Sonntag, 31. Mai 2009

Florian ist im Wind


Das große Geburtstagsfest liegt hinter uns und ich schaue - wieder einmal - dankbar auf ein Ereignis zurück.
Ängstlich haben wir uns diesem Tag - wegen der schlechten Wetterprognose - genähert und schließlich beschlossen, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Ein starker Wind trieb die Wolken am Himmel wie eine Schafherde vor sich her - Irlandwetter - und ich erinnerte Hans-Jürgen an die Erzählungen, die wir in Irland von den Menschen, die dort mir Florian gelebt hatten, nach seinem Tod hörten:
****
Auf dem Feld wurden Kartoffeln in die Erde und anschließend ein Netz darüber gelegt. Zur Hälfte lag es und es wurde eine Zigarettenpause gemacht. Wind kam auf, ergriff das Netz und legte es – ganz akkurat – über den Rest des Feldes. „This was Florian“, - „Das war Florian“ war man sich sofort sicher und jemand sah zum Himmel: „Thank you, Florian!“

***
Sylvia (eine Mitarbeiterin in Camphill) hatte ihr Fenster im Nachbarhaus, Florians Fenster gegenüber und häufig hatten beide abends dort gesessen, schweigend in den Himmel schauend.
Nun saß Sylvia eines abends wieder dort, traurig, bedrückt.
Mit einem Male begann der große Baum, der zwischen den Häusern steht, zu Raunen, sich zu bewegen,obwohl kein Lufthauch ging. Sylvia war erstaunt, sah auf die sich bewegenden Zweige und – dachte an Florian. „Florian ist im Wind“ – und dies war ein Zeichen für sie - und sie fühlte sich getröstet!

***
Und dieses Erinnern gab uns Zuversicht und Hoffnung, dass sich der Abend gut gestalten würde und wir uns um das Wetter nicht zu sorgen brauchten.
Als die ersten Gäste eintrafen, kam die Sonne hervor und bescherte uns später einen wunderschönen Sonnenuntergang über dem Fluß. Der Wind legte sich zunehmend - und niemand machte Anstalten vom Garten in das Haus zu gehen. Florian hatte uns seinen Gruß geschickt - und zog sich nun, bescheiden wie er auch zu Lebzeiten war, wieder zurück!
Ich dankte Florian in meinem Herzen und trug ihn bei mir!

Zeuge eines Zeichens




Was mag es sein, dass es die Sonne scheinen erlaubt
wenn man ein schweres Buch in den Händen hält
dessen wahres Gewicht sich nur erahnen läßt?

Was mag es sein, dass es das Entziffern erschwert
wenn man die Seiten vorsichtig aufblättert
und den Herbst unter seinen Fingern spürt?

Was mag es sein, dass Buchstaben sich still auflesen
wenn man die Augen darüber federnd geruht
und das Aroma von kalter Erde kostet?

Was mag es sein, dass Tränen sich ausweinen
wenn man in Erinnerungen tauchend versinkt
und das stille Schweigen vieler Worte begreift?

Was mag es sein, dass Gefühle sich türmen
wenn man sich sanft fremder Sterne annimmt
und Seite für Seite Berührung im Schatten erfährt?

Was mag es sein, dass sich lautlos die Nacht nähert
wenn man tief beginnt die Botschaft zu verwurzeln
und der keimenden Hoffnung nicht beraubt fühlt?

Was mag es sein, dass sich Wehmut verbreitet
wenn man leise am Ende der Reise das Buch schließt
und erfasst, dass der Anfang erst begonnen hat?

Dann war man Zeuge eines Zeichen, Namens Florian!

© Silke Oktober 2004

Dieser Brief fiel mir heute in die Hand - auf der Suche nach einem Text, der zu meiner momentanen inneren Verfassung paßt... ich möchte ihm hier eine neue Heimat geben!

Freitag, 29. Mai 2009



Ich habe Tote, und ich ließ sie hin
und war erstaunt, sie so getrost zu sehen,
so rasch zuhaus im Totsein, so gerecht,
so anders als ihr Ruf.
Nur du, du kehrst zurück
du streifst mich, du gehst um, du willst
an etwas stoßen, dass es klingt von dir
und dich verrät.

