Stück vergessen
In meinen Versen wirst du nie verblassen
Ich, sterb ich, bin gestorben für die Welt
Mich wird man in die Grube fahren lassen
Doch du lebst weiter auch wenn Tod dich fällt
Dein Denkmal sollen künftige Augen lesen
In zarten Versen, die mein Geist ersinnt
Und spätere Zungen sagen noch dein Wesen
Wenn sie, die heute atmen, Tote sind.
So lebst du fort, Kraft meiner Feder Kunde
Bleibst wie ein Atemzug in aller Munde


William Shakespeare (Sonette)