Mittwoch, 31. Dezember 2008

Für Florian


Ich denk’ an dich...

Ich denk’ an dich, und meine Seele ruht
In dem Gedanken aus an dich,
Dem Schiffer gleich, der aus bewegter Flut
Zum stillen Hafen rettet sich.
Als wie am Tag ein wilder Vogel fliegt,
Waldaus, Waldein, nach seiner Lust,
Doch bei der Nacht ins weiche Nest sich schmiegt,
So schmieg’ ich mich an deine Brust.
Ich ruh’ in dir, in deiner Liebe ruht
Der Drang der Seele wild und scheu;
Unsicher ist des Lebensmeeres Flut,
Und du allein bist ewig treu.


Friedrich Rückert (1788-1866)

Jahreswechsel


Wenn hoch vom Turm die Glocken klingen,
In mitternächtlich ernster Stund'
Des Jahres Scheidegruß zu bringen:
Dann lauschen wir, als werd' uns kund,
Was nun der neue Lauf der Horen
Uns Erdenpilgern bieten mag -
Das Jahr ward neuverjüngt geboren
Und festlich grüßt sein erster Tag.

Doch ist vergeblich alles Fragen,
Die Antwort lautet immer gleich:
Propheten sind aus unsern Tagen
Verbannt ins dunkle Sagenreich.
Kein Blick darf in die Werkstatt schweifen,
In der des Menschen Los sich webt,
Kein Arm in das Getriebe greifen,
Das Schicksals-Fäden senkt und hebt!

Das mussten alle wir erfahren
In unsrer Lieben engem Kreis -
Gebrochen müssen wir gewahren
Manch hoffnungsgrüne frisches Reis,
Und wo wir's ahnend kaum vermutet,
Da kam uns Rettung aus der Not,
Indessen dort ein Herz verblutet
Weil ihm sein Liebstes nahm der Tod!

Nur eitel ist das ird'sche Hoffen
Das sich an äußre Zeichen hält,
Ist nicht in uns ein Himmel offen,
Von dem kein Stern herunterfällt.
Wie sehr auch Sturm und Donner wettert
Und frische Hoffnungssaat zerschlägt
Und alle Rosen uns entblättert,
Wie Staub in alle Winde trägt.

....
Louise Otto (1819-1895)

Bild: Peter Wewer: Die Umarmung

Gewidmet allen trauernden Müttern



Geliebte Mutter

Wenn Du Dir Gedanken über den Sinn des Lebens machst,
sollst Du wissen, dass ich bei Dir bin;
Schließe Deine Augen und spüre meinen Kuss
wie einen sanften Luftzug auf Deiner Wange.

Wenn Du zu zweifeln beginnst, ob Du mich je wieder sehen wirst,
werde innerlich still und hör mir zu;
Meine Stimme steckt im Flüstern des Himmels
und wispert Dir zu; „Mein Lieb“.

Wenn Du nicht mehr weißt, was Du tun sollst,
und Dich fragst, wozu Du noch auf der Welt bist,
öffne Dein Herz und sieh mich an;
Ich blinzle Dir zu im Funkeln der Sterne
und leuchte Dir lächelnd Deinen Weg.

Wenn Du am Morgen erwachst
und Dich Deiner Träume nicht mehr erinnerst,
Dich aber ruhig und friedlich fühlst;
Dann war ich bei Dir und füllte
Deine Nacht mir Erinnerungen an mich.

Wenn Du Dich vor Kummer krümmst,
und Dir ein Leben in Frieden nicht mehr vorstellen kannst,
dann denk an mich; Ich bin bei Dir!
Sanft blicke ich aus den Tränen eines gemeinsamen Freundes
und lindere Deinen Schmerz.

Wenn die Sonne am Morgen erneut den verlassenen Himmel erglühen lässt,
in ihrem atemberaubenden Glorienschein,
dann lass Deinen Geist erwachen.
Denk an die Zeit, die uns geschenkt wurde, zu kurz aber wunderschön.
Wenn Du Dir sicher bist, dass wir zusammengehören;
Wenn Du genau weißt, was Dir bestimmt ist.

Erkenne, dass Gott diesen Augenblick für uns geschaffen hat, für uns allein.
Geliebte Mutter, ich werde immer bei Dir sein.

Neujahr


Altes Jahr, du ruhst in Frieden,
Deine Augen sind geschlossen;
Bist von uns so still geschieden
Hin zu himmlischen Genossen,
Und die neuen Jahre kommen,
Werden auch wie du vergehen,
Bis wir alle aufgenommen
Uns im letzten wiedersehen.
Wenn dies letzte angefangen,
Deutet sich dies Neujahrgrüßen,
Denn erkannt ist dies Verlangen,
Nach dem Wiedersehn und Küssen.

Achim von Arnim (1781-1831)

So werd ich manchmal irre an der Stunde




So werd ich manchmal irre an der Stunde...

So werd ich manchmal irre an der Stunde,
An Tag und Jahr, ach, an der ganzen Zeit!
Sie gärt, sie tost, doch mitten auf dem Grunde
Ist es so still, so kalt und zugeschneit!

Habt ihr euch auf ein neues Jahr gefreut,
Die Zukunft preisend mit beredtem Munde?
Es rollt heran und schleudert weit, o weit!
Zurück euch, ihr versinkt im alten Schlunde!

O hätt den Hammer ich des starken Thor,
Auf das Jahrhundert einen Schlag zu führen,
Ich schlüg sein morsches Zeigerblatt zu Trümmern!

Tritt denn kein Uhrenmacher kühn hervor,
Die irre Zeit mit Macht zu regulieren?
Soll sie denn ganz in Staub und Rost verkümmern?

Gottfried Keller (1819-1890)

Dienstag, 30. Dezember 2008

Augenblicke



Augenblicke

Gestern, heute, irgendwann
Jahre zählen nicht.....
seine Stimme steht im Raum
und sie regt sich immer wieder

Morgen, später, niemals mehr
Wochen zählen nicht.....
Und sein Lachen füllt den Raum
und verweht im Nichts

Jetzt und auch in Ewigkeit
Nur die Augenblicke zählen.....
Und er ist als wer er war
im Unendlichen geborgen
und in unseren Herzen aufgehoben

Heute brachte ich Florian - zusammen mit meinem Enkelkind Lion - eine große Sylvesterkerze. Es ist sehr berührend, mit dem kleinen Jungen bei ihm zu sein, Lion von Florian zu erzählen, auf seine Fragen zu antworten, soweit ich es kann.. "Wo ist der Florian, Wenni?" - "Der Florian kann ja nicht hier sein, wenn er ein Engel ist und im Himmel wohnt!..." Manchmal wische ich mir heimlich die Tränen aus den Augen.

Der Trauernden großer Wunsch!