Rainer Maria Rilke

Bild: John Connery, irischer Maler

Donnerstag, 28. Mai 2009

Vergangene Tage


Vergangene Tage

Oft in der stillen Nacht,
Eh des Schlummers Band mich umsponnen,
Gern denk' ich an Licht und Pracht
Von Tagen, die längst verronnen;
An Lachen und Leid
In der Kinderzeit,
An Worte, die Liebe gesprochen;
Glutaugen, die blind und erloschen sind,
Und Herzen, die nun gebrochen. -
So in der stillen Nacht,
Eh des Schlummers Band mich umsponnen,
In Trauer denk' ich der Pracht
Von Tagen die längst verronnen.
Und schwingt dann die Kette sich
Der Freunde in meine Gedanken,
Die nach und nach um mich
Wie Blätter im Herbstwind sanken
Dann dünk' ich mich fast
Ein einsamer Gast
Im Festsaal nach dem Feste;
Die Lichter sind fort,
Die Kränze verdorrt,
Verschwunden die anderen Gäste.
So in der stillen Nacht,
Eh des Schlummers Band mich umsponnen,
In Trauer denk' ich der Pracht
Von Tagen, die längst verronnen.

Thomas Moore

Foto: John Behan, irischer Künstler

Mittwoch, 27. Mai 2009

Echo der Seele


Das Universum lädt uns förmlich von Natur aus dazu ein, uns auf die Reise zu begeben und es zu entdecken. Die Erde will, dass unser Geist aufmerksam zuhört und wachsam um sich blickt, damit wir ihre Geheimnisse erkennen und sie benennen können. Wir sind die Echo-Spiegel der kontemplativen Natur. Es ist eine unserer heiligsten Pflichten, offen zu sein für die feinen Stimmen des Universums, die in unserer Sehnsucht zum Leben erweckt werden. Aristoteles sagte, der Grund dafür, dass wir überhaupt etwas erkennen können, sei die -- innige und exakte -- formale Affinität, die zwischen uns und der Natur besteht.

.....Wir seien im Universum, um in der schönen Ewigkeit unserer Seele zu wohnen und wirklich zu werden.

....Es ist eine verlassene Erkenntnis, dass einzig das Leiden uns bestimmte Dinge lehren kann. Leiden.... hat teil am Wesen des Unendlichen.....Das Licht, das der Schmerz hinterlässt, ist ein kostbares Licht.

Aus "Echo der Seele" John O'Donohue

Dienstag, 26. Mai 2009

Denn die Liebe ist es...


Denn die Liebe ist es, die den Weg vom Zeitlichen zum Ewigen und vom Ewigen zum Zeitlichen zu weisen nicht aufhört und nach keiner festen Gestalt dieses Ewigen fragt, an keine sich bindet, weil diesen Weg, diese Verbindung zu schaffen das Wesen der Liebe selbst ist.
[Margarete Susman (1872-1966)]

Bild: Gabriele Münter

Dank



Dank, das ist die Liebe
In der Erinnerung
Die im Gedächtnis
Zur Tat wird
Und Dankbarkeit
Ist das Gedächtnis
Des Herzens

Montag, 25. Mai 2009

True Love


Inschrift

Sag in was
schneide ich
deinen Namen?
In den Himmel?
Der ist zu hoch
In die Wolken?
Die sind zu flüchtig
In den Baum
der gefällt und verbrannt wird?
Ins Wasser
das alles fortschwemmt?
In die Erde
die man zertritt
und in der nur
die Toten liegen?
Sag
in was
schneide ich
deinen Namen?
In mich
und in mich
und immer tiefer
in mich.

Erich Fried

Foto: Blumengruß an meinen geliebten Mann - "True Love"..
http://www.youtube.com/watch?v=m4awCZr7GwY
Liebe Anna Maria, wenn auch etwas kitschig - so doch schön - und passend. Vielen Dank!

Sonntag, 24. Mai 2009

Denn es fehlt einer


... denn es fehlt einer

Wir wären eigentlich drei
Und sind doch nur zwei
Denn es fehlt einer
Und dennoch fehlt keiner
Denn einer ist immer dabei!


Wir wären eigentlich drei
Drei Freunde, die durchs Leben gingen
Drei, die gemeinsam Lieder singen
Drei Kameraden, die zusammen lachten
Drei waren’s die oft Späße machten
Aber wir sind nur zwei
Denn es fehlt einer
Und dennoch fehlt keiner
Denn einer ist immer dabei.

