Samstag, 30. Juni 2012

Forever Young



Florians letzter Erdentag - heute vor 12 Jahren. Der nächste Tag unser Schicksalstag. Aber noch halte ich mich fest daran, dass er heute noch lebte... und dann kommt morgen. 



You will stay forever young - my son, my sun, my beautiful son!

Paint the sky with stars


Mein Sterbelied

Bin welk und mürbe -
Mir ist, als ob ich stürbe –
Ja, gestorben bin.

Entblättert ist mein Sinn –
Das Licht meiner Augen trübe.

Der Himmel meiner Liebe
Sank in die Grube,
In mein steiles Kinn.

Es blühen in meiner Stube
Deine Lieblingsblumen zwischen Immergrün
Und meinem Rosmarin.

Doch alle beglückenden Farben
Seit meines Lebens Anbeginn
Aus meinem Leben entfliehn,

Die mich ganz bunt umwarben –
Starben...

Um mit dem Wolkenbild
In die Himmlichkeit zu ziehn.

Else Lasker-Schüler

Freitag, 29. Juni 2012

Immer dort wo Kinder sterben....

Immer
dort wo Kinder sterben
werden die leisesten Dinge heimatlos.
Der Schmerzensmantel der Abendröte
darin die dunkle Seele der Amsel
die Nacht heranklagt -
kleine Winde über zitternde Gräser hinwehend
die Trümmer des Lichtes verlöschend
und Sterben säend -

Immer
dort wo Kinder sterben
verbrennen die Feuergesichter
der Nacht, einsam in ihrem Geheimnis -
Und wer weiß von den Wegweisern
die der Tod ausschickt:
Geruch des Lebensbaumes,
Hahnenschrei der den Tag verkürzt
Zauberuhr vom Grauen des Herbstes
in die Kinderstuben hinein verwunschen -
Spülen der Wasser an die Ufer des Dunkels
rauschender, ziehender Schlaf der Zeit -

Immer
dort wo Kinder sterben
verhängen sich die Spiegel der Puppenhäuser
mit einem Hauch,
sehen nicht mehr den Tanz der Fingerliliputaner
in Kinderblutatlas gekleidet;
Tanz der stille steht
wie eine im Fernglas
mondentrückte Welt.

Immer
dort wo Kinder sterben
werden Stein und Stern
und so viele Träume heimatlos.

Nelly Sachs

Donnerstag, 28. Juni 2012

Last Foto


28. Juni 2000
das letzte Foto von Florian 
aufgenommen nach der Rückkehr aus Berlin



Leb ich um einst dir was aufs Grab zu schreiben
Lebst du, bis ich im Grab lieg wurmzerfressen?
Tod kann dein Bild nicht aus der Welt vertreiben
Bin ich auch längst und Stück für Stück vergessen
In meinen Versen wirst du nie verblassen
Ich, sterb ich, bin gestorben für die Welt
Mich wird man in die Grube fahren lassen
Doch du lebst weiter auch wenn Tod dich fällt
Dein Denkmal sollen künftige Augen lesen
In zarten Versen, die mein Geist ersinnt
Und spätere Zungen sagen noch dein Wesen
Wenn sie, die heute atmen, Tote sind.
So lebst du fort, Kraft meiner Feder Kunde
Bleibst wie ein Atemzug in aller Munde


Shakespeare Sonette

Mittwoch, 27. Juni 2012

Florians neue Gedenkseite ist online!


Liebe Blog-LeserInnen,


die Seite www.trauer-um-florian.de ist neu gestaltet worden und geht heute wieder online.
Es war ein lang gehegter Wunsch von mir, sie zu überarbeiten und nun "freut" Euch mit mir auf die neue (alte) Seite, denn sie hat nur ein neues Gewand. Die Inhalte sind geblieben!
(Wenn Ihr die Seite gespeichert hattet, müßt Ihr evtl. "aktualisieren", damit sie neu angezeigt wird)

Gabriele Gérard

The Lady Of Shalott


 
Mach dieses Bett geräumig
Bereite es mit großer Ehrfurcht
Warte darin
Auf den Anbruch des Jüngsten Tages
Strahlend und klar

Bereite das Lager eben
Mache das Kissen rund
Laß keines Sonnenaufgangs grellen Lärm
Je behelligen diese Stätte


Emily Dickenson
Selected Poems




Dienstag, 26. Juni 2012

Dante's Prayer


                  .... Und das ist nun meine Musik ...