Sprechen zu dürfen
von dir
mit denen die dich kannten
dich liebten
Sprechen zu können
von dir
wie du warst
dich in Worten
wiedererleben
nur ein paar
Stunden lang
Und dann
einschlafen
vor dem nächsten
Alleinsein
das doch
unausweichbar
wartet

(Gitta Deutsch)

Rückschau




winterabends blättere ich
in meinem Leben,
suche Reisig von Erinnerungen
für das Feuer daheim.
Doch am Ende liegt im Korb
nur ein schwerer Stein,
Fundstück des Schicksals.

Tag ohne dich
Nacht ohne dich
Frühling ohne dich
Sommer ohne dich
Herbst ohne dich
Winter ohne dich,
wieder ein Jahr ohne dich.

Freude, das scheue Tier,
hat sich in meinen Garten verirrt.

Leise die Tür öffnen,
eine Schale mit Milch
hinstellen und es wird bleiben.

Doch da ist es wieder auf und davon
Geduld, Geduld,
es kommt schon wieder.

Bleib zu Hause warnt der Schmerz
doch die Seele will vergessen,
das Leben ruft sie vor die Tür,
ist feiern denn vermessen?

Doch da prahlen diese Menschen
so laut mit ihrem Sohn,
ich flieh schnell nach Hause,
ist das der Leichtsinn Lohn?

Margarete Clasen

Dann.....

Dann....
wenn dein Glück kein Glück mehr ist,
dann kann deine Lust noch Lust sein.
und deine Sehnsucht ist noch deine wirkliche Sehnsucht.
Auch die Liebe kann noch deine Liebe sein,
beinahe noch glückliche Liebe
und dein Verstehen kann wachsen.
Aber dann will auch deine Traurigkeit traurig sein
und deine Gedanken werden mehr und mehr deine Gedanken.
Du bist wieder Du und fast zu sehr bei dir.
Deine Würde ist deine Würde
Nur dein Glück ist kein Glück mehr.

(Erich Fried)

Danke, liebe Marie für dies schöne Gedicht! "Nur dein Glück ist kein Glück" mehr, dieser Satz läßt mich weinen!

Sonntag, 28. Dezember 2008

Du bist nicht tot....




Du bist nicht tot,
sondern nur untergegangen wie die Sonne.
Wir trauern nicht über einen,
der gestorben ist,
sondern wie über einen,
der sich vor uns verborgen hält.
Nicht unter den Toten suchen wir dich,
sondern unter den Seligen des Himmels.


(aus Engel-Gedichte/Theodoret von Kyros)

Dieses Gedicht widme ich Yvi, die heute um ihren Sohn Marqui trauert. Ich denke an Euch!

Ich trage dich wie eine Wunde



Ich trage dich wie eine Wunde
auf meiner Stirn, die
sich nicht schließt.
Sie schmerzt nicht immer
und es fließt das Herz
sich nicht daraus tot.
Nur manchmal, plötzlich bin ich blind
und spüre Blut im Mund.

Gottfried Benn

Samstag, 27. Dezember 2008

Trauer



Trauer kann man nicht überwindenwie einen Feind
Trauer kann man nur verwandeln:
den Schmerz in Hoffnung die Hoffnung in tiefes Leben

Sascha Wagner aus: „Noch einmal sprechen von der Wärme des Lebens…“
von Mechtild Voss-Eiser

Freitag, 26. Dezember 2008

Rudolf Steiner


....."Die Toten sind ja fortwährend da…. Wir sind nicht von ihnen getrennt durch unsere Realität, wir sind von ihnen nur getrennt durch den Bewußtseinszustand. Wir sind nicht anders von den Toten getrennt, als wir im Schlafe getrennt sind von den Dingen um uns herum: Wir schlafen in einem Raume, und wir sehen nicht Stühle,… die in dem Raume sind, trotzdem sie da sind. Wir schlafen im sogenannten Wachzustande mit Bezug auf Gefühl und Willen mitten unter den sogenannten Toten… geradeso wie wir die physischen Gegenstände nicht wahrnehmen, die um uns herum sind, wenn wir schlafen. Wir leben also nicht getrennt von der Welt, in der die Kräfte der Toten walten; wir sind mit den Toten in einer gemeinsamen Welt...."


Rudolf Steiner in: "Erdensterben und Weltenleben"

Khalil Gibran über das Licht



Das wahre Licht ist das Licht,
das aus dem Innern der menschlichen Seele hervorbricht,
das den anderen das Geheimnis seiner Seele offenbart
und andere glücklich macht,
so daß sie singen im Namen des Geistes.
Die Wahrheit aber gleicht den Sternen:
sie erscheint nur auf dem dunklen Hintergrund der Nacht.
Die Wahrheit ist wie alle schönen und guten Dinge in dieser Welt:
ihre Wirkungen enthüllen sich nur dem,
der die Unbarmherzigkeit der Falschheit und Verstellung gespürt hat.
Die Wahrheit ist das verborgene Gefühl,
das uns lehrt, uns zu erfreuen
und die Freude mit anderen Menschen zu teilen.


Khalil Gibran

Broken Wings


A tall tree turns and face the west
Oh we’re running with the wind
A high clifftopp we’re waiting with the rest
For this journey to begin

But these broken wings won’t fly
These broken wings won’t fly
These broken wings won’t fly at all

And oh how we laugh maybe we shoud crawl
And ask to be excused
We shout loudly, have answers to it all
Oh but we have been refused

Boy child
You’re dancing with the stream
Growing with the silver trees
Your young questions
You ask me what it means
Oh but I am not at ease

These broken wings won’t fly
These broken wings won’t fly
These broken wings won’t fly at all


(Song by Mary Black)

Unterwegs




immer wieder anhalten,
wahrnehmen, was ist,
uns freuen an dem, was wir erreicht haben,
annehmen, dass nicht alles gelungen ist.
Uns Zeit gönnen,
neue Kräfte schöpfen,
uns neu orientieren,
uns leiten lassen von dem,
was für uns wesentlich ist.
Weiter schreiten, wie es mir entspricht,
in der Hoffnung, dass wir immer mehr werden,
was wir letztlich sein können.

Wieder sehen, was dem Leben Sinn gibt.
Wieder hören, was meine Seele nährt.
Wieder spüren, was letztlich wichtig ist.
Wieder aufstehen und meinen Weg gehen.

Max Feigenwinter
Danke, liebe Marie, für dieses schöne Gedicht!

Donnerstag, 25. Dezember 2008

Komm, Trost der Welt


Komm, Trost der Welt, du stille Nacht!
Wie steigst du von den Bergen sacht,
Die Lüfte alle schlafen,
Ein Schiffer nur noch, wandermüd,
Singt übers Meer sein Abendlied
Zu Gottes Lob im Hafen.