Dabei, wo zwei gehen und singen
Dabei, wo zwei lachen und Späße machen.
In Wirklichkeit kann uns niemand trennen:
Auch wenn es so aussieht, als wär’n wir nur zwei..
Denn – einer ist immer dabei.

(Jutta Klinkhammer-Hubo)

Morgen hat Hans-Jürgen Geburtstag - ein runder, ein wichtiger Tag. Es werden alle gratulieren - und einer wird fehlen... wie jedes Jahr!

Foto: Florian auf einem Spaziergang in The Vee

Samstag, 23. Mai 2009

Das größte Geheimnis


Das größte Geheimnis
ist das Leben.
Das tiefste Geheimnis
ist die Ewigkeit.
Das schönste Geheimnis
ist die Liebe.
Geheimnis,
dem selbst
der Tod
machtlos
gegenübersteht.

Irmgard Erath

Bild: Joaquim Sorolla

Freitag, 22. Mai 2009

Flügelbote



Scheu wie ein Engel
der unserer Sehnsucht
lautlos entschwebt.
Achtsam wie eine
himmlische Seele
die sich jeder
irdischen Berührung
stumm entzieht.
Dein göttliches Wesen
für einen Flügelschlag nur
hautnah zu erfassen
beschenkt jeden
geatmeten Augenblick.
Dich für eine Ewigkeit
dem Licht des
Irgendwo zu überlassen
lässt uns sehnsuchend
hier zurück.


©Ute Leser

Danke, liebe Ute für zwei "Wortgeschenke" an einem Tag!

Zwischen Realismus + Traum



ZWISCHEN REALISMUS
UND TRAUM

Der Realismus
macht uns manchmal
stumm.
Weil er uns
kaum Platz
zum Träumen lässt.
Warum
sollen wir nicht
Wirklichkeit
und Traum
als Lebensziel
verbinden?
Nur
auf dieser Ebene
können wir
wahre Bilder
unserer Sehnsucht
finden.

© Ute Leser

Foto: Pisa - Ausschnitt aus dem Fresko "Il trionfo della morte"

Donnerstag, 21. Mai 2009

Der schwarze Stein



Seit gestern werde ich dich lieben
Seit dem ersten Tag der Welt
Morgen habe ich dich so sehr geliebt
Daß mir heute noch der Atem fehlt
Dort gehalten, liebe ich dich anderswo
In Orten, von denen ich nichts weiß
Im Universum, das erst erschaffen werden muß
Und im Überall des Nirgendwo
Ohne deinen Namen zu kennen, liebte ich dich
Deine Nacht leuchtete in meinem Tag
Wie ein unendlich großer schwarzer Stein
Und gerade dann wurde ich geboren

Per-Jakez Helias (1914-1995)

Foto: Eingang der Kirche in Tremosine

Hoffnung


Aber ich sag dir,
damit du nicht
fortgehst,
es lohnt sich
zu warten,
denn wir werden
mit den Bäumen
zurückwachsen
in die Wurzeln,
mit den Strömen
umkehren
zum Berg,
mit den Steinen
weich werden
im Feuer
und endlich
erzählen können,
was wir sein wollten.

Peter Härtling

Foto: B+B in Pisa. "Fiori" begegnete uns natürlich immer wieder - und rührte mich immer an: wir nannten Florian "Flori"...

Mittwoch, 20. Mai 2009

Weil deine Augen so voll Trauer sind



Weil Deine Augen so voll Trauer sind,
und Deine Stirn so schwer ist von Gedanken,
lass mich Dich trösten, so wie man ein Kind
in Schlaf einsingt, wenn letzte Sterne sanken.

Die Sonne ruf ich an, das Meer, den Wind,
Dir ihren hellsten Sonnentag zu schenken,
den schönsten Traum auf Dich herabzusenken,
weil Deine Nächte so voll Wolken sind.

Und wenn Dein Mund ein neues Lied beginnt,
dann will ich Meer und Wind und Sonne danken,
weil Deine Augen so voll Trauer sind,
und Deine Stirn so schwer ist von Gedanken.

Mascha Kaléko

Für Evelyn

Dienstag, 19. Mai 2009

Das Meer



Das Meer ist nicht wie die Erde vom Himmel geschieden,
immer bleibt es im Einklang mit seinen Farben,
es schmückt sich mit seinen zartesten Nuancen.
Unter der Sonne strahlt es....