Abschiedstage



26. Juni 2000 

"Wir brauchen uns gar nicht lange zu verabschieden, Mom, wir sehen uns doch so schnell wieder....." Das waren Florians Worte auf dem Flughafen, bevor er sich umdrehte und ich ihm nachsah. Ich wünschte mir in diesem Moment, er möge sich noch einmal umschauen – er ging aufrecht, mit Eimear an seiner Seite durch die Sperre.....
Dies war mein letzter Blick auf den lebenden Sohn.

         
          Alle, die fortgehen
          Durch die Glastür aufs Rollfeld
          Durch die Bahnhofssperre
          Die sich umdrehen winken
          Deren Blicke zu Boden sinken
          Deren Gestalten
          Langsam undeutlich werden
          Alle sind du.
          Du stehst bei mir
          Wendest dich ab gehst fort
          Wirst kleiner und kleiner 
          Seit wann
          Seit dein Tod mir am Hals hing
          Mir die Kehle zudrückte
          Stehst du immer wieder bei mir
          Wendest dich ab gehst fort
          Den Bahnsteig entlang
          Rollfeldüber
          Wirst kleiner und kleiner
          Stehst da
          Wendest dich ab.

          Marie Luise Kaschnitz


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26. Juni 2012
Im kleinen Gartenhaus, in dem Eimear und Florian ihre letzten glücklichen Sommertage verbracht haben,brennen die Kerzen, verbreiten die Blumen ihren Duft - ist Stille und Frieden eingezogen in unser Leben. Es sind die Tage des Rückzugs und des Gedenkens..   und sie führen - unweigerlich - zu dem Tag, der niemals hätte gesehen dürfen!



.... Und nichts ist jemals wieder so geworden wie es war!

VI.

Geh fort von mir. So werd ich fürderhin
in deinem Schatten stehn. Und niemals mehr
die Schwelle alles dessen, was ich bin,
allein betreten. Niemals wie vorher
verfügen meine Seele. Und die Hand
nicht so wie früher in Gelassenheit
aufheben in das Licht der Sonne, seit
die deine drinnen fehlt. Mag Land um Land
anwachsen zwischen uns, so muß doch dein
Herz in dem meinen bleiben, doppelt schlagend.
Und was ich tu und träume, schließt dich ein:
so sind die Trauben überall im Wein.
Und ruf ich Gott zu mir: Er kommt zu zwein
und sieht mein Auge zweier Tränen tragend.


VII.

Mir scheint, das Angesicht der Welt verging
in einem andern. Deiner Seele Schritt
war leise neben mir, o leis, und glitt
leis zwischen mich und das was niederhing
in meinen Tod. Auf einmal fing -
- da ich schon sinkend war - mich Liebe auf,
und ein ganz neuer Rhythmus stieg hinauf
mit mir ins Leben. Den ich einst empfing,
den Taufkelch voller Leid, ich trink ihn gern
und preis ihn, Süßer, süß, bist du nur nah.
Die Namen: Heimat, Himmel schwanden fern,
nur wo du bist, entsteht ein Ort. Und da:
dies Saitenspiel (die Engel wissen wie
geliebt) hat nur in dir noch Melodie.


Elisabeth Barret-Browning

aus Portugisische Gedichte



Montag, 25. Juni 2012

Sonntag, 24. Juni 2012

Waiting for the morning train


Waiting for the morning train
Night is dying, sun will come up soon
Come over here just for a moment
Have a last long look at the summer's last full moon

Waiting for the morning train
Warm wind's blowing, sky is red and blue
Hold your breath just for a moment
Have a last long look at the summer's last full moon

Waiting for the morning train
Rails are singing, train is coming soon
Hold my hand just for a moment
Have a last long look at the summer's last full moon

Element of Crime

Samstag, 23. Juni 2012

Eure Kinder


Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Es sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht
des Lebens nach sich selbst.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
und obwohl sie mit euch sind,
gehören sie euch doch nicht...
Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein,
aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.
Denn das Leben verläuft nicht rückwärts,
noch verweilt es beim Gestern.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder
als lebende Pfeile ausgeschickt werden.