Die Jahre wie die Wolken gehn
Und lassen mich hier einsam stehn,
Die Welt hat mich vergessen,
Da tratst du wunderbar zu mir,
Wenn ich beim Waldesrauschen hier
Gedankenvoll gesessen.

O Trost der Welt, du stille Nacht!
Der Tag hat mich so müd gemacht,
Das weite Meer schon dunkelt,
Lass ausruhn mich von Lust und Not,
Bis dass das ewige Morgenrot
Den stillen Wald durchfunkelt.

Joseph von Eichendorff

Mittwoch, 24. Dezember 2008

Irischer Segen



Vergiß die Träume nicht,
wenn die Nacht
wieder über dich hereinbricht
und die Dunkelheit
dich wieder gefangenzunehmen droht.
Noch ist nicht alles verloren.
Deine Träume und deine Sehnsüchte
Tragen Bilder der Hoffnung in sich.
Deine Seele weiß,
dass in der Tiefe Heilung schlummert
und bald in dir
ein neuer Tag erwacht.

Ich wünsche dir,
dass du die Zeiten der Einsamkeit
nicht als versäumtes Leben erfährst,
sondern dass du beim Hineinhorchen
in dich selbst
noch Unerschlossenes entdeckst.

Ich wünsche dir,
dass dich all das Unerfüllte
in deinem Leben
nicht erdrückt,
sondern dass du dankbar sein kannst
für das, was dir an Schönem gelingt.

Ich wünsche dir,
dass all deine Traurigkeiten
nicht vergeblich sind,
sondern dass du aus der Berührung
mit deinen Tiefen
auch Freude
wieder neu erleben kannst.

Mit diesem irischen Segen möchte ich allen, die hier heute Stille und Trost suchen ein friedvolles, gesegnetes und besinnliches Weihnachtsfest wünschen.
Ich möchte mich von ganzem Herzen für die wundervollen Zeilen, die ich immer wieder -auch von stillen Lesern - erhalte, das warme und zugewandte feed-back auf diese Seiten bedanken. Es ist mir Verpflichtung und Ansporn, zu bleiben und meine Gedanken und Geschenke, die ich auch von anderen erhalte, zu teilen!

Ich möchte Euch ein Lied schicken, das ich gerne mit Eimear geteilt hätte, von der ich aber seit einigen Wochen nichts mehr höre... was mich heute traurig stimmt!

http://de.youtube.com/watch?v=lZwI5wXU1z4&feature=related

Brief an Florian

Besuch gestern an Florians "little garden"..


Die Nacht wird nicht ewig dauern.
Es wird nicht finster bleiben.
Die Tage, von denen wir sagen,
sie gefallen uns nicht,
werden nicht die letzten Tage sein.
Wir schauen durch sie hindurch
vorwärts auf ein Licht,
zu dem wir jetzt schon gehören
und das uns nicht loslassen wird.“

Helmut Gollwitzer


Weihnachten 2008

Geliebter Florian,

draußen fällt Schnee. Ganz sanft fallen dicke Flocken vor Deinem Fenster in das Moos, bleiben einen Augenblick als Kristalle dort liegen – um zu vergehen. Ich schaue ihnen schon eine ganze Weile zu – in Gedanken an diesen Brief, den ich Dir zu Weihnachten schreiben möchte.

Es gab eine lange Zeit, da wusste ich, vor wieviel Tagen Du gestorben bist; nun ertappe ich mich dabei, dass ich an meinen Händen die Jahre zu zählen beginne. Seit acht Jahren bist Du tot und die letzten vier Jahre Deines Lebens warst Du Weihnachten in Irland… Ich kann mich kaum erinnern, wo unser letztes gemeinsames Weihnachten stattgefunden hat..

Es ist ein unruhiger Jahresausgang – und ich komme kaum dazu, meine Gedanken festzuhalten, sie sind wie die Tage, die an mir vorbeirauschen – Tag um Tag – und ich vermisse die Einkehr der Ruhe und Besinnlichkeit, die diese Zeit vor Weihnachten ausmachen sollten. Es ist eine Zeit, der Rückschau – nicht nur auf ein vergangenes Jahr – sie ist für mich auch eine Rückschau auf die Zeit, die Du nicht mehr bei uns bist. Vielleicht ist es schwer, dies noch zu vermitteln – Du bist längst aus dem Focus der meisten Menschen entrückt und ich bin Hüterin der Erinnerung. Ich schreibe viel, ich bekomme viel Post – ich habe diesen Teil meines Lebens Dir und Deinem Gedenken gewidmet – eine gute, eine befriedigende Tätigkeit, Trost zu spenden und Tröstung zu erhalten.
Aber das Leben lebt sich nicht rückwärts, liebster Florian. Es ist schon oft erstaunlich, wie sehr es sich gegen den Tod, das Erinnern, das Gedenken durchsetzt. Das Leben ist stärker und ich habe mich ihm gestellt und erneut verspüre ich im Rückblick auf das vergangene Jahr Veränderung.
Du bist weiter weg gerückt – so schmerzlich es ist, dies zu konstatieren. Ich glaube nicht, dass es „besser ist“ so, aber es ist nicht in meiner Macht, Dich näher bei mir zu behalten. Ihr Toten entfernt Euch – und wir müssen es ertragen.

Man weiß nie, welche Kraft die Quellen des Lebens haben.
Doch leben heißt die Mauern zu überwinden wagen,
die man vor sich selbst errichtet.
Heißt wagen, die Grenzen zu überschreiten,
die man sich setzt.
Leben heißt immer darüber hinausgehen