Marcel Proust

Foto: Marina di Pisa

Geh nicht fort von uns


Geh’nicht fort von uns.
Nur eine Mittagssonne lang hast du
in unserer Dämmerung verweilt und
deine Jugend hat uns Träume
geschenkt…..

Lass es noch nicht zu, dass unsere
Augen nach deinem Anblick hungern.
Lass’ nicht zu, dass die Wellen des
Meeres uns auseinander reißen und
die Jahre, die du in unserer Mitte
verbracht hast zur Erinnerung
werden….

Sprachlos war unsere Liebe und
hinter Schleiern verborgen. Doch jetzt
ruft sie laut aus nach dir und steht dir
unverhüllt gegenüber. So war es schon immer,
dass die Liebe ihre eigene Tiefe
nicht kennt bis zur Stunde des
Abschieds


Khalil Gibran

Foto: Montecatini Terme (Toskana) Wandbild (Ausschnitt)

Montag, 18. Mai 2009

Zurück aus Italien



Liebe Freunde,
ja, sie haben gebrannt, die Kerzen der Erinnerung und des Gedenkens in vielen Kirchen, die an unseren Wegen lagen.
Dies ist die eine Seite.
Die andere Seite ist eine tief empfundene Freude über das Erlebte und Gesehene.
Dass das Gedenken und die Freude am Leben nicht als Widerspruch erlebt werden, das ist wohl das Geschenk, das die ZEIT uns macht. Nicht Heilung, aber die Möglichkeit, beides zu erleben - neben einander - fast gleichwertig, nicht ausgrenzend die Freude gegen das Leid.
Es ist ein verändertes Erleben, vielleicht intensiver und eindrücklicher als es in jenem anderen Leben war. Niemals hätte ich in den ersten Trauerjahren geglaubt, so viel Neugierde je wieder empfinden zu können, so viel Lebensenergie zu besitzen.
Ich bin von Herzen dankbar!

Von der Freude und dem Leid




Eure Freude ist euer Leid ohne Maske.
Und derselbe Brunnen, aus dem euer Lachen aufsteigt,
war oft von euren Tränen erfüllt.
Und wie könnte es anders sein?
je tiefer sich das Leid in euer Sein eingräbt,
desto mehr Freude könnt ihr erfassen.
Ist nicht der Becher, der euren Wein enthält,
dasselbe Gefäß, das im Ofen des Töpfers gebrannt wurde?
Und ist nicht die Laute, die euren Geist besänftigt,
dasselbe Holz, das mit Messern ausgehöhlt wurde?
Wenn ihr fröhlich seid, schaut tief in eure Herzen,
und ihr werdet finden, dass nur das,
was euch Leid bereitet hat, euch auch Freude gibt.
Wenn ihr traurig seid, schaut wieder in eure Herzen,
und ihr werdet sehen, dass die Wahrheit um das weint,
was euch Vergnügen bereitet hat.
Einige von euch sagen: "Freude ist größer als Leid".
Und andere sagen: "Nein, Leid ist größer".
Aber ich sage euch, sie sind untrennbar.
Sie kommen zusammen, und wenn einer alleine mit euch am Tisch sitzt,
denkt daran, dass der andere auf eurem Bett schläft.
Wahrhaftig, wie die Schalen einer Waage
hängt ihr zwischen eurem Leid und eurer Freude.
Nur wenn ihr leer seid, steht ihr still und im Gleichgewicht.
Wenn der Schatzhalter euch hochhebt, um sein Gold und sein Silber zu wiegen,
muss entweder eure Freude oder euer Leid steigen oder fallen.

Khalil Gibran

Freitag, 1. Mai 2009

Bis bald.....



Und die Tränen von Gestern
Wird die Sonne trocknen
Und die Spur der Verzweiflung wird der Wind verwehen
Und die durstigen Lippen wird der Regen trösten
Und die längst verlorenen Geglaubten werden von den Toten auferstehen

(aus einem Lied der Toten Hosen)...

Nun wartet Italien auf uns und ich freue mich! Am 16. Mai bin ich zurück.
Aus tiefstem Herzen wünsche ich Euch bis dahin Stille und Lebendigkeit, Ziele zum Aufbrechen und Orte, an denen Ihr anlanden könnt, und immer wieder gute Menschen, die gern mit Euch unterwegs sind, deren Gesellschaft Euch gut tut.

Gabriele