Khalil Gibran

Bild: E.Potthast

Ich glaube....


Ich glaube,
dass wenn der Tod unsere Augen schließt,
wir in einem Lichte stehen,
von welchem unser Sonnenlicht
nur ein Schatten ist.          


Arthur Schopenhauer

Freitag, 22. Juni 2012

Der verschwundene Stern


Es stand ein Sternlein am Himmel,
Ein Sternlein guter Art;
Das thät so lieblich scheinen,
So lieblich und so zart.

Ich wußte seine Stelle
Am Himmel, wo es stand;
Trat Abends vor die Schwelle
Und suchte bis ichs fand.

Und blieb dann lange stehen,
Hat grosse Freud in mir;
Das Sternlein anzusehen,
Und dankte Gott dafür.

Das Sternlein ist verschwunden,
Ich suche hin und her;
Wo ich es sonst gefunden,
Und find es nun nicht mehr.

M. Claudius

Donnerstag, 21. Juni 2012

Siehst du den Vogel...




Siehst du den Vogel,
den Punkt am Horizont,
er geht einfach fort, der Schwere davon.
Flügel, die tragen ihn ohne Gefahr
Über Grenzen, wo wir noch nicht waren.

NN

Mittwoch, 20. Juni 2012

Sommerfäden



Still im Herbsteslicht der Sonnen
Stand der Blumen bunte Zier -
Sommerfäden, leicht gesponnen,
Woben sich von Dir zu mir.

Und wir Beide schritten sinnig,
Sprachen wenig - dachten viel -
Nur die Augen still und innig
Gaben Deutung diesem Spiel.

Jene Tage sind verstoben,
Jene Blumen sind versäet. ...
Sommerfäden, leicht gewoben,
Ach, wohin seid ihr verweht.

Heinrich Seidel

Die Welt sehen in einem Körnchen Sand



Die Welt sehn in einem Körnchen Sand
den Himmel in einem Blütenrund,
die Unendlichkeit halten in der Hand,
die Ewigkeit in einer Stund.


William Blake

Foto: A. Styf

Montag, 18. Juni 2012

Zitat aus "Schattenkind"



Die Welt der Lebenden ist eine Welt, in der nur ungenügend Acht gegen wird. Es ist klar, dass die Toten hier nichts mehr zu melden haben. Niemand sieht mehr, was sie gesehen haben. Es gibt zu wenige Stellvertreter, jeder ist zu sehr davon in Anspruch genommen, selbst zu leben, als dass er für einen anderen, für zwei sehen könnte.

aus „Schattenkind“ Thomése


Sonntag, 17. Juni 2012

Wir drei


Unsere Seelen hingen an den Morgenträumen
Wie die Herzkirschen,
Wie lachendes Blut an den Bäumen.
Kinder waren unsere Seelen,
Als sie mit den Leben spielten,
Wie die Märchen sich erzählen.
Und von weißen Azaleen
Sangen die Spätsommerhimmel
Über uns im Südwindwehen.
Und ein Kuß und ein Glauben
Waren unsere Seelen eins,
Wie drei Tauben.

Else Lasker-Schüler


Samstag, 16. Juni 2012


Wenn dir jemand erzählt, dass die Seele mit dem Körper zusammen vergeht und dass das, was einmal tot ist, niemals wiederkommt, so sage ihm:
Die Blume geht zugrunde, aber der Samen bleibt zurück und liegt vor uns, geheimnisvoll, wie die Ewigkeit des Lebens.

Khalil Gibran


Foto: Alexa Schecker

Freitag, 15. Juni 2012

Im Gedenken an Lucas




Mein Herz weiß längst, wo es Dich suchen soll,
es weiß geborgen Dich im lichten Land.
Mein Aug’ nur, unbelehrbar, sehnsuchtsvoll,
sieht immer noch Dein irdisches Gewand,
geliebtes Bild im leer gewordenen Raum.
Doch Nächte kommen, wo Du nah mir bist,
und manchmal hebst Du mich zu Dir im Traum
und sagst mir, dass mein Schmerz der Schleier ist,
der Dich verhüllt.