Dieses Jahr war auch ein besonderes Jahr; das erste Jahr, in dem ich meinen Leben selbst – ohne von außen bestimmt zu sein durch Arbeit – einen Sinn geben musste, meine Zeit mir alleine gehörte und es an mir lag, sie zu füllen mit Sinnhaftigkeit.
Ich denke im Rückblick, dass es mir weitgehend gelungen ist, liebster Florian und es ist eine Balance entstanden zwischen dem rückwärtigen und dem gegenwärtigen Leben. „Leben heißt immer darüber hinausgehen“… Ich habe die gestellten Aufgaben nicht alle erfüllen können und auch nicht wollen. Auch diese Erfahrung war wichtig und meine Gesundheit hat mir oft meine Grenzen aufgewiesen.
Manchmal, mein liebster Sohn fühle ich mich so müde, erschöpft. Manchmal sind meine Augen schwer und ich habe Angst, im Grau zu versinken. Dann wünsche ich mir, dass Du auf den Pfaden der Erinnerung zu mir kommst und erst wieder gehst, wenn meine Gedanken müde werden und der Alltag mich weckt.
Wenn ich nachdenke, Lieber, was mir am meisten fehlt in diesem Leben ohne Dich, dann ist es Dein Lachen, Deine fröhliche Zugewandtheit, die so viel Lebendigkeit in unsere Leben trug. Mit Deinem Tod nahmst Du mein halbes Leben mit.. Das Wort "untröstlich" habe ich früher nie so richtig verstehen können, erst jetzt kann ich das ganze Ausmaß dieses Ausdruckes verstehe: Es gibt einfach keinen Trost, es gibt nur eine neue Art von Frieden seit ich es nicht mehr leugne, dass Du gestorben bist. Leben mit einem gebrochenes Herz, man mag darüber lächeln, aber ich habe lernen müssen, dass auch die eine Wirklichkeit ist. Man stirbt nicht daran, aber man leidet darunter.
Ich finde – trotz Deiner größeren Distanz – noch immer Deine Zeichen und ich spreche mit Dir und ich frage Dich, wenn ich Antworten suche – und ich bin überzeugt, dass Du mich nie verlassen hast und nie verlassen wirst.
Der Abstand zwischen uns zwingt mich zugleich, die Dinge Wert zu schätzen, die mir das Leben gelassen hat und die, die neu hinzu gekommen sind, wie die beiden Enkelkinder, die es wahr gemacht haben, dass aus einem Kindermund das Wort „Granny“ – oder wie sie es sagen „Wenni“ kommt. Manchmal lasse ich es in mir nachhallen – wenn sie es sagen – und es berührt mich tief.
Für Lion und Malia bist Du mein Sohn, der im Himmel lebt. Alle Engel heißen bei Lion „Florian“… und ihnen werde ich von Dir erzählen, wenn sie ein wenig älter sind. Bleibe an ihrer Seite, wie auch an der Seite von Hans-Jürgen und all der Menschen, die ich liebe und ohne die ich mir dieses Leben nicht vorstellen kann.
Behüte uns und segne uns Florian.

Merry Christmas my son, my sun, my beautiful son!

In eternal love
Mom

Dienstag, 23. Dezember 2008

Engel und Federn


Engelflügel sind das Symbol dafür, dass diese Wesenheiten Aufstiegskraft haben.
Wenn wir hier auf unseren Planeten Erde schauen, in der Dreidimensionalität -
Wer kann denn schon fliegen? Es sind hauptsächlich die Vögel, die fliegen können.
Die Vögel können sich von unten nach oben erheben und der Vogel jubiliert bei Sonnenaufgang. Der Vogel erhebt sich zur Sonne hin und der Vogel symbolisiert auch (in der Tiefenpsychologie) immer wieder Seelenkraft, Aufstiegskraft und insofern wird auch dem Engel der Flügel zugeordnet, weil er Aufstiegskraft hat.
Der Engel hat Aufstiegskraft von einer Dimension in die andere.
Der Flügel symbolisiert die Aufstiegskraft und er symbolisiert die Liebe zu Gott.
Flügel sind somit feinstoffliche Organe, symbolische Organe, die den Kontakt herstellen mit den Schwingungen und Substanzen der geistigen Welt.

Flügel sind symbolisch das Gegenteil von Beinen. Flügel haben die Bedeutung, dass man sich zu Gott erhebt. Auch der Mensch kann symbolische Flügel erlangen, erarbeiten, und einen Flügel erarbeitet der Mensch durch die Gnade, durch das Öffnen für die Gnade und den zweiten Flügel erarbeitet der Mensch durch die Aktion -durch die tätige Nächstenliebe. Die Hände symbolisieren die Liebe zum Nächsten, und die Beine, die Füße symbolisieren die Liebe zur irdischen Natur... Dies sind Symbolausdrücke.

Florian schickt mir FEDERN, er schickt mir Teile eines Flügels....
Ich habe immer wieder über diese Federn nachgedacht, wissend, dass sie etwas Besonderes bedeuten.. Jetzt habe ich es verstanden, seine Botschaft verstanden.... Ich bin nah, die Vögel sind die "irdische Übersetzung" des Engels... und ihre Federn sind sein Geschenk...So verstehe ich es jetzt.


(geschrieben 2002)

Rückschau


winterabends blättere ich
in meinem Leben,
suche Reisig von Erinnerungen
für das Feuer daheim.
Doch am Ende liegt im Korb
nur ein schwerer Stein,
Fundstück des Schicksals.

Tag ohne dich
Nacht ohne dich
Frühling ohne dich
Sommer ohne dich
Herbst ohne dich
Winter ohne dich,
wieder ein Jahr ohne dich.

Freude, das scheue Tier,
hat sich in meinen Garten verirrt.

Leise die Tür öffnen,
eine Schale mit Milch
hinstellen und es wird bleiben.

Doch da ist es wieder auf und davon
Geduld, Geduld,
es kommt schon wieder.

Bleib zu Hause warnt der Schmerz
doch die Seele will vergessen,
das Leben ruft sie vor die Tür,
ist feiern denn vermessen?

Doch da prahlen diese Menschen
so laut mit ihrem Sohn,
ich flieh schnell nach Hause,
ist das der Leichtsinn Lohn?

Margarete Clasen

Ich bin deine Freude


Ich bin deine Freude –
Fürchte dich nicht, froh zu sein!
Ich bin in deiner Not,
denn ich habe sie selbst erlitten.
Ich bin in deinem Tod,
denn heute, als ich geboren wurde,
begann ich mit dir zu sterben.
Ich gehe nicht mehr weg von dir
Was immer auch geschieht,
durch welches Dunkel dein Weg
dich auch führen mag –
glaube, dass ich da bin!
Glaube, dass meine Liebe
unbesiegbar ist!
Dann ist auch für dich Weihnacht.
Dann ist auch deine Nacht
Heilige Nacht.
Dann zünde getrost Kerzen an –
sie haben mehr Recht
als alle Finsternis.

Karl Rahner

Die Lilie im Tal



Es gibt Menschen, die wir in der Erde begraben, doch denen,
die uns besonders lieb sind, dient unser Herz als Leichentuch.
Die Erinnerung an sie vermischt sich täglich mit seinen Schlägen,
wir denken mit jedem Atemzug an sie, sie sind nach dem gütigen
Gesetz einer der Liebe eigentümlichen Seelenwanderung
in uns eingegangen. Eine Seele wohnt in meiner Seele.
Wenn durch mich eine gute Tat vollbracht oder ein schönes Wort
gesprochen wird, dann spricht und handelt diese Seele. Alles
Gute in mir entströmt ihrem Grab, wie der Duft, der die
Atmosphäre erfüllt, einer Lilie entströmt.

Honore de Balzac, aus: Die Lilie im Tal

Foto: Grabmal auf der Friedhofsinsel San Miquele/Venedig

Leise Lieder




Leise Lieder sing ich dir bei Nacht,
Lieder, die kein sterblich Ohr vernimmt,
noch ein Stern, der etwa spähend wacht,
noch der Mond, der still im Äther schwimmt;
denen niemand als das eigne Herz,
das sie träumt, in tiefer Wehmut lauscht,
und an denen niemand als der Schmerz,
der sich zeugt, sich kummervoll berauscht.
Leise Lieder sing ich dir bei Nacht,
dir, in deren Aug mein Sinn versank,
und aus dessen tiefem, dunklen Schacht
meine Seele ewige Sehnsucht trank.

