Samstag, 21. August 2010

Grateful



http://www.youtube.com/watch?v=lZBhm2KBMxA


Von Matthias Heine


Sein Abschied vom Leben dauerte lange, und er fand vor aller Augen statt. Zwar ging auch Christoph Schlingensief nicht so weit, bei seiner Krebsoperation, in der ihm Anfang 2008 ein Lungenflügel entfernt wurde, Kameras zuzulassen, und auch bei seinem Tod gestern war nur seine Frau anwesend. Doch dazwischen hat dieser radikal persönliche Künstler fast zweieinhalb Jahre viele Details seiner Krankheit öffentlich gemacht. So benutzte er verzweifelt klingende Tonbandaufnahmen direkt vom Krankenbett in seinen Inszenierungen. Und er schrieb das Bekenntnisbuch „So schön wie hier kann's im Himmel gar nicht sein“, das zum Bestseller wurde.

Ausgerechnet die schönste und berührendste Abschiedsszene fand aber ironischerweise fast im Geheimen statt: Im Dezember 2008 diskutierte Schlingensief im Münchener Haus der Kunst vor ein paar Hundert Leuten mit Patti Smith über Gott. Nur wenige Medien berichteten darüber. Zum Schluss der Veranstaltung, in der der von der Krankheit Gezeichnete über seinen „Fight“ mit Jesus berichtet hatte, sang die ziemlich berührte Grand Old Lady des Punk für ihren Gesprächspartner das Lied „Grateful“, in dem es heißt: „Stirb, kleiner Spatz, und erwache singend!“ Es war atemberaubend kitschig, und es war großartig.


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