Und ich gelobe Dir, was mir am anderen Tag
so schwer erscheint:
In Glanz und Glück zu gehen, Du dort, ich hier.
In Gottes großem Licht sind wir vereint.

Hella Zahrada 

Liebe Birgit, diesen Text, den Du selbst für Deinen Luu heute zum 3. Jahresamt ausgewählt hast, möchte ich ihm auch hier bei Florian widmen. 
Meine Gedanken begleiten Dich und alle, die sich heute zusammenfinden, um Luu zu gedenken und ein Zeichen des Nichtvergessens setzen.

Donnerstag, 14. Juni 2012

Für Christiane


Meine Liebe, wenn ich sterbe und du nicht stirbst,
meine Liebe, wenn du stirbst und ich nicht sterbe,
lass uns dem Schmerz nicht noch mehr Raum geben,
es gibt keine größere Weite als die, die wir leben.

Staub auf dem Weizen, und Sand in der Wüste,
das umherirrende Wasser, die Zeit, der vagabundierende Wind,
rissen uns fort wie segelndes Korn.
Wir hätten uns nicht treffen können in jener Zeit.

Diese Wiese auf der wir uns trafen,
du kleine Unendlichkeit! Geben wir zurück.
Aber diese Liebe, Liebe ist nicht zu Ende,

und so wie sie nie geboren wurde,
wird sie auch nicht sterben, sie ist wie ein langer Fluss,
sie geht nur von Land zu Land, von Lippe zu Lippe


Pablo Neruda
Hundert Liebessonette

Für meinen Bruder Michael und Christiane in den Wochen/Tagen des Abschied. Dir, liebe Christiane, mein tiefster Dank, Dich (wenn auch aus der Ferne) begleiten zu dürfen. Du beschenkst uns so viel Weisheit!

Ich sammle
meine Verluste
in einer Schale
sie blühen schwarz
wie Mohnduft

Rose Ausländer

Maeve


http://www.deredactie.be/cm/vrtnieuws/mediatheek/programmas/koppen/2.22184/1.1329237

Ein äußerst berührender Beitrag aus Holland über eine australisch-irsche Familie, die ihre Tochter Maeve in einem tragischen Verkehrsunfall verlor und ihr ein ganz besonderes Gedenken bereitet hat.

Bild:  Duy Huynh

Mittwoch, 13. Juni 2012

FLORIAN




lass uns
ein Bäumchen pflanzen
du und ich
auf Hoffnung hin
lass uns vertrauen
du und ich
auf die Kraft des Himmels
lass uns nicht müde werden
du und ich
solange Tag ist


Danke, lieber Christoph, für diesen Text
http://www.gedanken-gedichte-liebe.de
http://www.wortgetreu.de

Fotos:  Florians Baum gepflanzt am 1. Juli 2001 und heute, 11 Jahre später ein stattlicher Baum!

Dienstag, 12. Juni 2012

Wie du in mir noch lebst


Wie du in mir noch lebst,
bin ich mit dir gestorben.
Wie sich ein Teil von dir
noch regt in meinem Tun,
so will ein Stück von mir
in deinem Frieden ruhn.
Wie du noch Heimat hast
durch mich in dieser Welt,
so wird im andren Land
durch dich mein Haus bestellt.
 
Lily Sauters

Als du gingst


Als du gingst
blieb ich zurück
wie die Schatten des Sommerhimmels.
Die goldenen Seen spiegeln mein Bild nicht mehr.

Die unendliche Welt
ist nur noch der Saum des Gewandes
das trauernd von meinen Schultern fällt.

Paula Ludwig

Seelenblume


Seelenblume

Als hätten ganze
Engelsscharen
Dein federweißes
Sterbekleid
Zu einem wunderbaren
Festgewand
Aus Sternensaat
Verwoben
Fliegt jeder deiner
Zarten Seelenfäden
Unsterblich
Und lichtgetragen
Nach oben.

 Ute Leser