Christian Morgenstern

Die Liebe

Die Liebe hemmet nichts.
Sie kennt nicht Tür noch Riegel
und dringt durch alles sich;
sie ist ohn Anbeginn,
schlug ewig ihre Flügel
und schlägt sie ewiglich

(aus: Engel-Gedichte/ Matthias Claudius)

Foto:
Relief an einem Denkmal in Murano / Venedig. Es berührte mich sehr und ich gab ihm den Namen "Die Trösterin". Vielleicht dachte ich dabei auch an meine Rolle in diesem Leben mit der großen Trauer - vielleicht an diesen blog - vielleicht an alle, die hier Trost und Verständnis suchen!

Montag, 22. Dezember 2008

Abschied von Venedig



Einer meiner schmerzlichsten Momente: das Café FLORIAN - die Erinnerung an ein anderes Leben. Ich habe Florian aus diesem Café 1994 auf meiner Hochzeitsreise eine Tasse mit seinem Namen mitgebracht. Er nahm sie mit nach Irland... und sie kam zu mir zurück.
Es sind die Momente, die wir "damals" mit Freude und in Gedanken an die, die heute nicht mehr bei uns sind, erlebt haben - die am schmerzlichsten sind.. FLORIAN - was für ein wundervoll klingender Name.. FLORIAN... und nie mehr.... never again!

http://de.youtube.com/watch?v=baWBHZ7Fo6c

Venedig


An der Brücke stand
jüngst ich in brauner Nacht.
Fernher kam Gesang:
goldener Tropfen quoll's
über die zitternde Fläche weg.
Gondeln, Lichter, Musik -
trunken schwamm's in die Dämmrung hinaus
...
Meine Seele, ein Saitenspiel,
sang sich, unsichtbar berührt,
heimlich ein Gondellied dazu,
zitternd vor bunter Seligkeit.
- Hörte jemand ihr zu? ...

Friedrich Nietzsche

Kerzen in Venedig

"Und manchmal, während wir so schmerzhaft reifen, dass wir
beinahe daran sterben, erhebt
sich aus allem, was wir nicht
begreifen, ein Angesicht - und sieht uns strahlend an."

Rainer Maria Rilke

Ich habe mein Versprechen gehalten: in vielen Kirchen Venedigs brannten Kerzen - nicht nur für Florian - sondern für alle, deren Schmerz ich kenne!

Freitag, 12. Dezember 2008

Venedig



Diese Gondel vergleich ich der sanft einschaukelnden
Wiege,
Und das Kästchen darauf scheint ein geräumiger Sarg.
Recht so! Zwischen der Wieg und dem Sarg wir
schwanken und schweben
Auf dem Großen Kanal sorglos durchs Leben dahin.

J.W. von Goethe
Epigramme Venedig 1790


Liebe Leserinnen und Leser meines blogs,
ich bin für eine Woche in Venedig - eine schon lange geplante Reise, die mir im Moment nicht wirklich ins Leben paßt... aber auch sie vielleicht Ausdruck dieses nie wirklich planbaren Lebens mit der Trauer.
Ich habe - zu meinem Trost - gelesen, dass es in Venedig mehr als 200 Kirchen gibt und ich werde täglich eine von ihnen ansteuern und meine Kerze entzünden im Gedenken an all unsere Toten, die uns so sehr fehlen!
Bleibt mir gewogen - ich komme zurück - mit neuen Inspirationen!

Einen friedvollen, gesegneten 3. Advent!
Gabriele
mit Florian im Licht
http://de.youtube.com/watch?v=jEQ0N9D1NQs&feature=related

Diese Sehnsucht




Dieser Traum den ich lebe,
diese Sehnsucht mit Vor- und Zunamen
dieser Wirbelstrom, gefangen in meinen bebenden Knochen
der heulend seinen Weg durch mein Blut beklagt ....

Ich kann die Zeit nicht verlassen und ihre Verstecke,
das Tal meiner Tage
ist voll namenloser Schatten,
ich gehe in die Einsamkeit wie eine arme Seele
bar aller Vernunft,
Heldin verlorener Schlachten
und wasserloser Krüge.
Ich sinke ein in meinen Körper,
verblute mich in die Venen,
ich kämpfe gegen den Wind,
gegen die Haut, die an meiner klebt.

Was soll ich tun mit meinem Geisterschloß
mit den Sternschnuppen, die mich belagern
da die Sonne mich blendet
- ich sehe nur ihre gelbe Scheibe -
und ihr goldener Schweif mir die Hand leckt
mir die Nächte durchpflügt,
mich entlebt
und mir Unheil bringt ...

Ich werde mich den Wirbelstürmen ausliefern
und so weit fort wie möglich
dies brennende Licht durchqueren.
Ich komme um vor Kälte.

Giaconda Belli

Der Weg



Der Weg unterm Schritt
und die Erde unterm Fuß,
auf die du jetzt trittst,
das wäre ein Ziel,
und das Leben, das du lebst
das wäre ein Ziel.

Nicht das Leben
das du leben möchtest
und nicht der Tag,
der einst kommen wird.

DENN ES IST TAG!

Thomas Rother

Donnerstag, 11. Dezember 2008

Wann ist Weihnachten


Weihnachten ist,
wenn alle bereit sind zum Fest.
Weihnachten heißt:
Mit Hoffnung leben.
Wenn sich die Menschen
Die Hände reichen,
wenn Fremde aufgenommen werden,
wenn einer dem anderen hilft,
das Böse zu meiden
und das Gute zu tun.
Dann ist Weihnachten.

Weihnachten heißt:
Die Tränen trocknen.
Das, was du hast, mit anderen teilen.
Die Not anderer mildern.

Wenn du Unglücklichen beistehst,
dann ist Weihnachten.
Jeden Tag ist Weihnachten,
jedes Mal,
wenn einer den anderen Liebe schenkt.
Wenn die Herzen zufrieden sind.
Wenn Menschen
Menschen glücklich machen,
dann ist Weihnachten.


Weihnachtslied aus Haiti

Zum Einschlafen zu sagen


Ich möchte jemanden einsingen,
bei jemandem sitzen und sein.
Ich möchte dich wiegen und kleinsingen
und begleiten schlafaus und schlafein.
Ich möchte der Einzige sein im Haus,
der wüsste: die Nacht war kalt.
Und möchte horchen herein und hinaus
in dich, in die Welt, in den Wald.
Die Uhren rufen sich schlagend an,
und man sieht der Zeit auf den Grund.
Und unten geht noch ein fremder Mann
und stört einen fremden Hund.
Dahinter wird Stille. Ich habe groß
die Augen auf dich gelegt;
und sie halten dich sanft und lassen dich los,
wenn ein Ding sich im Dunkel bewegt

Rainer Maria Rilke
Das Buch der Bilder

Nachthimmel und Sternenfall



Nachthimmel und Sternenfall

Der Himmel, groß, voll herrlicher Verhaltung,
in Vorrat Raum, ein Übermaß von Welt.
Und wir, zu ferne für die Ausgestaltung,
zu nahe für die Abkehr hingestellt.
Da fällt ein Stern! Und unser Wunsch an ihn,
bestürzten Aufblicks, dringend angeschlossen:
Was ist begonnen, und was ist verflossen?
Was ist verschuldet? Und was ist verziehn?

Rainer Maria Rilke

Mir ist mein ganzes Leben




Mir ist mein ganzes Leben zumut,
als ginge mein Weg oft
an der Hecke des Paradieses vorbei.
Dann streift mich ein warmer Hauch,
dann mein` ich, Rosen zu sehen
und zu atmen,
ein süßer Ton rührt mich zu Tränen,
auf der Stirn liegt es mir
wie eine liebe friedgebende Hand –
sekundenlang.
So streife ich oft vorbei
An der Hecke des Paradieses…

Christian Morgenstern

Mut


Mut gibt es eigentlich gar nicht. Sobald man überlegt, wo man ist, ist man schon an einem bestimmten Punkt. Man muss nur den nächsten Schritt tun. Wer behauptet, er wisse den übernächsten Schritt, lügt. So einem ist auf jeden Fall mit Vorsicht zu begegnen.
Der nächste Schritt aber ist immer fällig. Man weiß ihn genau. Wenn du ihn tust, wirst du dadurch, dass du erlebst, wie du ihn dir zugetraut hast, auch Mut gewinnen. Während du ihn tust, brichst du nicht zusammen, sondern fühlst dich gestärkt.
Es gibt nicht nur die Gefahr, dass du zuviel riskierst, es gibt auch die Gefahr, dass du zu wenig riskierst.
Dem Gehenden schiebt sich der Weg unter die Füße.

Martin Walser

Mittwoch, 10. Dezember 2008

Keine Zeit

Als du gingst
fiel alle Zeit aus dem Rahmen

Das Meer trug unsere Sehnsucht

Sekunden, Minuten, Stunden,
lagen verstreut auf dem Boden

Die Erde trug unsere Schritte

Zahnräder der Zeit

Ich hob sie auf
versuchte die Zeiten zu ordnen

Die Nacht trug unsere Träume

Doch sie war verschwunden
Unsere Zeit

Der Tag trug die Liebe zu Grabe

Das Auto fuhr durch die letzten Sekunden der Nacht
Meine Gedanken waren stehengeblieben

Bei dir

In der letzten Nacht

Mein Gott!
Was soll mir der Tag bringen?

Ohne Nächte
mit dir

Ich steig aus

Aus der Zeit

Und träume mich

zu Dir

Otto Lenk

Bild: Die Unendlichkeit

Zum Mond


Durch Nadelbäume
rollt sich der Mond
über den Horizont
in unser Blickfeld.

Es ist noch der selbe Mond,
wie damals, als alles noch weit
und bunt offen war,
und deine Hand
in meiner ruhte,
als würde sie dort ewig sein.

Ulrich Schaffer

Dienstag, 9. Dezember 2008

Das kleine Glück

Heute Abend möchte ich Euch eine Geschichte erzählen. Einige werden sie noch nicht verstehen können, andere werden sich die Tränen aus den Augen wischen - denn - irgendwie - ist es so - irgendwann!


Ich ging so den Weg meines Lebens - traurig und ohne Hoffnung. Alles war grau in grau, wo ich auch hinschaute, kein Licht war zu sehen und keine Wärme zu spüren.


Da sah ich am Wegesrand etwas aufblitzen, neugierig ging ich näher, wollte sehen was da so leuchtet. Es sah aus wie ein Diamant, nein wie ein Geldschein oder doch eher wie Schmuckstück, das verwirrte mich etwas. Es sah schön aus und ich wollte es aufheben, doch da flatterte es ein Stück weg von mir.
“He bleib hier“ sagte ich erstaunt, “lauf nicht weg.“ “Ich will aber nicht von dir angefasst werden“, meinte dieses winzige Blitzen zu mir. Erstaunt schaute ich das kleine Ding an, “du kannst ja reden.“
“Ja kann ich und ich habe schon oft versucht dich anzusprechen, aber du wolltest mich nicht hören“, erwiderte es. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr raus und hockte mich neben den Winzling, der so schön blitzte. “Und warum kann ich dich dann jetzt hören?“ fragte ich es.
“Vielleicht weil du jetzt endlich so weit bist, mich spüren und empfinden zu wollen.“ lächelte es mich an.Fragend schaute ich es an, “Was bist du eigentlich, du siehst aus wie ein Diamant aber gleichzeitig auch wie ein Geldschein und Schmuckstück aus.“
“Ich bin das was du sucht bzw. das was du meinst suchen zu müssen was dir dein großes Glück bringt,“ erwiderte es, “in meiner wahren Gestalt wolltest du mich nie sehen, deswegen hab ich mich verkleidet.“ “Das versteh ich nicht,“ antwortet ich dem kleinen Ding,“ und warum sollte ich dich jetzt empfinden wollen?“
“Weil du schon so lange auf der Suche nach dem großen Glück bist und so langsam begreifst das es so vielleicht nicht zu finden ist“ grinste es mich an. “Schlaumeier und wie sollte ich es sonst finden können, wie heißt du überhaupt?“ fragte ich es.“Ich bin das kleine Glück und sehe schon seit Jahren das du immer an uns vorbeiläufst, ohne uns zu sehen.“ hüpfte es um mich herum.
Verwirrt schaute ich zu wie es vor mir hin und her hüpfte. Es blitzte und leuchtete mir in die Augen, aber ich konnte immer noch nicht erkennen was es wirklich war.“Warum bist du alleine, gibt es noch mehr von dir?“ fragte ich neugierig. “Es gibt ganz viele von mir, Tausende, ne was sag ich Milliarden von uns.“ lachte es vergnügt, “ich bin nie alleine, so wie du.“
“Ich bin alleine weil mir viel Grausames passiert ist und ich nicht mehr vertrauen kann“, meinte ich schon etwas wütend. So unverblümt hatte mir noch nie jemand so was ins Gesicht gesagt und schon gar nicht so ein Winzling. “Aber ich hab doch recht, “schüttelte es den Kopf, “du bist alleine weil du dir selbst im Weg stehst.“Na toll dachte ich, sitze hier und lass mir von so einem Winzling solche Sachen auf den Kopf zusagen.“Wo sind den die anderen alle, von denen du eben erzählt hast?“ fragte ich schon ziemlich sauer. “Schau dich mit offenen Augen um und du wirst sie sehen,“ strahlte es mich an.
Ich schaute mich um und nahm alles was an meinem Wegesrand grau in grau lag in Augenschein, auf einmal blitzte und blinkte es nur so auf. Überall sah ich tausende von kleinen Lichtern auftauchen die in allen Regenbogenfarben leuchteten.Erstaunt drehte ich mich um und fragte, “Wieso kann ich immer noch nicht erkennen wer ihr wirklich seit?“ “Du musst deine Augen, deine Ohren, deine Tastsinne wirklich aufmachen und deine Seele öffnen die du vor langer Zeit in dir eingesperrt hast weil dein Glück dich verlassen hat,“ meinte es nur.Zitternd weil ich langsam Angst bekam versuchte ich mich wirklich zu öffnen und zu glauben das ich dem Winzling vertrauen kann.
Langsam ließ ich meinen inneren Gefühlen freien lauf und öffnete die Tür zu meiner Seele.Da hüpfte das kleine Glück auf meine Hand und verwandelte sich in eine Träne. “Ich bin deine Träne die Du vor langer Zeit ohne es zu merken verloren hast, weil du das Schöne um dich herum nicht mehr sehen, fühlen, spüren und empfinden konntest, “lächelte sie mich an,“ schau was sich noch alles ändert.“
Ich schaute mich mit offenen Augen um und sah wie sich so nach und nach alle kleinen Lichter in ihre wahre Gestalt zurück verwandelten. Da waren auf einmal viele bunten Farben zu sehen, Schmetterlinge, Käfer, Blumen, Grashalme, Wolken, Bäume, ein kleiner Bach und vieles mehr. Ich saß zwischen all dem schönen und fühlte auf einmal mein Glück, das alles spüren, fühlen, hören und empfinden zu können. Mir liefen die Tränen übers Gesicht, weil ich begriff das all das Schöne um mich herum schon immer da war und ich es nur lange Jahre nicht mehr sehen und spüren konnte. Da streichelte mir der Wind übers Haar, ein kleiner Vogel zwitscherte für mich seine Melodie, die Sonne gab mir Wärme und strahlte mit allen um die Wette. Ich fühlte mich geborgen wie lange schon nicht mehr und wusste ich brauch nicht nach meinem großen Glück suchen. All das Schöne des Lebens zusammen ist mein großes Glück.
Die kleine Träne lächelte mich ganz lieb an und sagte, “Ja das alles war immer um dich herum und hat versucht sich bemerkbar zu machen, wenn du über das Gras gingst streichelte es dich, wenn du an einem Baum vorbei gingst spendete er dir seinen Schatten. Die Schmetterlinge haben nur für dich ihren Reigen getanzt und vieles mehr. Nun lass mich runter und meine Kameraden und ich können in den Kreislauf des Lebens zurückkehren, wir wissen nun dass du alles das sehen, hören, fühlen und empfinden kannst. Du wirst es nicht mehr verlieren auch wenn es dir ab und zu noch schwer fallen wird es anzunehmen, werden wir dir dann jedesmal wenn du weinst, dir die Erinnerung daran bringen.
“Langsam ließ ich meine Träne runter gleiten zu den anderen die den Boden schon berührten und sah zu wie sie im Boden versanken. Da wuchs an dieser Stelle eine kleine weiße Blume die mich anlächelte und sagte,
“Willkommen in Deinem großem Glück“.

When you believe


Heute endlich haben wir Florians Grab seinen weihnachtlichen Schmuck gebracht. Es bedeutet mir dieses jährliche Ritual sehr viel. Wir sind spät dran in diesem Jahr, in dem alles anders ist. Zuviel Unruhe - aber "es ist wie es ist".

Auf dem Weg nach Hause hörte ich eine Cassette, die Eimear mir vor einigen Jahren gemacht hat. Es sind Lieder, die sie besonders mit Florian verbindet.

http://de.youtube.com/watch?v=AA90I6ZlBNA&feature=related

Eimear schreibt zu jedem der songs einen kleinen Text. Zu diesem song schrieb sie:
"Simply love this song. Florian got sick of hearing it" - und ich weinte und lachte zugleich, als ich es las: ich weiß, dass Florian manches Eimer zu Liebe tat - so sicherlich auch dieses Lied vorwärts und rückwärts hören... Er hat Eimear so sehr geliebt! Ich höre diese Musik mit Erinnerungen an ein Leben, das - besonders auch für Eimear - so grausam geendet hat. Sie bleibt unsere "irische Prinzessin". Daran hat die Zeit nichts zu ändern vermocht.

Foto: Florians Grab Weihnachten 2007

Montag, 8. Dezember 2008

Licht




Seit du diesen Ort verlassen hast,
erscheint er in meinem Augenblick
nicht mehr ganz so hell wie zuvor.
Das Strahlen deiner Augen war
das hellste mir in diesen Tagen.

Seit du diesen Ort verlassen hast,
vermisse ich dein Lachen beim
Elfentanz der suchenden Seelen.
Das Lächeln deiner Seele war
das liebste mir in diesen Tagen.

Seit du diesen Ort verlassen hast,
bist du da, denn wenn ich ganz leise,
auf Zehenspitzen, mein Herz besuche,
dann finde ich, welch Zauber, mein
Licht in mir, und nebendran auch deines.

Pablo Neruda

Ich werde vortäuschen...

Ich werde vortäuschen, dich zu vergessen,
damit mein Herz werde was es war.
Doch ich weiß im Voraus, dass bei diesem Tun
Mein Schmerz noch heftiger wird,
noch ewiger währet meine Melancholie

Avicienna

Sonntag, 7. Dezember 2008

Du baust deiner Seele ein Haus


Du baust deiner Seele ein Haus
und du schreitest stolz
im Sternenlicht
mit deinem Haus auf dem Rücken
wie die Schnecke.
Fürchtest du Gefahr,
kriechst du ins Haus
und bist sicher
hinter harter
Schale

Und wenn du nicht mehr bist,
soll das Haus
zurückstehen
und von der
Schönheit deiner Seele
zeugen
Und das Meer
deiner Einsamkeit
soll dort rauschen


Bild: Erzengel Gabriel

Freitag, 5. Dezember 2008

Um Mitternacht



Ich sehe oft um Mitternacht,
Wenn ich mein Werk getan
Und niemand mehr im Hause wacht,
Die Stern' am Himmel an.
Sie gehn da, hin und her zerstreut
Als Lämmer auf der Flur;
In Rudeln auch, und aufgereiht
Wie Perlen an der Schnur.
Und funkeln alle weit und breit
Und funkeln rein und schön;
Ich seh’ die große Herrlichkeit
Und kann mich satt nicht sehn ...
Dann saget unterm Himmelszelt
Mein Herz mir in der Brust:
“Es gibt was Bessers in der Welt
Als all ihr Schmerz und Lust.“
Ich werf mich auf mein Lager hin,
Und liege lange wach,
Und suche es in meinem Sinn:
Und sehne mich darnach.

Matthias Claudius
Kinderbild von Florian

Was ist mir denn so wehe...



Was ist mir denn so wehe?
Es liegt ja wie im Traum
Der Grund schon, wo ich stehe,
Die Wälder säuseln kaum
Noch von der dunklen Höhe.
Es komme wie es will,
Was ist mir denn so wehe -
Wie bald wird alles still.

Joseph von Eichendorff (1788-1857)
(aus: Auf meines Kindes Tod)

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Es stand ein Sternlein




Es stand ein Sternlein am Himmel,
Ein Sternlein guter Art;
Das tät so lieblich scheinen,
So lieblich und so zart!

Ich wußte eine Stelle
Am Himmel, wo es stand;
Tat abends vor die Schwelle,
Und suchte, bis ich's fand;

Und blieb denn lange stehen,
Hatte große Freud in mir;
Das Sternlein anzusehen;
Und dankte Gott dafür.

Das Sternlein ist verschwunden;
Ich suche hin und her
Wo ich es sonst gefunden,
Und find es nun nicht mehr

Matthias Claudius

Sternenkinder



Dieses Gedicht widme ich allen Eltern von "Sternenkindern".

Heut' werden viele Kerzen brennen
und die Dunkelheit durchdringen.
weithin soll man ihr Licht erkennen,
soll'n Wärme in die Herzen bringen.

Jede Kerze wird entzündet
für ein ganz besonderes Kind.
Allen Menschen sei verkündet,
dass wir stolze Eltern sind!

Eltern kleiner Engelein,
die von uns gingen vor der Zeit
in eine Welt, so schön und rein -
geliebt in alle Ewigkeit!

Manch' Seelen nur die Erde streifen,
hört man weise Männer sagen...
schwer ist es dennoch zu begreifen,
noch schwerer manchmal zu ertragen.

Wenn uns auch oftmals Kummer plagt,
weil wir sie so sehr vermissen
und Traurigkeit am Herzen nagt,
gibt uns doch Hoffnung, dass wir wissen:

Der Liebe unsichtbares Band
verbindet uns mit unseren Kindern...
hält jeglicher Belastung stand
und hilft, den Trennungsschmerz zu lindern.

Niemals werden wir vergessen,
nicht verneinen, noch verschweigen,
welch großes Glück wir einst besessen -
dies soll der Glanz der Kerzen zeigen!

Nehmt Euch einander an der Hand
und schaut das helle Lichtermeer -
denkt an das Sternenkinderland,
denn eines wünschen wir uns sehr:

Sie sollen nicht vergessen sein!
Das Schweigen wollen wir bezwingen!
Stimmt alle in den Chor mit ein!
Lasst ihre Namen hell erklingen!

(Ralf Korrek, 18.04.2007)

Foto: Skulptur aus der Gruppe des "Garten der Sternenkinder" auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof, den ich in diesem Jahr mit begründet habe. www.efeu-ev.de

Mittwoch, 3. Dezember 2008

Man sagt...Emily Dickinson

Man sagt, "die Zeit bringt Linderung -
Die Zeit hat nie gelindert -
Denn Sehnen gleich wächst wahres Leid
im Alter unvermindert -

Die Zeit ist Prüfstein unserer Not -
Jedoch kein Heilungstrank -
Beweist sie das, beweist sie auch,
Der Kranke war nie krank -


Emily Dickinson

Dienstag, 2. Dezember 2008

In the arms of the angel



Ich habe Schwierigkeiten, mich im Alltag wieder zurecht zu finden; bin traurig, voller Sehnsucht. Ich spüre die Nähe des Weihnachtsfestes und weiß, dass auch in diesem Jahr Florian sein Versprechen - zu kommen - nicht einhalten wird. Es schmerzt. Ich höre Musik... in Gedanken und im Gedenken an Florian
http://de.youtube.com/watch?v=zZHrbjhwKik&feature=related


Spend all your time waiting
for that second chance
for a break that would make it okay
there's always some reason
to feel not good enough
and it's hard at the end of the day
I need some distraction
oh beautiful release
memories seep from my veins
let me be empty
oh and weightless then maybe
I'll find some peace tonight

In the arms of the angel
fly away from here
from this dark cold hotel room
and the endlessness that you feel
you are pulled from the wreckage
of your silent reverie
you're in the arms of the angel
may you find some comfort here

So tired of the straight line
and everywhere you turn
there's vultures and thieves at your back
the storm keeps on twisting
you keep on building the lies
that you make up for all that you lack
it don't make no difference
escaping one last time
it's easier to believe
in this sweet madness oh
this glorious sadness that brings me to my knees

In the arms of the angel
fly away from here
from this dark cold hotel room
and the endlessness that you feel
you are pulled from the wreckage
of your silent reverie
you're in the arms of the angel
may you find some comfort here
you're in the arms of the angel
may you find some comfort here

Komm, Trost der Welt




Komm, Trost der Welt, du stille Nacht!
Wie steigst du von den Bergen sacht,
Die Lüfte alle schlafen,
Ein Schiffer nur noch, wandermüd,
Singt übers Meer sein Abendlied
Zu Gottes Lob im Hafen.

Die Jahre wie die Wolken gehn
Und lassen mich hier einsam stehn,
Die Welt hat mich vergessen,
Da tratst du wunderbar zu mir,
Wenn ich beim Waldesrauschen hier
Gedankenvoll gesessen.

O Trost der Welt, du stille Nacht!
Der Tag hat mich so müd gemacht,
Das weite Meer schon dunkelt,
Lass ausruhn mich von Lust und Not,
Bis dass das ewige Morgenrot
Den stillen Wald durchfunkelt.

Joseph von Eichendorff

Welcher Engel



Welcher Engel wird uns sagen,
dass das Leben weitergeht,
welcher Engel wird wohl kommen,
wer den Stein vom Grabe hebt?
Wirst du für mich,
werd ich für dich der Engel sein?

Welcher Engel wird uns zeigen,
wie das Leben zu bestehn?
Welcher Engel schenkt uns Augen,
die im Keim die Frucht schon sehn?
Wirst du für mich,
werd ich für dich der Engel sein?

Welcher Engel öffnet Ohren,
die Geheimnisse verstehn?
Welcher Engel leiht uns Flügel,
unsern Himmel einzusehn?
Wirst du für mich,
werd ich für dich der Engel sein?

Wilhelm Willms